I.
Sprachförderung im Elementarbereich
Integration
gelingt vor allem über Sprache, Bildung und Ausbildung. Gute deutsche
Sprach-kenntnisse sind die Basis für Bildungserfolge und ein eigenständiges
Leben. Für den gleichberechtigten Zugang von Menschen mit Migrationshintergrund
zu Bildung, Ausbildung, Arbeit, Wirtschaft und Gesellschaft sind sie
Voraussetzung. Deutschförderung ist daher eine wichtige Säule einer
aktivierenden Integrationspolitik.
In
Bezug auf Kinder mit Migrationshintergrund, die zunächst mit einer anderen
Sprache aufwachsen, hat die Förderung der deutschen Sprache im Bereich der
frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE) seit Jahren einen
herausgehobenen Stellenwert. Darin liegt u.a. die Dynamik im qualitativen und
quantitativen Ausbau der Kindertagesbetreuung begründet. Kinder sollen so früh
wie möglich sprachlich gefördert werden, um die soziale Integration zu
verbessern, Teilhabe und Chancengleichheit im Bildungsgeschehen zu ermöglichen
und auf schulisches Lernen vorzubereiten. Im System der FBBE bilden
Sprachstandfeststellung und Beobachtungsverfahren zur Sprachentwicklung sowie
die daran anschließende sprachliche Bildung einen Schwerpunkt, um das Ziel der
sprachlichen Anschlussfähigkeit an die Anforderungen der Schule zu erreichen.
Kinder mit Migrationshintergrund
(mindestens ein Elternteil ausländischer Herkunft) in Kindertageseinrichtungen,
die im Elternhaus vorwiegend nicht deutsch sprechen, in den Jahren 2006 und
2015 (Anzahl in Prozent).
Kinder unter 3 Jahren |
Kinder von 3 bis unter 6 Jahren |
|
|||||
Insgesamt |
Davon sprechen vorwiegend nicht deutsch
im Elternhaus |
Insgesamt |
Davon sprechen vorwiegend nicht deutsch im Elternhaus |
|
|||
|
Insgesamt |
Prozent |
|
Insgesamt |
Prozent |
||
2006 |
31.427 |
17.525 |
55,8 |
539.141 |
337.295 |
62,6 |
|
2015 |
108.600 |
58.654 |
54,0 |
623.217 |
381.846 |
61,3 |
|
Quelle:
Statistisches Bundesamt
Die
Zahl der Kinder unter sechs Jahren in Tageseinrichtungen, die einen
Migrationshintergrund aufweisen und in der Familie vorrangig nicht deutsch
sprechen, nahm in den letzten Jahren stetig zu. Die Zahl der Kinder unter 3 Jahren
hat sich mehr als verdreifacht.
Für
die in den Kindertageseinrichtungen eingesetzten pädagogischen Fachkräfte wird
die Aufgabe der Sprachförderung noch erschwert, wenn der Erwerb der deutschen
Sprache über die alltägliche Kommunikation der Kinder untereinander vielfach
entfällt und von den Fachkräften kompensiert werden muss. Hinzu kommen noch all
jene deutschsprachig aufgewachsenen Kinder, die ebenfalls Sprachförderbedarf
haben.
Bereits
2004 haben sich die Länder mit dem „Gemeinsamen Rahmen der Länder für die frühe
Bildung in Kindertagesstätten“ verpflichtet, die Sprachförderung als festen
Bestandteil in den Bildungskonzepten zu verankern. So hat sich über die Jahre
ein breites, aber uneinheitliches Spektrum an Verfahren zur
Sprachstandfeststellung und Fördermaßnahmen entwickelt. Durch die in den
letzten Jahren gestiegene Zahl der nicht deutsch sprechenden Kinder sind jedoch
die Anforderungen an das Fachpersonal in den Einrichtungen massiv gestiegen,
insgesamt fehlt es zudem an qualifizierten Fachkräften.
I a.
Sprachförderung im Elementarbereich in Meerbusch
Von
den in Leistungsbezug nach dem AsylbLG stehenden Asylbewerbern sind derzeit 59
unter 6 Jahre; davon sind 28 Personen im Alter von 3-5 Jahren.
0-2 Jahre |
3-5 Jahre |
|
Bösinghoven |
2 |
0 |
Büderich |
13 |
6 |
Lank |
5 |
4 |
Nierst |
0 |
0 |
Osterath |
11 |
18 |
Strümp |
0 |
0 |
Gesamt |
31 |
28 |
Die
vor Ort tätigen sozialpädagogischen Fachkräfte bemühen sich bereits kurz nach
einer Zuweisung nach Meerbusch die Kinder in einer entsprechenden Kindertageseinrichtung
unterzubringen. Dies ist jedoch abhängig von den zur Verfügung stehenden freien
Plätzen. Ab Sommer werden bereits 15 der 3 bis 5-jährigen Kinder einen Platz in
einer Einrichtung gefunden haben.
Die
überwiegende Anzahl der Kinder unter 6 Jahren (29) wohnt im Übergangswohnheim
in Osterath an der Fröbelstraße. Für diese Kinder wird vom Verein „Meerbusch
hilft“ ein spezielles Betreuungsangebot vorgehalten. Eine Erzieherin in
Teilzeit und zwei 450 €-Kräfte führen dieses Betreuungsangebot durch.
Finanziert wird das Projekt in 2017 (für den Zeitraum 07.03.-31.12.2017) als
niederschwelliges Betreuungsangebot mit 36.000 € durch den Landschaftsverband
Rheinland im Rahmen des Programms „Brückenprojekte“, seitens der Stadt werden
hierfür die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt.
II.
Schulische Sprachförderung
Für
alle Kinder und Jugendliche sind ihre sprachlichen Kompetenzen eine wesentliche
Voraussetzung für den Bildungserfolg. Insbesondere Kinder und Jugendliche aus
zugewanderten Familien sind oft aufgrund unzureichender Kenntnisse der
deutschen Sprache in der Schule benachteiligt. Gerade die Sprachförderung in
Deutsch stellt daher in Fortsetzung der Angebote im Elementarbereich einen
Schwerpunkt im schulischen Kontext dar. Obwohl bundesweit deutlich intensivere
Anstrengungen im System der sprachlichen Förderung im Elementarbereich
unternommen wurden, kommen immer noch viele Kinder mit zu geringen deutschen
Sprachkompetenzen in die Grundschulen. In 2016 wurden bei 22% aller Kinder vor
der Einschulung ein Sprachförderbedarf festgestellt. Die mangelnden
sprachlichen Kompetenzen führen bei nahezu jedem zehnten Kind zu einer
verspäteten Einschulung. Derzeit gibt es jedoch bundesweit kein einheitliches
Instrument zur sprachlichen Förderung von Grundschulkindern, so führt die
vorhandene Vielfalt der Instrumente in den einzelnen Ländern zum Fehlen
gemeinsamer Qualitätsstandards.
II a.
Schulische Sprachförderung in Meerbusch
Zugewiesene
Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter werden in den Primar- bzw.
Sekundarbereich der Schulen in Meerbusch integriert. Im Grundschulbereich
werden Kinder in Regelklassen untergebracht, da es keine speziellen
Seiteneinsteigerklassen gibt.
Die
Realschule in Meerbusch und das städtische Meerbusch Gymnasium verfügen über
Seiteneinsteigerklassen. Ziel ist es aber auch hier, dass die Schüler nach
einem möglichst kurzen Zeitraum in die Regelklassen integriert werden.
Derzeit
besuchen 38 Flüchtlingskinder die Grundschulen in Meerbusch und 29 Kinder die
Realschule bzw. das Meerbusch Gymnasium.
Seit
kurzer Zeit hat der OBV Meerbusch e.V. als Träger aller offenen
Ganztagsangebote an Grundschulen die Stelle einer Flüchtlingsbeauftragten
eingerichtet und mit Frau Fida
Soubaiti-El-Ali besetzt. Sie unterstützt die Flüchtlingskinder in den
Grundschulen und in der Realschule. Sie vermittelt zwischen Schule, Eltern und
Kindern; sie dolmetscht und berät die Flüchtlingsfamilien.
III.
Sprachförderung im Erwachsenenbereich
Bereits
2015 hat die Bundesregierung die bereitgestellten Mittel für die
Sprachförderung erheblich erhöht und mit dem
Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz die Integrationskurse für Asylbewerber mit
guter Bleibeperspektive geöffnet. Gleichzeitig wurde im Aufenthaltsgesetz die
Grundlage für eine bundesfinanzierte berufsbezogene Deutschsprachförderung
geschaffen. Das so geschaffene „Gesamtprogramm Sprache" umfasst neben dem
Erlernen der Alltagssprache auch die Förderung der berufsbezogenen Sprache.
Kernstück
des staatlichen Bildungsangebotes zur Integration ist der Integrationskurs. Im
Jahr 2015 haben rd. 180.000 Kursteilnehmer an einem Integrationskurs
teilgenommen, im Jahr 2016 waren es rd. 300.000.
Ziel
des Integrationskurses ist es, die Integration und gesellschaftliche Teilhabe
von Zuwanderinnen und Zuwanderern zu fördern. Dies wird erreicht durch einen
Sprachkurs mit 600 Unterrichtseinheiten(UE) und dem Orientierungskurs mit 100
UE. Im Sprachkurs erlernen die Teilnehmenden die deutsche Sprache bis zum
Niveau B 1, dies bedeutet, sie können sich im Alltag zurechtfinden und selbst
verständigen. Im Orientierungskurs erhalten die Teilnehmenden Kenntnisse zur
Rechtsordnung, Geschichte und Kultur Deutschlands. Außerdem erfahren die
Teilnehmer im Orientierungskurs, welche Werte in Deutschland besonders wichtig
sind. Für Personen mit besonderen Bedürfnissen gibt es spezielle
Integrationskurse mit bis zu 1.000 UE, wie z.B. Jugendintegrationskurse,
Eltern- und Frauenintegrationskurse, Alphabetisierungskurse u.a.
Neben
der Teilnahmeberechtigung mit freiwilliger Teilnahmemöglichkeit, kann der
Ausländer durch die Ausländerbehörde, dem Träger der SGB II-Leistungen oder dem
Träger der SGB XII-Leistungen zur Teilnahme an einem Integrationskurs
verpflichtet werden. Ab dem 01.01.2017 können auch Asylbewerber/-innen mit
einer guten Bleibeperspektive, Geduldete mit einer Aufenthaltserlaubnis nach §
60 a Abs. 2 Satz 3 sowie Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5
AufenthG durch die Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz
zu einem Integrationskurs verpflichtet werden.
Der
Sprachkurs schließt mit dem „Deutsch-Test für Zuwanderer“ (DTZ) ab, der
Orientierungskurs mit dem Test „Leben in Deutschland“ (LiD). Teilnehmende, die
beide Tests erfolgreich bestanden haben, erhalten das „Zertifikat
Integrationskurs“. Wer den Sprachtest trotz ordnungsgemäßer Kursteilnahme nicht
besteht, kann maximal 300 Unterrichtsstunden des Sprachkurses wiederholen und
erneut am Abschlusstest teilnehmen.
Hauptanbieter
der Integrationskurse sind mit über 30% die Volkshochschulen, gefolgt von den
Sprach-/ Fachschulen (rd. 19%) und der Bildungswerke/-stätten (rd. 10%). In
Nordrhein-Westfalen waren im Jahr 2016 insgesamt 361 Integrationskursträger
zugelassen.
Die
neuen Kursteilnehmer stammten bundesweit im Jahr 2015 zu 41,8% aus den
EU-Mitgliedsstaaten. Im Jahr 2016 sank dieser Anteil auf 22,6%. Personen mit
syrischer Herkunft stellten in 2016 die größte Teilnehmergruppe, gefolgt von
Irak und Eritrea.
Insbesondere
im Arbeitsleben mit der Tendenz zur Zunahme komplexer Tätigkeiten gewinnen
berufsbezogene Sprachkenntnisse zunehmend an Bedeutung. Die Integration auf dem
Arbeitsmarkt gestaltet sich ohne ausreichende Deutschkenntnisse ausgesprochen
schwierig. Am 01. Juli 2016 erweiterte der Bund das Angebot an berufsbezogener
Sprachförderung für Menschen mit Migrationshintergrund;
die berufsbezogene Deutschsprachförderung wurde zu einem Regelinstrument der
Sprachförderung des Bundes. Mit dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz wurde
die berufsbezogene Deutschförderung gesetzlich verankert (§ 45 AufenthG).
Sie wird vom BAMF
umgesetzt, baut unmittelbar auf den Integrationskursen auf und wird das Ende
2017 auslaufende ESF-BAMF-Programm (ESF=Europäische Sozialfonds) zur
berufsbezogenen Deutschsprachförderung zunächst ergänzen und später ablösen.
Die beiden gesetzlich verankerten Sprachprogramme des Bundes (Integrationskurs
und berufsbezogene Deutschförderung) wurden so konzipiert, dass die Angebote
aufeinander aufbauen. Die Grundstruktur der nationalen berufsbezogenen
Deutschsprachförderung stellen die sogenannten Basismodule dar. Es wird
unterschieden zwischen drei Basismodulen:
B1 auf B2
B2 auf C1
C1 auf C2
Jedes Basismodul umfasst 300 Unterrichtseinheiten. Sie
sind inhaltlich allgemeinsprachlich mit berufsbezogenen Unterrichtseinheiten
aufgebaut und richten sich an eine Gruppengröße von mindestens 15
Teilnehmenden. In ländlichen Regionen sind auch kleinere Gruppen denkbar.
Neben
den Basismodulen sind verschiedene Spezialmodule vorgesehen, die folgende
Schwerpunkte haben werden:
1.
Ein Schwerpunkt der Spezialmodule wird die berufsbezogene
Deutschsprachförderung für Personen, die sich im Anerkennungsverfahren
befinden, sein.
2.
Weitere Spezialmodule werden die verschiedenen Fachrichtungen abbilden, um so
gezielt fachspezifische Inhalte, beispielsweise im Pflege-, oder kaufmännischen
Bereich, zu vermitteln.
3.
Zusätzlich sollen Spezialmodule für Teilnehmende aus dem Integrationskurs
angeboten werden, die das Niveau B1 nicht erreicht haben. Dieser Gruppe stehen Spezialmodule
mit dem Eingangsniveau A1 und A2 zukünftig zur Verfügung.
Die
Verzahnung der Deutschsprachförderung mit arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen,
mit Aus- und Weiterbildung unterstützt Menschen mit Migrationshintergrund bei
der schnelleren Integration in den Arbeitsmarkt und bei der Besetzung
qualifizierterer Stellen und gilt auch als ein Beitrag zur Fachkräftegewinnung
in Deutschland.
III
a. Sprachförderung im Erwachsenenbereich in Meerbusch
Nach
dem Asylbewerberleistungsgesetz und dem Aufenthaltsgesetz können die
zuständigen Behörden (FB2/Abtl. Asyl) ab dem 01.01.2017 Asylbewerber mit guter
Bleibeperspektive, Inhaber einer Duldung gemäß § 60 a Abs. 2 S.3 AufenthG sowie
Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG schriftlich
zur Teilnahme an einem Integrationskurs verpflichten. Nach derzeitiger
Verwaltungspraxis wird für Asylbewerber aus Syrien, Irak, Iran, Eritrea und
Somalia eine gute Bleibeperspektive angenommen.
Die
Übermittlung der Daten der Teilnahmeverpflichtung an die
Integrationsgeschäftsdatei des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge
erfolgt über eine sog. „Web-Maske“ über das Internet. Nach Absendung der Daten
erfolgt eine Rückmeldung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
(BAMF), ob der Verpflichtungsschein ausgestellt werden darf. Der zur Teilnahme
verpflichtete Ausländer muss sich innerhalb der festgesetzten Frist mit der
ausgestellten Teilnahmeverpflichtung bei einem Kursträger zu einem
Integrationskurs anmelden.
Seit
Einführung des Verfahrens wurden alle Altfälle überprüft und ggf. die
Flüchtlinge zur Teilnahme an einem Integrationskurs verpflichtet. Die neu
zugewiesenen Asylbewerber mit Bleibeperspektive werden innerhalb kürzester Zeit
nach ihrer Ankunft zur Teilnahme verpflichtet. Insgesamt wurden bisher 78
Verpflichtungen erteilt.
Überwiegender
Integrationskursträger in Meerbusch ist die VHS. Sie bietet derzeit einen
Alphabetisierungskurs, 20 Deutschkurse und 4 Orientierungskurse an.
Darüber
hinaus führen die ehrenamtlichen Betreuer in den Übergangswohnheimen
eigenständig Deutschkurse durch. Sie sind angepasst an das jeweilige
Sprachniveau der teilnehmenden Asylbewerber. So werden in Osterath 9 Kurse, in
der Cranachstr. ein dauerhafter Kurs und mehrere Einzelkurse, in Strümp 4
Kurse, in Lank 1 Kurs und im Bürgerhaus in Lank insgesamt noch einmal 5, für
die Teilnehmer kostenlose, Kurse durchgeführt.
Fazit
Insgesamt
können die verschiedenen Sprach- bzw. Deutschförderbedarfe in Meerbusch durch
das derzeit vorhandene Angebot gedeckt werden. Für die nicht schulpflichtigen
Kinder gilt, dass das „Brückenprojekt“ als Eingewöhnungsangebot in das deutsche
Betreuungssystem einen guten Übergang bietet, aber das Ziel sollte ein Platz in
einer der Kindertageseinrichtung sein. Da in keinem der Meerbuscher Ortsteile
besonders viele schulpflichtige Kinder wohnen, können auch hier die Bedarfe am
Wohnort gedeckt werden.
Hinsichtlich
der Erwachsenen Sprach- und Integrationskurse ist die Verwaltung im ständigen
Austausch mit den Anbietern, um Bedarfe zeitnah zu decken. Hier hat sich gerade
die Zusammenarbeit mit der VHS als gleichermaßen verbindlich wie flexibel
erwiesen.
In Vertretung
gez.
Frank Maatz
Erster Beigeordneter