Betreff
Weiterentwicklung der Integration - Intergration durch Sprache
Vorlage
FB2/0175/2017
Aktenzeichen
FB 2 / 7 / Dr
Art
Informationsvorlage

I. Sprachförderung im Elementarbereich

Integration gelingt vor allem über Sprache, Bildung und Ausbildung. Gute deutsche Sprach-kenntnisse sind die Basis für Bildungserfolge und ein eigenständiges Leben. Für den gleichberechtigten Zugang von Menschen mit Migrationshintergrund zu Bildung, Ausbildung, Arbeit, Wirtschaft und Gesellschaft sind sie Voraussetzung. Deutschförderung ist daher eine wichtige Säule einer aktivierenden Integrationspolitik.

 

In Bezug auf Kinder mit Migrationshintergrund, die zunächst mit einer anderen Sprache aufwachsen, hat die Förderung der deutschen Sprache im Bereich der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE) seit Jahren einen herausgehobenen Stellenwert. Darin liegt u.a. die Dynamik im qualitativen und quantitativen Ausbau der Kindertagesbetreuung begründet. Kinder sollen so früh wie möglich sprachlich gefördert werden, um die soziale Integration zu verbessern, Teilhabe und Chancengleichheit im Bildungsgeschehen zu ermöglichen und auf schulisches Lernen vorzubereiten. Im System der FBBE bilden Sprachstandfeststellung und Beobachtungsverfahren zur Sprachentwicklung sowie die daran anschließende sprachliche Bildung einen Schwerpunkt, um das Ziel der sprachlichen Anschlussfähigkeit an die Anforderungen der Schule zu erreichen.

 

Kinder mit Migrationshintergrund (mindestens ein Elternteil ausländischer Herkunft) in Kindertageseinrichtungen, die im Elternhaus vorwiegend nicht deutsch sprechen, in den Jahren 2006 und 2015 (Anzahl in Prozent).

 

Kinder unter 3 Jahren

Kinder von 3 bis unter 6 Jahren

 

Insgesamt

Davon sprechen vorwiegend nicht deutsch im Elternhaus

Insgesamt

Davon sprechen

vorwiegend nicht deutsch

im Elternhaus

 

 

Insgesamt

Prozent

 

Insgesamt

Prozent

2006

  31.427

17.525

55,8

539.141

337.295

62,6

 

2015

108.600

58.654

54,0

623.217

381.846

61,3

 

Quelle: Statistisches Bundesamt

 

Die Zahl der Kinder unter sechs Jahren in Tageseinrichtungen, die einen Migrationshintergrund aufweisen und in der Familie vorrangig nicht deutsch sprechen, nahm in den letzten Jahren stetig zu. Die Zahl der Kinder unter 3 Jahren hat sich mehr als verdreifacht.

 

Für die in den Kindertageseinrichtungen eingesetzten pädagogischen Fachkräfte wird die Aufgabe der Sprachförderung noch erschwert, wenn der Erwerb der deutschen Sprache über die alltägliche Kommunikation der Kinder untereinander vielfach entfällt und von den Fachkräften kompensiert werden muss. Hinzu kommen noch all jene deutschsprachig aufgewachsenen Kinder, die ebenfalls Sprachförderbedarf haben.

 

Bereits 2004 haben sich die Länder mit dem „Gemeinsamen Rahmen der Länder für die frühe Bildung in Kindertagesstätten“ verpflichtet, die Sprachförderung als festen Bestandteil in den Bildungskonzepten zu verankern. So hat sich über die Jahre ein breites, aber uneinheitliches Spektrum an Verfahren zur Sprachstandfeststellung und Fördermaßnahmen entwickelt. Durch die in den letzten Jahren gestiegene Zahl der nicht deutsch sprechenden Kinder sind jedoch die Anforderungen an das Fachpersonal in den Einrichtungen massiv gestiegen, insgesamt fehlt es zudem an qualifizierten Fachkräften.

 

 

I a. Sprachförderung im Elementarbereich in Meerbusch

Von den in Leistungsbezug nach dem AsylbLG stehenden Asylbewerbern sind derzeit 59 unter 6 Jahre; davon sind 28 Personen im Alter von 3-5 Jahren.

 

0-2 Jahre

3-5 Jahre

Bösinghoven

2

0

Büderich

13

6

Lank

5

4

Nierst

0

0

Osterath

11

18

Strümp

0

0

Gesamt

31

28

 

Die vor Ort tätigen sozialpädagogischen Fachkräfte bemühen sich bereits kurz nach einer Zuweisung nach Meerbusch die Kinder in einer entsprechenden Kindertageseinrichtung unterzubringen. Dies ist jedoch abhängig von den zur Verfügung stehenden freien Plätzen. Ab Sommer werden bereits 15 der 3 bis 5-jährigen Kinder einen Platz in einer Einrichtung gefunden haben.

 

Die überwiegende Anzahl der Kinder unter 6 Jahren (29) wohnt im Übergangswohnheim in Osterath an der Fröbelstraße. Für diese Kinder wird vom Verein „Meerbusch hilft“ ein spezielles Betreuungsangebot vorgehalten. Eine Erzieherin in Teilzeit und zwei 450 €-Kräfte führen dieses Betreuungsangebot durch. Finanziert wird das Projekt in 2017 (für den Zeitraum 07.03.-31.12.2017) als niederschwelliges Betreuungsangebot mit 36.000 € durch den Landschaftsverband Rheinland im Rahmen des Programms „Brückenprojekte“, seitens der Stadt werden hierfür die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt.

 

 

II. Schulische Sprachförderung

Für alle Kinder und Jugendliche sind ihre sprachlichen Kompetenzen eine wesentliche Voraussetzung für den Bildungserfolg. Insbesondere Kinder und Jugendliche aus zugewanderten Familien sind oft aufgrund unzureichender Kenntnisse der deutschen Sprache in der Schule benachteiligt. Gerade die Sprachförderung in Deutsch stellt daher in Fortsetzung der Angebote im Elementarbereich einen Schwerpunkt im schulischen Kontext dar. Obwohl bundesweit deutlich intensivere Anstrengungen im System der sprachlichen Förderung im Elementarbereich unternommen wurden, kommen immer noch viele Kinder mit zu geringen deutschen Sprachkompetenzen in die Grundschulen. In 2016 wurden bei 22% aller Kinder vor der Einschulung ein Sprachförderbedarf festgestellt. Die mangelnden sprachlichen Kompetenzen führen bei nahezu jedem zehnten Kind zu einer verspäteten Einschulung. Derzeit gibt es jedoch bundesweit kein einheitliches Instrument zur sprachlichen Förderung von Grundschulkindern, so führt die vorhandene Vielfalt der Instrumente in den einzelnen Ländern zum Fehlen gemeinsamer Qualitätsstandards.

 

 

II a. Schulische Sprachförderung in Meerbusch

Zugewiesene Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter werden in den Primar- bzw. Sekundarbereich der Schulen in Meerbusch integriert. Im Grundschulbereich werden Kinder in Regelklassen untergebracht, da es keine speziellen Seiteneinsteigerklassen gibt.

Die Realschule in Meerbusch und das städtische Meerbusch Gymnasium verfügen über Seiteneinsteigerklassen. Ziel ist es aber auch hier, dass die Schüler nach einem möglichst kurzen Zeitraum in die Regelklassen integriert werden.

Derzeit besuchen 38 Flüchtlingskinder die Grundschulen in Meerbusch und 29 Kinder die Realschule bzw. das Meerbusch Gymnasium.

 

Seit kurzer Zeit hat der OBV Meerbusch e.V. als Träger aller offenen Ganztagsangebote an Grundschulen die Stelle einer Flüchtlingsbeauftragten eingerichtet und mit Frau Fida Soubaiti-El-Ali besetzt. Sie unterstützt die Flüchtlingskinder in den Grundschulen und in der Realschule. Sie vermittelt zwischen Schule, Eltern und Kindern; sie dolmetscht und berät die Flüchtlingsfamilien.

 

 

III. Sprachförderung im Erwachsenenbereich

Bereits 2015 hat die Bundesregierung die bereitgestellten Mittel für die Sprachförderung erheblich erhöht und mit dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz die Integrationskurse für Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive geöffnet. Gleichzeitig wurde im Aufenthaltsgesetz die Grundlage für eine bundesfinanzierte berufsbezogene Deutschsprachförderung geschaffen. Das so geschaffene „Gesamtprogramm Sprache" umfasst neben dem Erlernen der Alltagssprache auch die Förderung der berufsbezogenen Sprache.

 

Grafik zu "Gesamtprogramm Sprache"

 

Kernstück des staatlichen Bildungsangebotes zur Integration ist der Integrationskurs. Im Jahr 2015 haben rd. 180.000 Kursteilnehmer an einem Integrationskurs teilgenommen, im Jahr 2016 waren es rd. 300.000.

Ziel des Integrationskurses ist es, die Integration und gesellschaftliche Teilhabe von Zuwanderinnen und Zuwanderern zu fördern. Dies wird erreicht durch einen Sprachkurs mit 600 Unterrichtseinheiten(UE) und dem Orientierungskurs mit 100 UE. Im Sprachkurs erlernen die Teilnehmenden die deutsche Sprache bis zum Niveau B 1, dies bedeutet, sie können sich im Alltag zurechtfinden und selbst verständigen. Im Orientierungskurs erhalten die Teilnehmenden Kenntnisse zur Rechtsordnung, Geschichte und Kultur Deutschlands. Außerdem erfahren die Teilnehmer im Orientierungskurs, welche Werte in Deutschland besonders wichtig sind. Für Personen mit besonderen Bedürfnissen gibt es spezielle Integrationskurse mit bis zu 1.000 UE, wie z.B. Jugendintegrationskurse, Eltern- und Frauenintegrationskurse, Alphabetisierungskurse u.a.

Neben der Teilnahmeberechtigung mit freiwilliger Teilnahmemöglichkeit, kann der Ausländer durch die Ausländerbehörde, dem Träger der SGB II-Leistungen oder dem Träger der SGB XII-Leistungen zur Teilnahme an einem Integrationskurs verpflichtet werden. Ab dem 01.01.2017 können auch Asylbewerber/-innen mit einer guten Bleibeperspektive, Geduldete mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 60 a Abs. 2 Satz 3 sowie Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG durch die Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu einem Integrationskurs verpflichtet werden.

 

Der Sprachkurs schließt mit dem „Deutsch-Test für Zuwanderer“ (DTZ) ab, der Orientierungskurs mit dem Test „Leben in Deutschland“ (LiD). Teilnehmende, die beide Tests erfolgreich bestanden haben, erhalten das „Zertifikat Integrationskurs“. Wer den Sprachtest trotz ordnungsgemäßer Kursteilnahme nicht besteht, kann maximal 300 Unterrichtsstunden des Sprachkurses wiederholen und erneut am Abschlusstest teilnehmen.

 

Hauptanbieter der Integrationskurse sind mit über 30% die Volkshochschulen, gefolgt von den Sprach-/ Fachschulen (rd. 19%) und der Bildungswerke/-stätten (rd. 10%). In Nordrhein-Westfalen waren im Jahr 2016 insgesamt 361 Integrationskursträger zugelassen.

 

Die neuen Kursteilnehmer stammten bundesweit im Jahr 2015 zu 41,8% aus den EU-Mitgliedsstaaten. Im Jahr 2016 sank dieser Anteil auf 22,6%. Personen mit syrischer Herkunft stellten in 2016 die größte Teilnehmergruppe, gefolgt von Irak und Eritrea.

 

Insbesondere im Arbeitsleben mit der Tendenz zur Zunahme komplexer Tätigkeiten gewinnen berufsbezogene Sprachkenntnisse zunehmend an Bedeutung. Die Integration auf dem Arbeitsmarkt gestaltet sich ohne ausreichende Deutschkenntnisse ausgesprochen schwierig. Am 01. Juli 2016 erweiterte der Bund das Angebot an berufsbezogener Sprachförderung für Menschen mit Migrationshintergrund; die berufsbezogene Deutschsprachförderung wurde zu einem Regelinstrument der Sprachförderung des Bundes. Mit dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz wurde die berufsbezogene Deutschförderung gesetzlich verankert (§ 45 AufenthG). Sie wird vom BAMF umgesetzt, baut unmittelbar auf den Integrationskursen auf und wird das Ende 2017 auslaufende ESF-BAMF-Programm (ESF=Europäische Sozialfonds) zur berufsbezogenen Deutschsprachförderung zunächst ergänzen und später ablösen. Die beiden gesetzlich verankerten Sprachprogramme des Bundes (Integrationskurs und berufsbezogene Deutschförderung) wurden so konzipiert, dass die Angebote aufeinander aufbauen. Die Grundstruktur der nationalen berufsbezogenen Deutschsprachförderung stellen die sogenannten Basismodule dar. Es wird unterschieden zwischen drei Basismodulen:

B1 auf B2

B2 auf C1

C1 auf C2

Jedes Basismodul umfasst 300 Unterrichtseinheiten. Sie sind inhaltlich allgemeinsprachlich mit berufsbezogenen Unterrichtseinheiten aufgebaut und richten sich an eine Gruppengröße von mindestens 15 Teilnehmenden. In ländlichen Regionen sind auch kleinere Gruppen denkbar.

Neben den Basismodulen sind verschiedene Spezialmodule vorgesehen, die folgende Schwerpunkte haben werden:

1. Ein Schwerpunkt der Spezialmodule wird die berufsbezogene Deutschsprachförderung für Personen, die sich im Anerkennungsverfahren befinden, sein.

2. Weitere Spezialmodule werden die verschiedenen Fachrichtungen abbilden, um so gezielt fachspezifische Inhalte, beispielsweise im Pflege-, oder kaufmännischen Bereich, zu vermitteln.

3. Zusätzlich sollen Spezialmodule für Teilnehmende aus dem Integrationskurs angeboten werden, die das Niveau B1 nicht erreicht haben. Dieser Gruppe stehen Spezialmodule mit dem Eingangsniveau A1 und A2 zukünftig zur Verfügung.

 

Die Verzahnung der Deutschsprachförderung mit arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, mit Aus- und Weiterbildung unterstützt Menschen mit Migrationshintergrund bei der schnelleren Integration in den Arbeitsmarkt und bei der Besetzung qualifizierterer Stellen und gilt auch als ein Beitrag zur Fachkräftegewinnung in Deutschland.

 

 

III a. Sprachförderung im Erwachsenenbereich in Meerbusch

Nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und dem Aufenthaltsgesetz können die zuständigen Behörden (FB2/Abtl. Asyl) ab dem 01.01.2017 Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive, Inhaber einer Duldung gemäß § 60 a Abs. 2 S.3 AufenthG sowie Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG schriftlich zur Teilnahme an einem Integrationskurs verpflichten. Nach derzeitiger Verwaltungspraxis wird für Asylbewerber aus Syrien, Irak, Iran, Eritrea und Somalia eine gute Bleibeperspektive angenommen.

 

Die Übermittlung der Daten der Teilnahmeverpflichtung an die Integrationsgeschäftsdatei des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge erfolgt über eine sog. „Web-Maske“ über das Internet. Nach Absendung der Daten erfolgt eine Rückmeldung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), ob der Verpflichtungsschein ausgestellt werden darf. Der zur Teilnahme verpflichtete Ausländer muss sich innerhalb der festgesetzten Frist mit der ausgestellten Teilnahmeverpflichtung bei einem Kursträger zu einem Integrationskurs anmelden.

 

Seit Einführung des Verfahrens wurden alle Altfälle überprüft und ggf. die Flüchtlinge zur Teilnahme an einem Integrationskurs verpflichtet. Die neu zugewiesenen Asylbewerber mit Bleibeperspektive werden innerhalb kürzester Zeit nach ihrer Ankunft zur Teilnahme verpflichtet. Insgesamt wurden bisher 78 Verpflichtungen erteilt.

 

Überwiegender Integrationskursträger in Meerbusch ist die VHS. Sie bietet derzeit einen Alphabetisierungskurs, 20 Deutschkurse und 4 Orientierungskurse an.

 

Darüber hinaus führen die ehrenamtlichen Betreuer in den Übergangswohnheimen eigenständig Deutschkurse durch. Sie sind angepasst an das jeweilige Sprachniveau der teilnehmenden Asylbewerber. So werden in Osterath 9 Kurse, in der Cranachstr. ein dauerhafter Kurs und mehrere Einzelkurse, in Strümp 4 Kurse, in Lank 1 Kurs und im Bürgerhaus in Lank insgesamt noch einmal 5, für die Teilnehmer kostenlose, Kurse durchgeführt.

 

 

Fazit

Insgesamt können die verschiedenen Sprach- bzw. Deutschförderbedarfe in Meerbusch durch das derzeit vorhandene Angebot gedeckt werden. Für die nicht schulpflichtigen Kinder gilt, dass das „Brückenprojekt“ als Eingewöhnungsangebot in das deutsche Betreuungssystem einen guten Übergang bietet, aber das Ziel sollte ein Platz in einer der Kindertageseinrichtung sein. Da in keinem der Meerbuscher Ortsteile besonders viele schulpflichtige Kinder wohnen, können auch hier die Bedarfe am Wohnort gedeckt werden.

Hinsichtlich der Erwachsenen Sprach- und Integrationskurse ist die Verwaltung im ständigen Austausch mit den Anbietern, um Bedarfe zeitnah zu decken. Hier hat sich gerade die Zusammenarbeit mit der VHS als gleichermaßen verbindlich wie flexibel erwiesen.

 


In Vertretung

 

gez.

 

Frank Maatz

Erster Beigeordneter