Betreff
Grundsicherungsrelevanter Mietspiegel
Vorlage
FB2/0173/2017
Aktenzeichen
FB 2 / 6 / Kü
Art
Informationsvorlage

Kreise und kreisfreie Städte sind als örtliche Träger für die Bewilligung der Kosten der Unterkunft nach dem Sozialgesetzbuch (SGB II und XII) zuständig. Dabei werden Leistungsempfängern die Kosten für Unterkunft und Heizung nur bis zu einem „angemessenen“ Niveau bezahlt. Dieses Niveau, das so genannte „einfache Segment“, muss aus der Analyse des lokalen Wohnungsmarktes in einem schlüssigen Konzept abgeleitet werden. Die aktuelle Rechtsprechung stellt dabei auch auf die ausreichende Häufigkeit der verfügbaren Wohnungen ab.

 

Der Rhein-Kreis Neuss hat zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenzen für die Kosten der Unterkunft in der Sozialhilfe (SGB XII) und der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) einen sog. grundsicherungsrelevanten Mietspiegel nach den Kriterien des Bundessozialgerichtes (schlüssiges Konzept) erarbeitet und in Anwendung.

 

Die erstmalig gültigen Richtwerte beruhten auf einer Mietwerterhebung zum Stichtag 01.01.2013. Sie sind seit dem 01.04.2014 in Kraft und mussten daher jetzt fortgeschrieben werden. Hintergrund der Anpassung der Mietobergrenzen ist, dass die derzeitigen Referenzmieten auf dem Erhebungsstichtag 01.01.2013 beruhen - mithin also vier Jahre alt sind - und daher überprüft werden soll, inwieweit der grundsicherungsrelevante Mietspiegel den aktuellen örtlichen Verhältnissen tatsächlich noch entspricht und wo Abweichungen vorhanden sind. Eine gefestigte Rechtsprechung, wie alt die Datensätze sein dürfen, liegt allerdings nicht vor.

 

Eine Anpassung der Mietobergrenzen kann durch eine indexbasierte Fortschreibung oder durch eine vollständige Neuerhebung erfolgen. Die indexbasierte Fortschreibung kann kurzfristig und durch die Verwaltung selbst durchgeführt werden. Sie bildet allerdings nicht die individuelle Situation aller kreisangehörigen Kommunen ab, sondern spiegelt, bezogen auf die Nettokaltmieten und kalten Betriebskosten, lediglich die Preisentwicklung des Landes NRW wieder.

 

Die Vollerhebung ist zwar mit Kosten und entsprechendem Zeitaufwand verbunden, aber nur sie allein zeichnet ein realistisches Bild der tatsächlichen Gegebenheiten. Eine Neuerhebung, ausgeführt durch ein darauf spezialisiertes Unternehmen, hat zudem den Vorteil, dass ein grundsicherungsrelevanter Mietspiegel erstellt werden kann. Dies geschieht unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung, den daraus an ein schlüssiges Konzept abgeleiteten Anforderungen sowie den bis dahin gesammelten praktischen Erfahrungen des jeweiligen Unternehmens. Der Rhein-Kreis Neuss hat sich daher aufgrund bisheriger Erfahrungen erneut für eine Neuerhebung der Mietobergrenzen entschieden.

 

Zusammengefasst stellen sich die Ergebnisse der Mietwerterhebung 2016 so dar:

 

  • Alle vom Bundessozialgericht für die Erstellung eines schlüssigen Konzeptes vorgegebenen Parameter sind eingehalten. Die Referenzwerte übersteigen die gerichtlichen Vorgaben.
  • An der Mietwerterhebung haben sich ausreichend große Wohnungsunternehmen beteiligt. Über die Nutzung der kommunalen Grundsteuerdaten konnten zudem eine Vielzahl kleinerer Vermieter beteiligt werden.
  • Für den Rhein-Kreis Neuss gelten weiterhin sechs Vergleichsräume.
  • Die Mietobergrenzen steigen in allen Vergleichsräumen und in allen Wohnungsgrößen.
  • Die Ergebnisse der Mietwerterhebung sind am 24.11.2016 mit den Sozialdezernenten der kreisangehörigen Städte und Gemeinden besprochen worden. Die Städte und Gemeinden haben gegen die Einführung der neuen Richtwerte keine Bedenken erhoben.

 

Der Kreistag des Rhein-Kreises Neuss hat am 21.12.2016 neue Mietobergrenzen beschlossen, die zum 01.02.2017 in Kraft traten. Grundlage für zukünftige Angemessenheitsprüfungen bilden damit die Ergebnisse des neuen grundsicherungsrelevanten Mietspiegels, welcher im Rahmen eines schlüssigen Konzeptes erhoben wurde.

 

Praktisch haben die neuen Richtwerte folgende Auswirkung:

 

  • Für Neufälle gelten ab 01.02.2017 die neuen Mietobergrenzen.
  • Altfälle, deren Mieten derzeit unangemessen sind, werden ab 01.02.2017 auf die neuen Richtwerte umgestellt, d.h. unangemessene Mieten gelten bis zu der neuen Mietobergrenze als vollständig angemessen.
  • Die Umstellung erfolgt von Amts wegen sukzessiv bei Weiterbewilligungsanträgen oder vorab auf individuellen Antrag.
  • Regelung zur Besitzstandwahrungen etc. sind aufgrund der in allen Fällen für die Leistungsempfänger nach dem SGB II und SGB XII vorteiligen Änderungen nicht zu treffen.

 

Die neuen Richtwerte sind – alleine dargestellt - ab 01.02.2017:

 

Tab. 1    Angemessenheitsgrenzen für die Kosten der Unterkunft
                (Brutto-Kaltmieten)
      

Bedarfsgemeinschaften mit
… Personen

1
Person

2
Personen

3
Personen

4
Personen

5
Personen

Jede
weitere Person

Wohnfläche

≤ 50 m²

50 bis
≤ 65 m²

65 bis
≤ 80 m²

80 bis
≤ 95 m²

> 95 m²

+ 15 m²

Mietkategorie I

393,00

469,95

563,20

684,95

792,00

108,00

Mietkategorie II

418,50

510,90

595,20

706,80

861,30

117,45

Mietkategorie III

404,00

495,30

611,20

703,95

803,00

109,50

Mietkategorie IV

458,50

534,30

656,80

773,30

953,70

130,05

Mietkategorie V

406,50

508,30

604,00

751,45

1010,90

137,85

Mietkategorie VI

404,00

501,15

613,60

746,70

825,00

112,50

Quelle: Mietwerterhebung Rhein-Kreis-Neuss 2016

 

Für Meerbusch gilt grundsätzlich die Mietkategorie V, mit Ausnahme der im Folgenden genannten.

 

Für die Haushaltsgrößen mit 2, 3 und 4 Personen gilt eine Sonderregelung, da aufgrund des verschlossenen Mietmarktes mit den festgesetzten Mietobergrenzen im Erhebungszeitraum der Mietwerterhebung nicht hinreichend Angebotsmieten zur Verfügung standen. Die Sonderregelung hat zum Inhalt, dass sich die Beweislast, wonach der Hilfebedürftige darlegen muss, dass angemessener Wohnraum konkret nicht zur Verfügung steht, umkehrt und nunmehr die Behörde trifft. Konkret bedeutet dies für laufende Fälle und für Neuanmietungsfälle Folgendes:

 

Wird die Unterkunft bereits bewohnt, gilt hinsichtlich der Prüfung der Einleitung eines Kostensenkungsverfahrens zunächst die jeweilige in der o.g. Tabelle festgesetzte Mietobergrenze. Kann behördenseitig der Nachweis angetreten werden, dass zu den jeweiligen Mietobergrenzen Wohnraum gefunden werden kann (im konkreten Einzelfall mindestens 3 angemessene Mietangebote) und sprechen keine sonstigen Gründe gegen ein Kostensenkungsverfahren, ist dieses einzuleiten.

Kann dagegen behördenseitig nicht der Nachweis angetreten werden, dass zu den jeweiligen Mietobergrenzen Wohnraum gefunden werden kann und sprechen keine sonstigen Gründe gegen ein Kostensenkungsverfahren, können Bedarfe für Unterkunft bis zu den entsprechenden Wohngeldtabellenwerten als angemessen anerkannt werden. Überschreiten die tatsächlichen Unterkunftskosten die Wohngeldtabellenwerte, ist ein Kostensenkungsverfahren unter Anwendung dieser Wohngeldtabellenwerte (siehe nachfolgende Tabelle) einzuleiten.

 

Wohnungsmarkttyp

 

2 Personen

3 Personen

4 Personen

 

 

65 m²

80 m²

95 m²

 

 

Meerbusch

 

584,00 €

695,00 €

811,00 €

 

 

Kann bei einer Neuanmietung behördenseitig der Nachweis angetreten werden, dass zu den jeweiligen Mietobergrenzen Wohnraum gefunden werden kann (im konkreten Einzelfall mindestens 3 angemessene Mietangebote), sind die festgesetzten Mietobergrenzen anzuwenden. Zusätzlich gilt bei der Neuanmietung, dass in bestimmten Fällen die jeweilige Mietobergrenze im Einzelfall um 10% (Orientierungswert) angehoben werden kann.

 

Kann dagegen behördenseitig nicht der Nachweis angetreten werden, dass zu den jeweiligen Mietobergrenzen Wohnraum gefunden werden kann (im konkreten Einzelfall mindestens 3 angemessene Mietangebote), sind die vorgenannten Wohngeldtabellenwerte anzuwenden.

 

 

 


In Vertretung

 

gez.

 

Frank Maatz

Erster Beigeordneter