Beschlussvorschlag:
Der
Jugendhilfeausschuss unterstützt das Konzept zur Teilnahme an der U18-Wahl zur Bundestagswahl im September 2017.
Aufgrund der besonderen gesellschaftlichen Bedeutung des Themas sollen die
erforderlichen Mittel zur Durchführung über den Kinder- und Jugendförderplan
der Stadt Meerbusch im Rahmen der „Besonderen Projektförderung“
·
zu 100 %
durch den Stadtjugendring abgerechnet werden können,
·
die
Höchstzuschussgrenze von 1.000 € ausgesetzt und
·
die
Projektfördermittel von bis zu 6.000 € für das Projekt reserviert werden.
Sachverhalt:
Auf
Initiative des Stadtjugendringes will sich das Jugendamt der Stadt Meerbusch in
enger Zusammenarbeit mit diesem und allen vier weiterführenden Schulen an der
U18-Wahl zur Bundestagswahl 2017 beteiligen. Alle weiterführenden Schulen sowie
die Einrichtungen der offenen Jugendarbeit haben ihre Mitwirkung erklärt.
„Nur rund zwei Drittel der Bevölkerung
in Deutschland (64 Prozent) traut der heutigen Generation der Kinder und
Jugendlichen zu, als Erwachsene Verantwortung für den Erhalt unserer Demokratie
zu übernehmen. (…) Ein Drittel der
Bevölkerung (33 Prozent) zweifelt an der Demokratiefähigkeit der nachfolgenden
Generation. Das sind zentrale Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage von
infratest dimap im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes für den Kinderreport
Deutschland 2017.“
(Quelle: Pressemitteilung vom 02.02.2017
zum Kinderreport Deutschland 2017 des Deutschen Kinderhilfswerkes).
Um
demokratische Überzeugungen und die Demokratiefähigkeit bei jungen Menschen zu
fördern und Kinder und Jugendliche (wieder) für Politik zu begeistern, werden
in Deutschland seit mehreren Jahren die „U18-Wahlen“ organisiert.
Wahlberechtigt
zur „U18-Wahl“ sind alle Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. U18-Wahlen
werden sowohl zu Kommunal-, Landtags- als auch zu Bundestagswahlen organisiert.
In NRW leistet der Landesjugendring NRW die Landeskoordination für die
Durchführung einer U18-Wahl zur Bundestagswahl 2017.
Träger des U18-Wahlprojekts auf Bundesebene sind
der Deutsche Bundesjugendring, die Landesjugendringe, das Deutsche
Kinderhilfswerk, viele Jugendverbände und das Berliner U18-Netzwerk. Sie und
viele weitere haben sich zum „Netzwerk U18“ zusammengeschlossen. Aus der
ursprünglich regionalen Initiative ist inzwischen eine große politische
Bildungskampagne für Menschen unter 18 Jahren in Deutschland geworden. Bei der
„U18-Wahl“ zur letzten Bundestagswahl im Jahr 2013 haben rd. 200.000 Kinder und
Jugendliche in über 1.500 Wahllokalen ihre Stimme abgegeben.
Neun
Tage vor der jeweiligen „echten“ Wahl können die Kinder und Jugendlichen wählen
gehen. Dies können sie überall dort tun, wo sie sich gewöhnlich aufhalten und
treffen – in Meerbusch also in der Schule oder in einem der Jugendzentren.
Die
Bundestagswahl wird am 24. September 2017 stattfinden. Kinder und Jugendliche
können demnach am Freitag, 15.09.2017
zur U18-Wahl gehen. In Meerbusch sollen alle Kinder ab der
5. Klasse ihre Stimme abgeben dürfen (in den Schulen ab Klasse 7 – in den
Einrichtungen der Jugendarbeit ab Klasse 5).
Im
Vorfeld soll in allen weiterführenden Schulen und in den Jugendzentren Oase,
Katakombe und JuCa sowie im Rahmen der mobilen Jugendarbeit Karibu das Thema
„Wahl“ und die Bedeutung des „wählen gehens“ erörtert werden. Kinder und
Jugendliche sollen unterstützt werden, Politik zu verstehen, Wahlprogramme
kennenzulernen und deren Unterschiede zu erkennen und die dort gemachten
Versprechen zu hinterfragen. Durch die aktive Beschäftigung mit Politik wird
der Politikverdrossenheit begegnet, das politische Interesse soll gesteigert
und die Verbindung zwischen Wahl und politischer Einflussnahme erläutert
werden. Die Bedeutung einer Wahl für den Fortbestand der Demokratie soll
dargelegt werden.
Das
U18-Wahlprojekt soll Kindern und Jugendlichen Hilfestellung und Gelegenheit
bieten, sich mit Freunden, Eltern, Lehrern, Pädagogen und anderen Erwachsenen
über Politik auseinanderzusetzen.
Nach
Möglichkeit sollen Kontakte mit den Politikern „vor Ort“ hergestellt werden und
es soll möglichst eine Diskussion der Themen erfolgen, die für Kinder und
Jugendliche von Bedeutung sind. Dabei soll nicht der Wahlkampf in die
Schulen oder Jugendeinrichtungen getragen werden. Es geht hier vielmehr um
Grundlagen der Demokratie und der Partizipation.
Drei Phasen der U18-Wahl
1. Vorbereitungsphase
In
der Vorbereitungsphase findet die Auseinandersetzung mit „Politik“ statt. Durch
kreative Aktionen (z.B. Wahlurnen bauen, Plakate malen, Herstellen von
Wahlkabinen, eigenes Wahlprogramm schreiben etc.), Unterrichtseinheiten in der
Schule oder in Gesprächsrunden werden Kinder und Jugendliche an Politik
interessiert und erhalten Informationen zur Wahl. So müssen z.B. die Bedeutung
von Erst- und Zweitstimme, die Modalitäten zur Wahl des Bundeskanzlers/der
Bundeskanzlerin, die Anzahl der Sitze im Parlament und deren Verteilung und
vieles mehr erläutert werden.
Seitens
der Bundesgeschäftsstelle „U18-Wahl“ werden umfangreiche Materialien zur
Verfügung gestellt. Die Geschäftsstelle wird junge Menschen Fragen an Politik
formulieren lassen, die jedes Wahllokal nutzen kann, um auf die Kandidatinnen
und Kandidaten vor Ort zuzugehen. Die Antworten dazu sollen dokumentiert
werden.
(Die
bei den vorangegangenen Wahlen herausgegebene Synopse mit dem Vergleich der
Wahlprogramme der größten Parteien wird nicht mehr erstellt. Hintergrund: Um
Klagen von und Konflikte mit Parteien zu vermeiden, müssten ALLE Parteien
berücksichtigt werden, die zur Wahl antreten. Das ist nicht leistbar. Eine
Auswahl der Parteien, die nach Stand der Umfragen ins Parlament kommen, zieht
in der Regel Beschwerden und
Klagen nach sich. Dies ist für die Bundesgeschäftsstelle „U18-Wahl“ eine neues
Phänomen, aber ein ernst zu nehmendes.)
Wenn
möglich, soll es Gesprächsrunden mit Politikern „vor Ort“ geben. Dadurch lernen
Kinder und Jugendliche „ihre“ politischen Vertreter in Meerbusch kennen und
können mit ihnen über Themen, die sie beschäftigen, reden.
Die
„Original“-Stimmzettel werden mit dem „U18-Wahl“-Logo versehen und für jedes
Bundesland aufbereitet. Alle Wahllokale müssen sich bei der
Bundesgeschäftsstelle registrieren lassen.
Für
jedes Wahllokal werden ehrenamtliche Wahlhelfer benötigt, die im Vorfeld eine
Schulung durch die „Projektgruppe“ (Vertreter des Stadtjugendringes, Jugendamt)
zu ihren Aufgaben erhalten sollen.
Neben
den Materialien der Bundesgeschäftsstelle der U18-Wahl können Schulen und
Jugendeinrichtungen insbesondere auch zahlreiche Materialien der Bundeszentrale
für Politische Bildung nutzen.
2. Durchführungsphase
In
Meerbusch sollen am 15.09.2017 in den 4 weiterführenden Schulen, in den
Jugendzentren Oase, Katakombe und Juca sowie 2 mobile Wahllokale (Bus von
Karibu und Bus der querkopf-akademie gUg) eingerichtet werden.
Die
Wahlhelfer empfangen die Kinder und Jugendlichen im Wahlraum, tragen sie in ein
„Wählerverzeichnis“ ein, teilen ihnen den Stimmzettel aus, weisen den Weg in
die Wahlkabine und kontrollieren den ordnungsgemäßen Einwurf des Stimmzettels
in die Wahlurne. Nach Schließung des Wahllokals (in den Schulen 14:00 Uhr, in
den Jugendeinrichtungen 18:00 Uhr) zählen sie die Stimmzettel aus und melden
das Ergebnis ihres Wahllokals über das Internet an die
Bundesgeschäfts-stelle/Wahlzentrale der U18-Wahl in Berlin. Dort werden alle
Wahlergebnisse verarbeitet und ab 18:00 Uhr werden die jeweiligen
Zwischenstände im Internet veröffentlicht. Das Endergebnis ist ab ca. 22:00 Uhr
online verfügbar.
Wie
auch bei echten Wahlen betreiben die Macher der U18-Wahl in Berlin ein
Wahlstudio und produzieren eine Wahlsendung, die im Internet per livestream
verfolgt werden kann. Die Wahlsendung wird ausschließlich von Jugendlichen für
Jugendliche im Rahmen eines Medienprojektes produziert und gestaltet.
Im
Stadtjugendring wurde beschlossen, ab 18:00 Uhr (Schließung aller Wahllokale)
eine große „Meerbuscher U18-Wahlparty“ auszurichten und dort den Tag, wie auch
bei „echten“ Wahlen, ausklingen zu lassen. Diese Wahlparty soll für alle Kinder
und Jugendliche stattfinden, insbesondere aber auch für die Wahlhelfer gedacht
sein. Alle Kinder und Jugendliche, die gewählt haben, bekommen eine
„Eintrittskarte“ zur Wahlparty. Als Veranstaltungsort wurde dazu das JuCa
aufgrund der Größe und Möglichkeiten (u.a. Wahlsendung per livestream über die
Monitore ausstrahlen zu können) ausgewählt. Damit möglichst viele Kinder und
Jugendliche sich für diese Wahlparty begeistern, soll ein attraktives
Rahmenprogramm geboten werden. Es ist hier der Auftritt einer Band sowie evtl.
ein kleines Catering angedacht.
3. Nachbereitungsphase
Die
U18-Wahl hat Jugendliche für politische Themen sensibilisiert. In den Schulen
und Jugendeinrichtungen sollte das Thema daher weiter bearbeitet werden.
Insbesondere sollte das Ergebnis der U18-Wahl mit dem Ergebnis der „echten“
Bundestagswahl eine Woche später verglichen – und daraus resultierend auch
diskutiert werden.
Eine
nachhaltige Beschäftigung mit politischen Themen in den pädagogischen
Institutionen im Rahmen ihres jeweiligen Bildungsauftrages wäre wünschenswert.
Kinder und Jugendliche sind im besten Fall auch untereinander über politische
Themen ins Gespräch gekommen. Auch diese „Vernetzung“ gilt es zu fördern und
weiterzuentwickeln. Für Schule und Jugendarbeit stehen auch hierfür Materialien
wie etwa Methodenbücher zur Vermittlung politischer Bildung, Aufklärungs- und
Argumentationstrainings gegenüber demokratiefeindlicher Agitation oder aber
auch Handreichungen zur Förderung von gesellschaftlichem Engagement kostenlos
zum download bei www.u18.org bereit.
Der
Stadtjugendring führt im Jahr 2017 in den Herbstferien wieder eine politische
Bildungsreise nach Berlin durch. Auch hier stehen die Themen „Politik“ und
„Demokratie“ im Vordergrund. Eine Besichtigung des Bundestages, ein Treffen mit
einem Abgeordneten u.a. unterstützen auch hier wieder den Bildungsauftrag. In
der Vorbereitung der Fahrt werden den Teilnehmern in drei vorgelagerten
Veranstaltungen politische Themenstellungen nähergebracht.
Finanzielle
Auswirkung:
Durch
die Ausführung des vorgeschlagenen Beschlusses entstehen folgende Auswirkungen
auf den Haushalt:
Es entstehen Kosten für die Schulung und den Einsatz der Wahlhelfer. Pro Wahllokal in den Schulen werden 5 Wahlhelfer pro Jahrgang benötigt (bei 5 Jahrgängen pro Schule sind dies ca. 25 Wahlhelfer x 4 Schulen = 100 Personen, plus zusätzlich ca. 5 Wahlhelfer pro Jugendeinrichtung x 4 Jugendeinrichtungen= insgesamt rd. 120 Personen).
Für ihren Einsatz erhalten die Wahlhelfer nichts, allerdings sollten Getränke und Süßigkeiten bereit stehen. Die Wahlhelfer werden an 4 Terminen in ihren jeweiligen Schulen auf ihre Tätigkeit vorbereitet, die Jugendzentren bereiten ihre Wahlhelfer ebenso vor.
Insgesamt wird für Schulung und Einsatz der Wahlhelfer von rund 1.000 € Kosten ausgegangen.
Für die Ausrichtung der großen Wahlparty inkl. Band, Servicepersonal, Verpflegungskosten sowie dem erforderlichen Einsatz von Securitykräften wird ein Betrag von ca. 3.500 € erforderlich sein. Eine genaue Kostenkalkulation liegt noch nicht vor.
Ein kleiner Teil der Kosten kann aus dem Etat des Stadtjugendringes bestritten werden, pro registriertem Wahllokal wird der Stadtjugendring voraussichtlich eine geringe Förderung aus Mitteln des Landesjugendringes erhalten können. Es besteht aber insgesamt eine Unterfinanzierung. In den Haushalt 2017 wurden für die U18-Wahl keine Mittel eingestellt.
Die Verwaltung schlägt vor, die erforderlichen Mittel aus dem Etat „Zuweisungen und Zuschüsse für laufende Zwecke an übrige Bereiche – Offene Kinder und Jugendarbeit“ Produktsachkonto 060.362.010 / 53180000 im Rahmen des Kinder- und Jugendförderplanes der Stadt Meerbusch als „Besondere Projektförderung“ über den Stadtjugendring abzurechnen. Wegen der besonderen Bedeutung des Themas müsste dabei die max. Zuschusshöhe von 1.000 € ausgesetzt, auf den 50% Eigenanteil des Trägers verzichtet und eine 100% Bezuschussung geleistet werden.
Diese Vorgehensweise ist nach den Allgemeinen Fördergrundsätzen des Kinder- und Jugendförderplans (S. 59 des Förderplans) möglich, wenn der Jugendhilfeausschuss dies entsprechend beschließt:
„Über die in diesen Richtlinien genannten Förderungen hinausgehend, können bei unvorhergesehenem Bedarf durch politischen Beschluss weitere Maßnahmen gefördert oder Änderungen in der Förderstruktur vorgenommen werden.“
Der Etat der „Besonderen Projektförderung“ (6.000 €) ist im letzten Jahr nicht abgerufen worden und für 2017 liegen keine Anträge vor. Diese Mittel sollen zur Finanzierung des Projektes reserviert werden.
Alternativen:
Der
vorgeschlagenen Förderung wird nicht zugestimmt. Die U18-Wahl kann nicht
durchgeführt werden.