Betreff
Weiterentwicklung der Integration:
Integration in/durch Arbeit
Vorlage
FB2/0156/2017
Art
Informationsvorlage

Bedingt durch die stark zugenommene Zuwanderung von ausländischen Flüchtlingen in die Bundesrepublik Deutschland hat auch die kommunale Integrationspolitik an Bedeutung gewonnen. Die Problemlagen in den Kommunen sind vielfältig und hängen nicht allein davon ab, wie hoch der Anteil der Migranten in der Stadt ist, sondern auch von weiteren Einflussfaktoren, wie z.B. die Altersstruktur der Flüchtlinge, Herkunftsländer oder Vorbildung der Flüchtlinge.

 

Konkret setzt kommunale Integrationspolitik sehr unterschiedlich an und umfasst eine Vielzahl von Handlungsfeldern. Hierzu gehören Sprache und Bildung, berufliche Arbeit und Arbeitsmarkt-integration, Jugend und Sozialarbeit, Kulturförderung, Wohn- und Stadtentwicklung und noch vieles mehr.

 

Diese Handlungsfelder werden künftig in konkretem Bezug auf die Stadt Meerbusch vorgestellt.

 

 

Integration in Arbeit für Flüchtlinge und Asylbewerber

 

Eine frühzeitige Arbeitsmarktintegration ist einerseits eine wesentliche Voraussetzung zur gesellschaftlichen Integration, andererseits kann dadurch auch Langzeitarbeitslosigkeit mit all ihren negativen Folgen vermieden werden.

 

"Wenn wir es geschafft haben, nach fünf Jahren 50 Prozent in Lohn und Brot zu bekommen, ist das sicherlich ein Erfolg", sagte jüngst der Direktor des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Joachim Möller, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Dafür müsse aber in die Integration investiert werden. Von Dezember 2015 bis November 2016 schafften 34.000 Einwanderer aus den acht wichtigsten nichteuropäischen Asylherkunftsländern den Schritt in den ersten Arbeitsmarkt. 22 Prozent dieser 34.000 Einwanderer seien Leiharbeiter. An zweiter Stelle standen wirtschaftsnahe Dienstleistungen ohne Zeitarbeit mit 20 Prozent.

 

Der Zugang zur Arbeit hängt von vielfältigen Faktoren ab: dem Aufenthaltsstatus, dem Fortschritt beim Erlernen der deutschen Sprache, der beruflichen Qualifikation, der Dauer des Aufenthaltes in Deutschland und dem Herkunftsland. Entscheidende Basis für eine Integration in Arbeit ist jedoch das Beherrschen der deutschen Sprache, wobei mindestens das Niveau B1 erreicht werden muss, um Zugang zu allen Fördermaßnahmen der Bundesanstalt für Arbeit (BA) zu erlangen.

Für Flüchtlinge, die sich im Status eines Asylbewerbers befinden, ist das SGB III (Drittes Buch – Sozialgesetzbuch-), also die Bundesanstalt für Arbeit, zuständig. Für Flüchtlinge, die einen anerkannten Asylstatus erlangt haben, ist das SGB II (Zweites Buch – Sozialgesetzbuch -), also das Jobcenter, zuständig. Im Fall der anerkannten Flüchtlinge ist das Jobcenter sowohl leistungsrechtlich als auch für die weitere Integration in Arbeit maßgebend. In den letzten zwei Jahren wurden vielfältige Projekte, Maßnahmen, etc. durch die Bundesanstalt für Arbeit in Zusammenarbeit mit den unterschiedlichsten Institutionen auf den Weg gebracht, die eine schnelle und nachhaltige Integration der Flüchtlinge in Arbeit sicherstellen sollen.

 

 

Maßnahmen für Asylbewerber mit einer hohen Bleibeperspektive

 

Im September 2015 wurde im Rhein-Kreis Neuss von der Bundesanstalt für Arbeit das Programm  „Gelingendes Ankommen“ initiiert. Durch eine gute Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Schnittstellen wie z.B. Kommunen, Verbänden, Kammern, Trägern sowie der BA bzw. den Jobcentern sollte ein schnellerer Datenaustausch und somit eine schnellere Integration der im Rhein-Kreis Neuss zugewiesenen Flüchtlinge erreicht werden.

 

Im Zeitraum von September bis Dezember 2015 wurden in Zusammenarbeit mit den Kommunen, der BA und dem Rhein-Kreis Neuss (vertreten durch die gemeinnützige Beschäftigungsgesellschaft –bfg) Informationsveranstaltungen mit mehr als 400 von 600 eingeladenen Asylbewerbern aus den Ländern mit einer hohen Bleibeperspektive -Syrien, Irak, Iran und Eritrea- durchgeführt. Dabei wurden die Teilnehmer über den deutschen Arbeitsmarkt und das Angebot an Einstiegskursen der BA bzw. des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) informiert und die beratungsrelevanten persönlichen Daten zur Vor- und Ausbildung und beruflichen Erfahrungen mittels Dolmetschern erhoben. In Meerbusch wurden zu dieser Veranstaltung im November 2015 rd. 110 Personen eingeladen. Die Teilnehmerquote lag bei ca. 55 Prozent.

Im Anschluss an die Informationsveranstaltungen hat ein Großteil dieser Flüchtlinge an Deutschkursen der BA nach § 421 SGB III teilgenommen.

 

Die ermittelten persönlichen ausbildungsrelevanten Daten wurden in den Anfang 2016 geschaffenen Integration Points gebündelt und dort erfolgten anknüpfend individuelle Beratungen und arbeitsmarktliche Standortbestimmungen zur schrittweisen Heranführung an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt über verschiedene Förderangebote.

 

Im Rahmen eines regelmäßigen Datenabgleiches zwischen dem Rhein-Kreis Neuss, den Kommunen und den Integration Points werden seither die neu zugewiesenen Flüchtlinge mit dem Ziel erfasst, die Flüchtlinge so schnell wie möglich in Sprachkurse und berufsbegleitende Maßnahmen zu bringen. In der ersten Hälfte des Jahres 2017 plant die BA weitere Informationsveranstaltungen für Flüchtlinge mit hoher Bleibeperspektive in den Kommunen durchzuführen.

 

Der Rotary Club Meerbusch-Büderich engagiert sich bereits seit 2 Jahren im Bereich der beruflichen Qualifizierung von Flüchtlingen. In Zusammenarbeit mit der Verwaltung bzw. den sozialpädagogischen Fachkräften wollen sie ausgewählte Asylbewerber mit einer hohen Bleibeperspektive fördern, um sie in den Wirtschaftskreislauf zu integrieren. Den ausgewählten Kandidaten wird ein Mentor zur Seite gestellt, der einen individuellen Entwicklungsplan für den Flüchtling erstellt. Durch Finanzierung und Initiierung von Sprach- und Ausbildungskursen sollen die Flüchtlinge an eine Ausbildungs- bzw. eine Arbeitsstelle bei lokalen Wirtschaftsunternehmen herangeführt werden. So konnten im Jahr 2015 bereits sechs Flüchtlinge dauerhaft in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis integriert werden. Für Januar 2017 sind weitere Assessmentgespräche mit fünf ausgewählten Flüchtlingen terminiert.

 

 

Maßnahmen für Asylbewerber ohne hohe Bleibeperspektive

 

Aufgrund des im August 2016 erlassenen Integrationsgesetzes wurde der § 5 a in das Asylbewerber-leistungsgesetz (AsylbLG) aufgenommen, der die Schaffung neuer Arbeitsgelegenheiten, sogenannter Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen (FIM), regelt.

Für Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) - mit Ausnahme von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern aus sicheren Herkunftsstaaten, Inhabern von Duldungen, sowie von vollziehbar ausreisepflichtigen Personen - werden zusätzliche Arbeitsgelegenheiten aus Bundesmitteln (Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen) geschaffen. Ziele des Arbeitsmarktprogrammes sind eine niedrigschwellige Heranführung an den deutschen Arbeitsmarkt sowie das Angebot einer sinnvollen und gemeinnützigen Betätigung während des Asylverfahrens. Die im Rahmen der Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen geschaffenen Arbeitsgelegenheiten begründen keine Beschäftigungs- oder Arbeitsverhältnisse. Die Bundesregierung fördert im Rahmen dieses Programms jährlich 100.000 Arbeitsgelegenheiten für Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG mit einer befristeten Laufzeit vom 01. August 2016 bis 31. Dezember 2020.

 

Die Maßnahme selbst dauert bis zu 6 Monate bei einem Umfang von bis zu 30 Wochenstunden und einer Aufwandsentschädigung von 1,50 € pro Stunde.

 

In Zusammenarbeit mit der bfg konnten im Rhein-Kreis Neuss bisher 142 Stellen von der Bundesanstalt für Arbeit als Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen genehmigt werden, ca. 50 % dieser Stellen sind derzeit besetzt. Für Meerbusch sind 2 Stellen bereits genehmigt, 5 weitere Stellen befinden sich noch im Antragsverfahren. Eine der genehmigten Stellen, ein/-e Sozialhelferassistent/-in in einem Altersheim, konnte zeitnah durch einen Flüchtling besetzt werden. Insgesamt können für die Stadt 43 Plätze für externe FIM und 11 Plätze für interne FIM eingerichtet werden, wobei dies die maximal genehmigungsfähige Anzahl ist, die aber aufgrund der derzeitigen Zuwanderungssituation in Meerbusch nicht erreichbar sein wird. Zwischenzeitlich werden weiterhin Daten von infrage kommenden Personen ermittelt, so dass es mittelfristig möglich sein wird, für diese Personen anhand ihrer Qualifikation, ihrer persönlichen Fähigkeiten und ihres Wohnortes deutlich schneller eine passende FIM zu finden.

 

 

Arbeitsgelegenheiten nach § 5 Asylbewerberleistungsgesetz

 

Darüber hinaus können wie bisher noch Arbeitsgelegenheiten nach § 5 AsylbLG eingerichtet werden. Zu diesen Arbeitsgelegenheiten haben alle Asylbewerber in den ersten 15 Monaten ihres Aufenthaltes Zugang. Gemäß § 5 Abs. 2 AsylbLG sollen Asylbewerbern soweit wie möglich Arbeitsgelegenheiten bei staatlichen, bei kommunalen und bei gemeinnützigen Trägern zur Verfügung gestellt werden, sofern die zu leistende Arbeit sonst nicht, nicht in diesem Umfang oder nicht zu diesem Zeitpunkt, verrichtet werden würde, d.h. dass die Asylbewerber nicht zur Erledigung von Arbeiten herangezogen werden dürfen, die ansonsten von normalen Arbeitskräften erledigt werden bzw. aufgrund von Personalmangel nicht im erforderlichen Umfang durchgeführt werden können.

 

Auch diese Arbeitsgelegenheiten begründen weder ein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts noch ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung.

 

Sie sollen zeitlich und räumlich so gestaltet werden, dass sie von den Flüchtlingen stundenweise ausgeführt werden können und zumutbar sind. Vom zeitlichen Umfang her liegen sie noch unter dem der FIM. Die bisher eingerichteten Arbeitsgelegenheiten wurden zumeist von ausreisepflichtigen Asylbewerbern aus sicheren Herkunftsländern wahrgenommen, da sie vielfach von anderen Arbeitsangeboten ausgenommen sind. Durch die Vielzahl der freiwilligen Ausreisen dieses Personenkreises im letzten Jahr ist aktuell nur noch eine Arbeitsgelegenheit besetzt.

 

Ehrenamtliche Unterstützung

 

Ein weiterer Schwerpunkt für eine gelingende Integration von Flüchtlingen, insbesondere auch für eine Integration in Arbeit, ist die Unterstützung der Flüchtlinge durch das große ehrenamtliche Engagement in Meerbusch. Bereits frühzeitig werden die Flüchtlinge beim Erwerb der deutschen Sprache durch niederschwellige Sprachkurse gefördert. Sie finden im Bereich der ehrenamtlichen Unterstützung bei Behördengängen, beim Ausfüllen von Formularen, bei der Erstellung von Bewerbungsunterlagen und vielen anderen Problemen des täglichen Lebens statt. Durch die gute Vernetzung der ehrenamtlichen Community innerhalb Meerbuschs konnte auch hier eine Vermittlung und Begleitung von Flüchtlingen in Praktika, Lehrstellen bzw. Arbeitsstellen auf dem ersten Arbeitsmarkt erreicht werden.

 

 

Fazit und Ausblick

 

Die Vermittlungsquoten in Meerbusch befinden sich auf durchschnittlichem Niveau, welches jedoch aller Ort ausbaufähig ist. Es gilt gerade die Bemühungen um den qualifizierten Sprach-, Schrifterwerb voranzutreiben, um den grundlegenden Anforderungen eines Arbeitnehmers genügen zu können. Arbeitsvermittlung bedeutet bei jedem schwervermittelbaren Arbeitssuchenden vor allem den Abbau von Vermittlungshemmnissen.

 

Mit der Neuschaffung einer Stelle für die Entwicklung der Integrationsaufgaben in Meerbusch wurden die Ressourcen geschaffen, um gezielt Schwerpunktthemen aufzugreifen. Den aktuellen Schwerpunkt setzt die Verwaltung in der Integration in/durch Arbeit in der strukturellen Vernetzung, um daraus tatsächliche Vermittlungen generieren zu können. Allerdings muss auch gesehen werden, dass der größte Teil der nach Meerbusch zugewiesenen Flüchtlinge in einer größeren Zahl Ende 2015 bzw. in der zweiten Hälfte 2016 nach Meerbusch gekommen ist und wir einen eher langjährigen Prozess vor uns haben.

 

 


In Vertretung

 

gez.

 

Frank Maatz

Erster Beigeordneter