Betreff
Bericht zur Arbeit der Städt. Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern
Vorlage
FB2/0126/2016
Art
Informationsvorlage

 

 

Die Städtische Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern beschäftigt Fachkräfte der Richtungen Psychologie, Sozialarbeit und Sozialpädagogik, die über unterschiedliche therapeutische und beraterische Zusatzqualifikationen verfügen und somit des gesetzlichen Anspruchs (§28 SGB VIII) der Multiprofessionalität gerecht werden. Die Beratungsstelle verfügt in 2017 über 3,47 vollzeitäquivalente Stellen.

 

Der Beratungsauftrag der Beratungsstelle ergibt sich aus den Paragraphen 16, 17, 18 und 28 (41) Sozialgesetzbuch (SGB) VIII.

 

§ 16 SGB VIII      Allgemeine Förderung der Erziehung

§ 17 SGB VIII      Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung und Scheidung

§ 18 SGB VIII      Beratung und Unterstützung bei der Ausübung der Personensorge und des Umgangsrechts

§ 28 SGB VIII      Erziehungsberatung (§ 41 SGB VIII Hilfe für junge Volljährige, Nachbetreuung)

 

 

Erziehungsberatung

 

Die Beratungsstelle ist in Meerbusch gut etabliert und wird von allen Bevölkerungsschichten in Anspruch genommen. Im Jahr 2015 wurden insgesamt 306 Familien bzw. Teilfamilien beraten (306 „Fälle“). Die Bezeichnung „Fall“ beinhaltet das ganze Spektrum, angefangen von der Beratung einer einzelnen Person (ein Elternteil, ein Jugendlicher) über die Beratung von Teilfamilien, ganzer Familien bis hin zu sehr umfangreichen Betreuungen, in denen sich all diese Beratungsformen, zum Teil durch Gruppenangebote für Kinder ergänzt, wiederfinden. 176 neue Familien wurden 2015 in die Beratung aufgenommen. 183 Fälle wurden abgeschlossen, dabei wurden 172 Fälle gemäß der festgelegten Beratungsziele beendet. Bei 11 Familien wurde die Beratung abweichend von den Beratungszielen beendet z. B. durch Umzug der Familie oder dem Abbruch durch ein Familienmitglied etc.

 

Abb. 1: Fälle im Jahr 2015

 

 

 

Neuanmeldungen

 

Die häufigsten Gründe für die Aufnahme einer Beratung im Jahr 2015 waren Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Trennung und Scheidung, Erziehungsunsicherheiten und Probleme rund um die Pubertät der Kinder.

 

Hinter den Gründen für die Aufnahme einer Beratung verbergen sich teils schnell und einfach zu klärende Fragestellungen (z.B. einfache Erziehungsfragen, Unsicherheiten in Bezug auf die altersgerechte Entwicklung der Kinder, Informationsvermittlung rund um das Thema Trennung und Scheidung), die innerhalb weniger Sitzungen abgeschlossen werden können. Ebenso können es Problemstellungen sein, die eine etwas längere und zeitintensivere Betreuung nötig machen, wie z. B. länger andauernde und tiefer liegende Konflikte in der Familie, eskalierte Konflikte bei Trennungen, Entwicklungsverzögerungen bei Kindern. Hinter zunächst einfach erscheinenden Anmeldegründen verbergen sich wiederum sehr komplexe und in der Bearbeitung zeitintensive Probleme, die eine länger angelegte Betreuung notwendig machen. Gerade bei psychischen Erkrankungen eines oder mehrerer Familienmitglieder  in  hochstrittigen Trennungs- und Scheidungskonflikten und bei sogenannten Multi-Problem-Familien mit wenig Ressourcen ist dies häufig der Fall.

 

Sehr erfreulich ist es, dass die im Jahr 2015 neu angemeldeten Familien innerhalb relativ kurzer Zeit einen ersten Gesprächstermin erhielten. In 113 (64%) Fällen konnte ein erster Gesprächstermin innerhalb von 14 Tagen, in 51 (29%) Fällen innerhalb eines Monats angeboten werden. Bei besonderer Dringlichkeit wurden sofort Termine angeboten. Längere Wartezeiten entstanden hingegen leider für die Gruppenangebote.

 

 

Abgeschlossene Fälle

 

Der Anteil von Familien in Trennungs- und Scheidungssituation bzw. von Alleinerziehenden lag im Jahr 2015 bei 45% und damit gleichbleibend auf einem sehr hohen Niveau. Die betroffenen Familien bringen häufig vielfältige Belastungen und komplexe Problemlagen mit sich.

 

 

 

 

Abb. 2: Familiensituation bei abgeschlossenen Fällen

 

 

Ein großer Teil der Beratungen erfolgte über eine Dauer von bis zu 5 Beratungsterminen (134), bei anderen erstreckte sich die Beratung über einen Umfang von bis zu 30 Terminen (48), bei einer Familie wurden über 30 Termine benötigt. Zeitlich liegen die Beratungen bei einer Dauer von unter 3 Monaten (106) bis hin zu mehr als 24 Monaten (4).

Insgesamt 66 Mal erfolgte eine Zusammenarbeit der Beratungsstelle mit anderen Institutionen, überwiegend mit Schulen, Kindertageseinrichtungen, Ärzten und Psychotherapeuten, aber auch mit diversen anderen Einrichtungen (z.B. Gesundheitsamt, Frauenhaus etc.).

 

 

Angaben über die Person der jungen Menschen, derentwegen die Beratung erfolgt

 

Die 183 abgeschlossenen Beratungen teilten sich in 112 männliche und 71 weibliche junge Menschen auf. Dabei stellte sich die Altersverteilung wie folgt dar:

 

Abb. 3: Verteilung nach Alter und Geschlecht

 

 

61% der jungen Menschen, wegen derer eine abgeschlossene Beratung durchgeführt wurde, sind männlichen Geschlechts.

 

Bei 46 Familien (25 %) liegt ein Migrationshintergrund bei einem oder beiden Elternteilen vor, 22 dieser Familien sprechen zu Hause vorrangig ihre eigene Muttersprache. 11 (6%) der Familien leben überwiegend von Sozialleistungen. 2015 wurden 2 Regenbogenfamilien beraten, also  Kinder, die bei zwei gleichgeschlechtlichen Partnern leben.

 

Bei der Betrachtung der Bildungs- und Berufssituation der Kinder/Jugendlichen oder jungen Erwachsenen wird deutlich, dass die Angebote der Beratungsstelle von allen Bereichen gleichmäßig wahrgenommen werden.

 

 Abb. 4: Bildungs-/Berufssituation der jungen Menschen

 

 

Diese Zahlen zeigen, dass die Angebote der Beratungsstelle alle Meerbuscher BürgerInnen, unabhängig von ethnischer Zugehörigkeit, Grad der Bildung, Höhe des Einkommens oder sexueller Orientierung, erreichen. Die Beratung von Bürgern, die aus körperlichen Gründen in der Beratungsstelle keine Termine wahrnehmen können, erfolgt in Hausbesuchen, weil die Beratungsstelle nicht barrierefrei ist.

 

 

Gruppenangebote

 

Zurzeit finden zwei Psychodrama-Gruppen für Kinder regelmäßig statt. Eine Gruppe ist für Kinder im ersten oder zweiten, die andere für Kinder vom dritten bis fünften Schuljahr. In diesen Gruppen finden die Kinder, mit Unterstützung zweier Gruppenleiter, im gemeinsamen Rollenspiel Lösungen für ihre Probleme. So können sie (soziale) Ängste überwinden, ihre Kompetenzen im Bereich der Konfliktbewältigung verbessern und lernen, eigene Bedürfnisse wahrzunehmen, zu äußern und nach außen zu vertreten. Im Spiel können neue Rollen und Verhaltensweisen ausprobiert und im geschützten Rahmen eingeübt werden. Das Rollenspiel unter therapeutischer Leitung ermöglicht den Kindern in vielen Fällen, einen Zugang zu bislang verdrängten Gefühlen zu erlangen und diese, genauso wie belastende Konflikte, im Spiel auszudrücken, so dass eine weitere Bearbeitung möglich wird. Daneben dient die Gruppe der Diagnostik, da Kinder im Kontakt mit Gleichaltrigen ein anderes Verhalten zeigen, als im Einzelkontakt mit einem Erwachsenen, so dass wichtige Erkenntnisse das Sozialverhalten der Kinder betreffend, gewonnen werden können. Begleitet wird die Teilnahme der Kinder an einer Psychodrama-Gruppe von regelmäßiger Elternarbeit. So werden die in der Gruppe gewonnen Erkenntnisse genutzt und ein Transfer der Effekte der Gruppenarbeit in den Alltag gewährleistet. Im Jahr 2015  nahmen 16 Kinder an den beiden Psychodrama-Gruppen teil.

 

Seit Januar 2016 bietet die Beratungsstelle eine Gruppe für Mädchen im Alter von 13 – 16  Jahren an, die selbstbewusster werden wollen. In insgesamt 10 Terminen erarbeiten die Mädchen unter Anleitung, wie sie problematische Situationen sicherer bewältigen und mit weniger Ängsten durch den Alltag gehen können. Die ersten Erfahrungen mit diesem Gruppenangebot sind positiv, die Mädchen haben ihre zu erwartenden Startschwierigkeiten erfolgreich gemeistert und nehmen das Angebot gut an. Sie beteiligen sich aktiv und sind sehr offen, so dass sie den sicheren Rahmen der Gruppe als Selbsterfahrungs- und Übungselement gut nutzen können.

 

 

Angebote der Beratungsstelle in verschiedenen Familienzentren

 

Im Jahr 2015 hat die Beratungsstelle im Rahmen von Kooperationsvereinbarungen mit Familienzentren 30 Sprechstunden (insgesamt 49 Stunden) vor Ort durchgeführt. Diese Sprechstunden stehen sowohl den Eltern der jeweiligen Kinder der Familienzentren als auch allen Eltern des entsprechenden Sozialraumes offen. 26 Mal wurden Fachkräfte in den Familienzentren beraten (42 Stunden). Im Jahr 2015 wurde im Rahmen der Kooperationsvereinbarung eine Informationsveranstaltung für Eltern durchgeführt.

 

 

Angebote der Beratungsstelle in anderen Einrichtungen, Gremienarbeit, Veranstaltungen für Erzieher/Innen, Eltern und sonstige Fachkräfte

 

Im Jahr 2015 standen Mitarbeiter der Beratungsstelle bei fünf Elternsprechtagen bzw. Elternabenden in verschiedenen Schulen für Beratungen zur Verfügung.

 

Die Beratungsstelle wirkt in unterschiedlichen Arbeitskreisen und Gremien mit. Dieses Engagement dient dazu, psychosoziale Unterstützungsangebote für Familien, Kinder und Jugendliche weiter zu entwickeln und zu verbessern. Beispiele für die Vernetzungsarbeit ist die Mitwirkung bei „runden Tischen“ zum Thema Kindergesundheit, bei Arbeitskreisen der Leitungen kommunaler oder regional organisierter Beratungsstellen, Teilnahme an Arbeitskreisen der Kitas sowie Entwicklung von möglichen Kooperationen mit anderen psychosozialen Einrichtungen zur Verbesserung der regionalen Angebotslage. Im Jahr 2015 nahmen Mitarbeiter der Beratungsstelle bei insgesamt 27 Treffen teil.

 

Für ErzieherInnen wurden zwei Fortbildungs- bzw. Informationsveranstaltungen mit insgesamt 17 TeilnehmerInnen durchgeführt. 18 MitarbeiterInnen der Offenen Ganztagsschule (OGS) wurden bei einer Veranstaltung im Bereich des Sozialen Trainings geschult. Für Eltern wurden im Jahr 2015 insgesamt 6 Informationsveranstaltungen angeboten, insgesamt nahmen 237 Eltern an den Angeboten teil.

 

Auch im Jahr 2015 suchten Fachkräfte aus den Meerbuscher Schulen und Kindertageseinrichtungen (nicht Familienzentren) fachliche Unterstützung in der Beratungsstelle, insgesamt wurden 13 LehrerInnen und 49 ErzieherInnen beraten.

 

 

Prävention

 

Seit 1998 liegt ein Schwerpunkt der präventiven Tätigkeiten der Beratungsstelle darin, Kinder in ihrem Sozialverhalten zu fördern. Defizite im Sozialverhalten führen meist in der Schule zu den ersten Belastungen. Durch frühzeitige Angebote kann noch eher mit geringem Aufwand ein gutes Ergebnis erzielt werden. Später sind häufig längerfristige und wesentlich intensivere Betreuungsformen nötig, um ein gleichwertiges Ergebnis zu erzielen. Daher wurde von der Beratungsstelle ein Training der Sozialen Kompetenz erstellt, sowohl für die ersten und zweiten als auch für die dritten und vierten Klassen. Im Laufe der Jahre wurde das Training für die erste und zweite Klasse in den Grundschulen vorgestellt und sowohl Lehrern als auch Mitarbeitern des Offenen Ganztages in der Umsetzung des Trainings geschult. Inzwischen wurde das Training der Sozialen Kompetenz als wesentlicher Kompetenzbereich in der Arbeit der OGS festgelegt, an jeder Grundschule gibt es eine OGS-Mitarbeiterin, die als „Fachkraft“ für diesen Bereich fungiert. Diese erfolgreiche Präventionsarbeit soll in den nächsten Jahren weitergeführt werden. Die Beratungsstelle steht weiterhin als Ansprechpartner für alle Lehrer und Mitarbeiter der OGS zur Verfügung. Eine weitere Schulung von Mitarbeitern, insbesondere für die Umsetzung des Trainings für die dritte und vierte Klasse, ist geplant, konnte aber aufgrund zeitlicher Engpässe bisher nicht umgesetzt werden.

 

Nach wie vor taucht im Rahmen der Beratungen häufig das Phänomen „Mobbing“ auf, das meistens eine große Belastung für das betroffene Kind und seine Familie darstellt. Immer häufiger erfolgt das Mobbing auch als „Cybermobbing“. Neben einer tendenziell inflationären Verwendung des Begriffes Mobbing ist ein Anstieg der Fallzahlen und eine Zunahme der Belastung bei den Betroffenen festzustellen.

 

In den letzten Jahren ist das Thema sowohl in der öffentlichen Wahrnehmung als auch in der alltäglichen Arbeit der EB zunehmend präsent. Ein sehr wirkungsvoller Ansatz zur Beendigung von Mobbingprozessen unter Schülerinnen und Schülern ist der „No Blame Approach“. Dieser Ansatz verzichtet auf das klassische System von Beschuldigung und Bestrafung, das in vielen Fällen eher zur Stabilisierung oder sogar zur Verschlimmerung der Situation führt. Stattdessen basiert der Ansatz auf den Ressourcen der Kinder und Jugendlichen und ist auf Lösung fokussiert.

„Die Quote bei der Auflösung von Mobbing liegt laut Evaluation von 2008 bei mehr als 85 Prozent.“ (Quelle: www.no-blame-approach.de 12.08.2013)

 

Der No Blame Approach wurde von einer Mitarbeiterin der Beratungsstelle dem Kollegium der Eichendorffschule, interessierten Lehrern des Meerbusch-Gymnasiums und den Teilnehmern des AKs weiterführende Schule vorgestellt mit dem Ziel, die Lehrer zu motivieren, an einer Fortbildung in diesem Ansatz teilzunehmen. Mit ein bis zwei im No Blame Approach ausgebildeten Fachkräften (Lehrer, Sozialarbeiter, Mitarbeiter der OGS) an jeder Schule könnten Mobbingprozesse an den Schulen schnell, wirkungsvoll und eigenständig gestoppt werden.

Inzwischen haben 19 Lehrerinnen an einer Fortbildung teilgenommen. Zur Zeit ist geplant, dass der Ansatz an allen Grund- und weiterführenden Schulen vorgestellt wird, zeitliche Gründe verhindern im Moment die Umsetzung. Auch hier ist das angestrebte Ziel, dass an jeder Schule Lehrerinnen, SchulsozialarbeiterInnen oder OGS-MitarbeiterInnen in dem Ansatz ausgebildet werden.

 

Darüber hinaus steht die EB als Ansprechpartner für die Schulen zur Verfügung und führt den Ansatz für betroffene Kinder, die in der EB Hilfe suchen, mit Unterstützung der Lehrer an den jeweiligen Schulen durch.

 

 

Ausblick

 

Erziehungsberatung

 

Im Bereich der Kernaufgabe der Beratungsarbeit haben in den letzten Jahren die komplexen Fälle zugenommen, die eine zeitintensive, fachlich sehr anspruchsvolle und emotional belastende Arbeit notwendig machen. Einerseits liegt das in dem im Vergleich zu den Vorjahren noch gestiegenen Anteil an Familien, vor, in und nach Trennung und Scheidung, begründet. Andererseits leiden zunehmend mehr Menschen an einer psychischen Erkrankung. Nach neuen Ergebnissen erkrankt jeder dritte Bürger innerhalb eines Jahres an einer psychischen Erkrankung, etwa jedes fünfte Kind ist, lt. einer Pressemitteilung der Bundespsychotherapeutenkammer, betroffen. Teilweise kann diese Zunahme dadurch erklärt werden, dass durch eine verbesserte Diagnostik psychische Erkrankungen häufiger erkannt werden. Des Weiteren scheint eine erhöhte Stressbelastung zu einer Zunahme psychischer Erkrankungen zu führen. Diese Zunahme hat Auswirkungen auf die Beratungsarbeit. Nicht immer ist den Betroffenen bewusst, dass sie psychisch erkrankt sind. Hier besteht die Aufgabe der Beratungsstelle darin, Einsicht in die Erkrankung zu erwecken. Auch wenn die Behandlung psychischer Erkrankungen durch das Gesundheitssystem abgedeckt wird, gehört es zur Tätigkeit der Beratungsstelle, die durch die Erkrankung bedingten Konflikte und Schwierigkeiten im Familienleben zu thematisieren und Lösungsmöglichkeiten zu erarbeiten. Auch leistet die Beratungsstelle einen großen Teil der Arbeit, bei den Betroffenen Therapiemotivation herzustellen und übernimmt die Begleitung, bis ein Therapieplatz gefunden ist (Wartezeiten bei niedergelassenen Therapeuten liegen bei 3 bis 18 Monaten).

 

Seit 2013 stehen 27 Stunden pro Woche für die Beratung durch eine Psychologin hierfür zur Verfügung, wobei hierin auch die Leitungstätigkeit zu leisten ist bei zunehmendem Beratungsaufkommen.

 

Für die Zukunft kann davon ausgegangen werden, dass der Anteil an hochkomplexen Fällen und Fällen mit psychischen Erkrankungen auf diesem hohen Niveau bestehen bleibt. In absehbarer Zeit werden auch Flüchtlingsfamilien die Dienste der Beratungsstelle in Anspruch nehmen. Vor dem Hintergrund der bei vielen Flüchtlingen vorliegenden Traumatisierungen muss damit gerechnet werden, dass in diesem Bereich auch auf die Mitarbeiter der Beratungsstelle eine schwierige Aufgabe zukommt. Bei den zu erwartenden Traumafolgestörungen (z.B. posttraumatische Belastungsstörung, dissoziative Störungen etc.) benötigt dieses Klientel zunächst eine stabilisierende Arbeit. Im Anschluss an die stabilisierende Arbeit ist unter Umständen eine Traumatherapie notwendig, die durch einen niedergelassenen ärztlichen oder psychologischen Psychotherapeuten bzw. eine Klinik mit entsprechenden Angeboten durchgeführt werden kann.

 

 

Gruppenarbeit

 

In Meerbusch gibt es außer den Angeboten der Beratungsstelle keine soziale Gruppenarbeit. Somit ist das Vorhalten der beiden Psychodrama-Gruppen und wechselnder sonstiger Gruppen (Selbstsicherheit Mädchen, Gruppe für Kinder aus Trennungs- und Scheidungsfamilien, Konzentrationstraining etc.) unbedingt nötig. Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Zunahme von Schülern mit Fluchthintergrund werden die Gruppen eine noch größere Bedeutung gewinnen. Eine ggf. wünschenswerte Aufstockung der Gruppen wäre allerdings mit dem bestehenden Personal nicht umsetzbar.

 

 

Fachliche Unterstützung von Lehrern, Erziehern und in der Flüchtlingsarbeit tätigen Ehrenamtlern

 

Die Unterstützung von Fachkräften soll weiterhin auf Anfrage geleistet werden. Auch hier ist davon auszugehen, dass mit zunehmender Anzahl von Flüchtlingskindern in Kindertagesstätten und Schulen auch der Unterstützungsbedarf bei den Fachkräften steigen wird. In jeder Einrichtung werden sich auf Dauer Fragen und Unsicherheiten ergeben, die geklärt werden müssen. Um allen Anfragen gerecht werden zu können, bieten sich Gruppensupervisionen bzw. Fallbesprechungen / Coaching in der Gruppe an, in denen mehrere Lehrer oder Erzieher in der Beratungsstelle bzw. bei Anfragen mehrerer Mitarbeiter aus einer Einrichtung auch vor Ort gemeinsam mit einer Fachkraft der Beratungsstelle nach Lösungen suchen.

 

Für die ehrenamtlich tätigen Helfer wird im April oder Mai 2016 ein Vortrag zum Thema Flucht und Trauma angeboten.

 

 

Prävention

 

Neben den bereits beschriebenen noch ausstehenden Aufgaben im Bereich des Sozialen Trainings sowie des Mobbings wird eine Aufgabe darin bestehen, die Kinder mit Fluchterfahrung gut in  Schulen oder Kindertagesstätten zu integrieren.

 

Die in nächster Zeit in die bestehenden Gruppen der Kindertagesstätten sowie die Regelklassen zu integrierenden Flüchtlingskinder bringen wenige bis gar keine Sprach- oder kulturspezifische Kenntnisse mit. Auch die Eltern verfügen häufig über wenig oder kein Wissen über die spezifischen Anforderungen in der Kita oder Schule, über unausgesprochene Regeln sowie erwünschte und unerwünschte Verhaltensweisen. Weiter kann davon ausgegangen werden, dass die Kinder zunächst durch ihren Erfahrungen vor, während und nach der Flucht noch stark belastet sind. Eventuell entwickeln sich posttraumatische Störungen, die mit ihren oft nicht vorhersehbaren und schwer verständlichen Verhaltensweisen (Impulsdurchbrüche, Ängste, Rückzug, Erstarrung etc.) für die Fachkräfte eine große Herausforderung darstellen. Hier ist es wichtig, dass die Fachkräfte über ein entsprechendes Wissen den pädagogischen Umgang mit Kindern mit Traumatisierungen betreffend verfügen. Entsprechende Fortbildungen werden von vielen Anbietern vorgehalten, können auf Wunsch auch durch die Beratungsstelle nach entsprechender Bereitstellung zusätzlicher Stunden angeboten werden.

 

Schulen können Kindern mit Fluchterfahrung einen sicheren Rahmen bieten, einen Ort schaffen, an dem die betroffenen Kinder Sicherheit, klare Regeln und Vorhersagbarkeit erleben können. In diesem Rahmen können die Kinder belastbare Beziehungen eingehen. Ein solcher sicherer Rahmen in Verbindung mit belastbaren Beziehungen und einer wertschätzenden Haltung den Kindern gegenüber etabliert ein korrigierendes Gewicht gegen die Erfahrungen der Flucht, die meistens geprägt sind von Unsicherheiten, Beziehungsabbrüche, Strukturverlust und Hilflosigkeit.

 

Um die Integration der Kinder in den Schulen zu unterstützen, wäre ein Soziales Training mit Schwerpunkten auf den Bereichen Kooperation, Kommunikation, Abbau von Vorurteilen, Kennenlernen und Akzeptanz eigener Stärken und Schwächen sowie der Stärken und Schwächen anderer, durchgeführt in allen Grundschulen, denkbar. Das bereits vorliegende Training der Sozialen Kompetenz wäre entsprechend anzupassen. Dabei würde das modifizierte Training der Sozialen Kompetenz einerseits dazu dienen, den Flüchtlingskindern, die in der Schule und allgemein in unserem Kulturkreis geltenden expliziten und impliziten sozialen Normen (z. B. Blickkontakt, Begrüßung, Nähe und Distanz etc.) zu vermitteln und einen Rahmen zur Übung zu bieten. Andererseits dient es auch dazu, die bestehenden Schulklassen ebenfalls in diesem Bereich zu sensibilisieren, Vorurteile und Ängste auf beiden Seiten abzubauen und ein gutes Klima in der Schule zu schaffen, in dem neue Schüler frei von Vorurteilen aufgenommen werden können.

 

Die komplexen und zeitaufwändigen Beratungen mit Familien in Trennungs- und Scheidungssituationen und die Zunahme der Beratung psychisch Erkrankter werden weiterhin einen anhaltend hohen Beratungsbedarf ergeben.

 


In Vertretung

 

gez.

 

Frank Maatz

Erster Beigeordneter