Beschlussvorschlag:
Der Jugendhilfeausschuss
beauftragt die Verwaltung, die Vereinbarung mit dem Verein „Tagesmütter e.V.“ über
die Wahrnehmung von Aufgaben der Kindertagespflege gem. § 23 SGB VIII mit
Ausscheiden der Fachkraft zum 30.06.2015 zu kündigen, um die Aufgaben im
Jugendamt wahrzunehmen.
Sachverhalt:
Mit
Inkrafttreten des Gesetzes zum qualitätsorientierten und bedarfsgerechten
Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder (Tagesbetreuungsausbaugesetz – TAG) zum
01.01.2005 und des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe
(KICK) zum 01.10.2005 ist das SGB VIII novelliert worden. Dabei wurden
Funktion, Qualität und Wertigkeit der Kindertagespflege neu definiert. Der
gesetzliche Auftrag umfasst die Erziehung, Bildung und Betreuung des Kindes.
Die Qualifizierung der Frauen und Männer, die als Tagespflegepersonen arbeiten
oder zukünftig arbeiten möchten, stellt daher eine unabdingbare Voraussetzung
für diese Tätigkeit dar.
Dies bekräftigt das Gesetz zur frühen Bildung und
Förderung von Kindern (KiBiz) vom 30.10.2007, welches einen Schwerpunkt auf die
Kindertagespflege als gleichwertige Alternative zu den Kindertageseinrichtungen
legt.
Die Kindertagespflege ist eine
familiennahe und familienähnliche Form der Kinderbetreuung, bei der
individuelle Bedürfnisse der Kleinstkinder unter drei Jahren besonders
berücksichtigt werden können. Daher ist sie für Familien mit sehr jungen Kindern
immer wieder die erste Wahl bei der Suche nach einem guten Betreuungsangebot.
Im Einzelfall ist es auch möglich, dieses Angebot ergänzend zu einer
Tageseinrichtung zu nutzen.
Kindertagespflege ist heute eine gesetzlich
anerkannte Betreuungsform und neben den Kindertageseinrichtungen ein
gleichrangiges Betreuungsangebot. Dies bedeutet: Eltern können zwischen den
verschiedenen Betreuungsformen diejenige auswählen, die ihren Bedürfnissen und
insbesondere den Bedürfnissen ihres Kindes am besten entspricht.
Das Jugendamt als öffentlicher Träger der
Jugendhilfe hat die Verpflichtung, ein an den Bedarfen von Eltern und den
Bedürfnissen von Kindern ausgerichtetes Angebot in der Kindertagespflege in
sowohl quantitativer als auch qualitativer Hinsicht zu gewährleisten und damit
den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz im Einzelfall zu erfüllen.
In den meisten Kommunen werden die Aufgaben
in der Tagespflege, so auch bei den anderen Kommunen im Rhein-Kreis Neuss, vom
Jugendamt wahrgenommen.
In
Meerbusch wurde im Jahr 2000 der Verein „Tagesmütter e.V.“ mit Aufgaben in der
Kindertagespflege nach § 23 SGB VIII per Delegation durch die Stadt Meerbusch
beauftragt. Im Rahmen der Vereinbarung vom 25.02.2000 übernahm der Verein,
durch Anstellung einer hauptamtlichen Fachkraft, die Aufgabe der Vermittlung
und Beratung der Tagespflegepersonen und der Sorgeberechtigten sowie die
Gewinnung neuer Tagespflegepersonen.
Im
Rahmen seiner Vereinsaufgaben ist der Tagesmütterverein insbesondere an der
Qualifizierung der Tagespflegepersonen und an deren Interessenvertretung
beteiligt. Hat
sich die Tagespflegeperson qualifiziert und verfügt über kindgerechte
Räumlichkeiten, erhält sie die Pflegeerlaubnis durch das Jugendamt. Diese
Erlaubnis gestattet nach § 43 SGB VIII die Betreuung von bis zu fünf fremden
Kindern und ist auf fünf Jahre befristet. Nach Ablauf kann eine neue
Pflegeerlaubnis beim Jugendamt beantragt werden.
Mit
den wachsenden Bedarfen hinsichtlich der Betreuung für Kinder in Tagespflege
hat die Zahl der Beratungen und Vermittlungen in Tagespflege erheblich
zugenommen.
Anzahl der Tagespflegepersonen/Tagespflegeplätze von 2007 - 2014 |
|||||||
2007 |
2008 |
2009 |
2010 |
2011 |
2012 |
2013 |
2014 |
42/98 |
44/150 |
53/148 |
58/166 |
73/168 |
73/179 |
71/188 |
70/194 |
Um
der zunehmenden Nachfrage in bewährter Qualität gerecht werden zu können, war
es aus Sicht der Verwaltung des Jugendamtes und des Freien Trägers
erforderlich, neben der Erlaubniserteilung auch die Vermittlungs- und
Beratungstätigkeiten im Jugendamt zu erledigen. Insbesondere sollte hierdurch
eine verbesserte Erreichbarkeit und Handlungsfähigkeit in
Vertretungssituationen erreicht werden. Daher werden die pädagogischen Aufgaben
seit 2011 von Frau Losch-Engler (22 Std/Wo) als Mitarbeiterin des „Tagesmütter
e.V.“ und von Frau Knechten (39 Std/Wo) als städtische Mitarbeiterin
ausgeführt.
Entsprechend
der Vereinbarung werden dem Träger die nachgewiesenen Personalkosten der
Fachkraft zu 100% und die sonstigen Kosten mit einem Festbetrag von 8.500 €
erstattet. Im Jahr 2014 wurde ein Gesamtzuschuss von 38.467 € ausgezahlt.
Wenngleich
die Kooperation mit dem Tagesmütterverein in der Vergangenheit zu einem guten
Arbeitsergebnis geführt hat, können wünschenswerte Synergien und Anforderungen
an die Kindertagespflege in dieser Trägerkonstellation nur eingeschränkt
realisiert werden.
Für eine künftige
Vermittlung und Beratung aus einer Hand spricht aus Sicht der Verwaltung:
·
Die
Eltern melden sich ohnehin im Jugendamt, wenn sie einen Betreuungsbedarf haben;
damit ist der Erstkontakt hergestellt. Die Weitervermittlung an den freien
Träger wird als eher kritisch empfunden.
·
Die
von den Eltern gewünschte verbindliche ständige Erreichbarkeit wie in der
Verwaltung kann der Verein ohne zusätzliches Personal nicht leisten, da die
pädagogische Fachkraft überwiegend Termine außer Haus wahrnimmt und in diesen
Zeiten i. d. R. das Büro nicht besetzt ist.
·
Der Austausch und die Absprachen zwischen den Fachkräften
verlangt sehr hohen organisatorischen und zeitlichen Aufwand und wird dennoch
häufig als unzureichend empfunden.
·
Die
Fallbearbeitung im Jugendamt erfolgt softwareunterstützt. Die Nutzung
gemeinsamer Daten auf den ITK Servern ist jedoch datenschutzrechtlich
problematisch.
·
Die
Vermittlung und Beratung verlangt vor dem Hintergrund eines einklagbaren
Rechtsanspruchs immer häufiger einen nachweisbaren rechtssicheren
Verwaltungsakt.
·
Die
Absprachen pädagogischer Belange und wirtschaftlicher Bearbeitung
durch kurze Wege oder informellen Austausch wären für alle Fälle
möglich.
·
Die
Eltern erwarten bei ihrer Anfrage auch die Übersicht über die Platzvergabe in
den Kindertageseinrichtungen.
·
Die
schnellere Anpassung der Bedarfe und Kontrolle durch interne Steuerung wäre
möglich.
In
den Jahren bis 2007 spielte die Kindertagespflege in der Realisierung von
Betreuungsbedarfen eine sehr untergeordnete Rolle. Erst mit dem Ziel der
Vereinbarkeit von Familie und Beruf und zuletzt mit den Rechtsansprüchen für
Kinder unter drei Jahren, unabhängig von der Berufstätigkeit der Eltern, hat
die Nachfrage und die Bedeutung erheblich zugenommen.
Der
gegebene Vermittlungsdruck und der administrative Aufwand stellen immer höhere
fachliche und personelle Anforderungen an die in diesen Bereich tätigen Akteure
und Institutionen. Der Tagesmütterverein
kann nachvollziehbar nur im Rahmen seiner Möglichkeiten als sehr kleiner
Träger auf neue Anforderungen reagieren. Den Anforderungen seitens des
Jugendamtes in den dargestellten Punkten vermag der Träger nur nachzukommen,
wenn zusätzliche Mittel der Stadt bereitgestellt werden. Sowohl die
Vollfinanzierung der Personalkosten als auch die Sachkostenzuschüsse sind allerdings
im Vergleich zu anderen, für die Stadt tätigen, freien Trägern schon jetzt hoch
bemessen.
Am
26.11.2014 hatte der Verein die Verwaltung davon in Kenntnis gesetzt, dass die
derzeitige Fachkraft voraussichtlich zum 30.06.2015 ausscheiden werde, über die
weitere Vorgehensweise sollte eine Mitgliederversammlung entscheiden. Auf
telefonische Nachfrage seitens der Verwaltung hat Frau Losch-Engler am
18.02.2015 für den Verein erklärt, dass sich die Mitgliederversammlung am
11.02.2015 für eine Fortsetzung der Kooperation mit der Stadt ausgesprochen
habe. Der Verein ist über die kritische Sicht im Hinblick auf eine künftige
Aufgabenübertragung informiert gewesen. In diesem Zusammenhang hat der Verein
die Auffassung vertreten, den wachsenden Anforderungen nur mit zusätzlichen
Ressourcen gerecht werden zu können. (siehe Anhang)
Verwaltungsseitig
wird empfohlen, die Vermittlung der Tagespflegeverhältnisse als Kerngeschäft
komplett im Jugendamt wahrzunehmen.
In
der Vereinbarung besteht bei Ausscheiden der vom Verein gestellten
pädagogischen Fachkraft ein außerordentliches Kündigungsrecht beider
Vertragsparteien. Die Vereinbarung sollte aus Sicht der Verwaltung gekündigt
werden.
Als
Verwaltung würden wir uns freuen, den Verein als Interessenvertreter in der
Tagespflege und im Rahmen der Qualifizierung der Tagespflegepersonen in
Meerbusch als Partner zu behalten.