1 Grundlagen
1.1 Schall, Geräusche und Lärm
Als Lärm werden störende, belästigende oder sogar gesundheitsschädliche
Geräusche bezeichnet. Die Einschätzung, was eine Belästigung durch Lärm
darstellt, ist individuell verschieden. Nach einer Erhebung des
Umweltbundesamtes fühlen sich bundesweit 54% der Befragten durch den
Straßenverkehr gestört oder belästigt, gefolgt von Nachbarschaftslärm mit 42%,
Schienenverkehr (34%), Industrie- und Gewerbe (32%) und Flugverkehr (23%).
Letzterer hat in Meerbusch lokal allerdings eine besondere Bedeutung.
Lärm ist per Definition „störender Schall (Geräusche)“, also eine rein
subjektive Größe, die man nicht direkt messen kann. Messtechnisch erfassbar
sind die physikalischen Größen Schalldruck (Lautstärke) und Frequenz (Tonhöhe).
Die subjektiv belästigende Wirkung wird nur zu einem Drittel durch die
Lautstärke des Geräuschs bestimmt, darüber hinaus spielen die Tageszeit, die
örtliche Situation, die persönliche Einstellung zur Schallquelle und die
körperliche und seelische Verfassung der Betroffenen eine große Rolle.
Nichtakustische Faktoren können die individuellen Reaktionen auf Lärm stärker beeinflussen
als die akustischen.
Für die Praxis werden die physikalischen Größen Schalldruck und
Frequenz mit definierten Mess- und Rechenmethoden so bewertet, dass sie das
menschliche Empfinden in etwa nachbilden. Damit steht hilfsweise ein objektives
Maß des Lärms zur Verfügung.
Die gebräuchlichste Größe für die Beschreibung von Schallereignissen
ist der Schalldruck. Er wird in Dezibel (dB) angegeben. Da hohe Frequenzen vom
Menschen lauter empfunden werden als tiefe, wird zusätzlich ein Filter benutzt,
der den höheren Frequenzen ein größeres Gewicht beimisst und so die menschliche
Wahrnehmung nachempfindet. Man spricht dann von einer A-Bewertung, kurz dB(A).
Da die Lautstärke und die Dauer von Geräuschen in der Praxis schwanken,
wird zur Beurteilung von Belastungen ein Mittelungspegel über einen bestimmten
Zeitraum herangezogen. Zusätzlich wird die „Lästigkeit“ bei ton- oder
impulshaltigen Geräuschen der jeweiligen Schallquelle durch spezielle Zuschläge
berücksichtigt. Nächtlicher Schall wird in der Regel stärker gewichtet als
Geräusche über Tage.
Die Summe aus Mittelungspegel und Zuschlägen ergibt den
„Beurteilungspegel“, der wiederum seinen Niederschlag in Grenz- und Richtwerten
für die jeweiligen Schallquellen findet. Leider führt dieses Verfahren zwangsläufig
dazu, dass Beurteilungspegel verschiedener Schallquellen nicht direkt
miteinander vergleichbar sind.
1.2 Wahrnehmung und logarithmische Skala
Die Dezibel-Skala ist logarithmisch aufgebaut, wobei 0 dB(A) der
menschlichen Hörschwelle entspricht, 130 dB(A) der Schmerzschwelle. Einige
Beispiele zur Wahrnehmung verschiedener Schallquellen und zur Wirkung bei
Dauerbelastung:
Beispiel |
dB(A) |
Wirkung bei
Dauerbelastung |
|
180 |
tödlich |
Nahbereich einer Explosion |
160 |
|
Presslufthammer |
130 |
Schmerzschwelle |
|
120 |
|
Laubbläser, Bohrmaschine, Diskothek |
110 |
|
Autohupe |
100 |
|
LKW im Stadtverkehr |
90 |
Gehörschädigung möglich |
PKW im Stadtverkehr |
70 |
|
|
65 |
Erhöhtes Herz-/Kreislaufrisiko |
Normales Gespräch, Bürogeräusche |
60 |
|
Leise Radiomusik |
50 |
Störung der Kommunikation |
Kühlschrank |
40 |
|
Flüstern |
30 |
Schlafstörungen möglich |
Leichter Wind, Blätterrauschen |
20 |
leises Geräusch |
|
0 |
Hörschwelle |
Für die menschliche Wahrnehmung gilt, dass eine Änderung um 10 dB(A)
als Verdoppelung bzw. Halbierung der Lautstärke empfunden wird, während eine
Änderung um 3 dB(A) gerade wahrnehmbar ist.
Für die Dezibel-Skala gelten logarithmische Rechenregeln. Erhöht man
einen gegebenen Schallpegel um 10 dB(A), so entspricht das einer Verzehnfachung
der Schallintensität. Eine Erhöhung um 20 dB(A) entspricht einer hundertfachen,
eine Erhöhung um 30 dB(A) einer tausendfachen Vergrößerung der
Schallintensität.
Addiert man Schallpegel, so ergibt eine zusätzliche gleich laute
Schallquelle eine Erhöhung um 3 dB(A). Umgekehrt ist für die Absenkung eines
gegebenen Mittelungspegels um nur gerade wahrnehmbare 3 dB(A) bereits eine
Halbierung der Schallquellen erforderlich.
Für den Mittelungspegel beispielsweise im Straßenverkehr, gleiche
Schallerzeugung der einzelnen Fahrzeuge zur Veranschaulichung vorausgesetzt,
bedeutet das:
+ 3 dB(A) = Verdoppelung der Verkehrsmenge,
+ 6 dB(A) = Vervierfachung der Verkehrsmenge,
+ 10 dB(A) = Verzehnfachung der Verkehrsmenge,
- 3 dB(A) = Halbierung der Verkehrsmenge,
- 6 dB(A) = Reduzierung der Verkehrsmenge auf ein
Viertel,
- 10 dB(A) = Reduzierung der Verkehrsmenge auf ein
Zehntel.
1.3 Regelwerke
Geräusche verschiedener Schallquellen (z.B. Gewerbe, Verkehr, Sport)
wirken bei gleichem Mittelungspegel nicht immer auch gleich belästigend. Hinzu
kommt, dass z.B. an einer belebten und vielfältig genutzten Einkaufsstraße
höhere Schalldruckpegel erwartet und toleriert werden als in einem reinen
Wohngebiet. Das hat dazu geführt, dass Grenz- und Richtwerte sowohl nach der
verursachenden Quelle als auch nach der jeweiligen Gebietsnutzung und weiteren
Kriterien gestaffelt sind. Zugleich führt es zu vielfältigen unterschiedlichen
gesetzlichen Regelungen zum Lärmschutz.
Immissionsrichtwerte (TA Lärm) |
|||
Gebiet |
tag (6 bis 22 Uhr) |
nachts (22 bis 6 Uhr) |
|
Gewerbegebiet |
65 dB(A) |
50 dB(A) |
|
Mischgebiet |
60 dB(A) |
45 dB(A) |
|
Wohngebiet allgemein |
55 dB(A) |
40 dB(A) |
|
Wohngebiet rein |
50 dB(A) |
35 dB(A) |
|
Immissionsgrenzwerte für den
Straßenverkehr (16. BImSchV) |
|||
Gebiet |
tags (6 bis 22 Uhr) |
nachts (22 bis 6 Uhr) |
|
Gewerbegebiet |
69 dB(A) |
59 dB(A) |
|
Mischgebiet |
64 dB(A) |
54 dB(A) |
|
Wohngebiet allgemein |
59 dB(A) |
49 dB(A) |
|
Wohngebiet rein |
59 dB(A) |
49 dB(A) |
|
Für Geräusche an bestehenden
Verkehrswegen gibt es dagegen keine Grenzwerte. Dies gilt sowohl für Straßen
als auch für Schienenwege und Flugrouten. Es lässt sich also über die in der
Tabelle dargestellten Sachverhalte hinaus kein Rechtsanspruch auf Einhaltung
bestimmter Immissionswerte herleiten.
1.4 Messungen und Berechnungen
Soweit es gesetzliche Richt- oder Grenzwerte gibt, kann deren
Einhaltung mit Messungen am Immissionsort punktuell überwacht werden. Bei
Planungen dagegen muss eine Prognose der später zu erwartenden Geräusche durch
Berechnungen vorgenommen werden, die dann auch eine Betrachtung verschiedener
Varianten erlauben.
Berechnungen werden auch eingesetzt, wenn die Belastung für eine
größere Fläche ermittelt werden soll, zum Beispiel entlang von Straßen- oder
Schienenwegen oder unterhalb von Flugrouten. Dies ist messtechnisch nicht
realisierbar, da die Ermittlung der Lärmpegel an vielen Punkten über einen
langen Zeitraum erforderlich wäre, um die Schwankungsbreite der Geräusche
aufgrund von wechselnder Verkehrsdichte und Witterungseinflüssen abzubilden.
Darüber hinaus können reine Messungen die oben beschriebenen, nach Art der
Schallquelle differierenden Zu- und Abschläge nicht abbilden.
Die Vielzahl von Daten, die für eine flächenhafte Darstellung
erforderlich ist, kann durch Messungen nicht erhoben werden. Leistungsfähige
und aufwändige Berechnungsprogramme, wie sie zuletzt bei der
Umgebungslärmkartierung zum Einsatz kamen, berücksichtigen dabei eine Vielzahl
von Parametern (Verkehrsaufkommen, LKW-Anteil, Straßenbelag,
Geschwindigkeitsbegrenzungen, Lärmschutzbauwerke, Gebäude, Brücken,
dreidimensionales Geländemodell usw.), um eine möglichst realistische
Darstellung zu erhalten.
2 Umgebungslärmrichtlinie
2.1 Lärmkartierung
Mit den §§ 47 a bis f des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) und
der Verordnung über die Lärmkartierung (34. BImSchV), mit denen die
Umgebungslärmrichtlinie der Europäischen Union in deutsches Recht umgesetzt
ist, wurden die bis dahin geltenden Vorgaben für die Lärmminderungsplanung
ausgeweitet: Zum 30. Juni 2007 wurden erstmals Lärmkartierungen vorgenommen,
die zum 30. Juni 2012 aktualisiert und erweitert wurden. Seitdem sind
Lärmkarten regelmäßig alle fünf Jahre auszuarbeiten, das nächste Mal also zum
30. Juni 2017.
Die Kartierungspflicht bezieht sich außerhalb der Ballungsräume nunmehr
auf
- Hauptverkehrsstraßen (Autobahnen,
Bundes- und Landesstraßen) mit einem Verkehrsaufkommen von über drei
Millionen Kraftfahrzeugen pro Jahr,
- Haupteisenbahnstrecken mit mehr als 30
000 Zügen pro Jahr,
- Großflughäfen.
Industrie und Gewerbe, kommunale Straßen, Straßen mit weniger als drei
Millionen Fahrzeugen und Eisenbahnstrecken mit weniger als 30 000 Zügen pro
Jahr werden außerhalb der Ballungsräume nicht kartiert.
Für die verschiedenen
Lärmquellen gibt es jeweils spezielle
Berechnungsvorgaben, nach denen die Ermittlung der Schallpegel erfolgt.
In Deutschland sind einheitliche „vorläufige“ Berechnungsverfahren für den
Umgebungslärm vorgeschrieben. Sie werden künftig durch eine neue, europaweit
einheitliche Schallausbreitungsrechnung ersetzt („Common Noise Assessment
Methods in Europe“ – CNOSSOS-EU).
In Nordrhein-Westfalen sind für die Kartierung der Straßen die
Gemeinden zuständig. Die Aufgabe wurde für die Nicht-Ballungsraum-Gemeinden vom
Land übernommen, das auch für die Flughäfen zuständig ist. Für die
Neukartierung im Jahre 2017 wurde die Durchführung durch das Land ebenfalls
bereits in Aussicht gestellt. Die Zuständigkeit für die Eisenbahnstrecken liegt
dagegen beim Eisenbahn-Bundesamt.
Die Lärmindizes (LDay, LEvening und LNight)
werden über einen Beurteilungszeitraum von einem Jahr wie folgt erfasst:
LDay 12 Stunden,
von 6 bis 18 Uhr,
LEvening 4 Stunden,
von 18 bis 22 Uhr,
LNight 8 Stunden,
von 22 bis 6 Uhr.
Aus diesen drei Elementen wird ein Lärmindex LDEN
(Day/Evening/Night) gebildet, bei dessen Berechnung für den Abend ein Aufschlag
von 5, für die Nacht ein Aufschlag von 10 dB(A) berücksichtigt wird.
Im Ergebnis werden die Flächen dargestellt, die mit einem LDEN
> 55 dB(A) und einem separat betrachteten Nachtpegel (22 bis 6 Uhr) LNight
> 50 dB(A) - jeweils als Jahresmittelwerte – belastet sind.
2.2 Lärmaktionsplanung
Für die kartierten Bereiche ist durch einen Runderlass des Ministeriums
für Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (MUNLV) vom 7.
Februar 2008 festgelegt, welche Lärmbelastung als Auslöseschwelle für eine
Lärmaktionsplanung gilt. Demnach hat eine Lärmaktionsplanung zu erfolgen, wenn
an Wohnungen, Schulen, Krankenhäusern oder anderen schutzwürdigen Gebäuden ein
LDEN von 70 dB(A) oder ein LNight von 60 dB(A) erreicht
oder überschritten wird. Für Fluglärm legt der Erlass ergänzend fest, dass die
Schutzziele für eine Aktionsplanung in rechtsverbindlicher Weise im Gesetz zum
Schutz gegen Fluglärm (FluLärmG) geregelt sind.
Weitere Details sind ausführlich in der gemeinsamen Informationsvorlage
zur Sitzung des Planungsausschusses vom 19. November 2013 und zur Sitzung des
Bau- und Umweltausschusses vom 20. November 2013 (Drucksache FB1/221/2013)
erläutert; auf diese Vorlage wird hier zur Vertiefung verwiesen.
Die Lärmaktionsplanung obliegt auch künftig den Gemeinden, für die
Schienenstrecken ab 2015 dem Eisenbahn-Bundesamt.
Der aktuelle Lärmaktionsplan wurde am 15. Mai 2014 vom Rat beschlossen.
Er gibt im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben einen kurzen Überblick über die
Lärmbelastung und zeigt die wenigen kommunalen Handlungsmöglichkeiten auf, die
leider im Ergebnis nur eingeschränkt tauglich sind, um die Situation insgesamt
zu verbessern. Konkrete Maßnahmen kann er dort, wo der Stadt die Zuständigkeit
fehlt, nicht aufzeigen.
3 Lärmquellen
3.1 Straßenverkehr
Unabhängig von den bei der Kartierung nach der Umgebungslärmrichtlinie
berücksichtigten Straßen ist der Straßenverkehr auch in den nicht erfassten
Abschnitten ein dauerhaftes Problem. So ist die Lärmbelastung beispielsweise
auf der Uerdinger Straße in Lank (auch wenn sie nicht kartiert wurde)
vergleichbar hoch wie auf der Moerser Straße in Büderich. Der Beurteilungspegel
an den Hausfassaden liegt vielfach über den als Auslösewert geltenden 70 dB(A)
zur Tag- bzw. 60 dB(A) zur Nachtzeit. Die Betrachtung möglicher
Minderungsmaßnahmen gilt daher stadtweit.
Wie oben erläutert, würde selbst eine Halbierung der gegenwärtigen
Verkehrsmenge eine Reduzierung des Schallpegels um lediglich 3 dB(A) bewirken.
Dies macht deutlich, dass es einer ganzen Reihe aktiver und passiver Maßnahmen
bedarf, um den Straßenverkehrslärm so weit zu reduzieren, dass für die
Betroffenen eine spürbare Verbesserung eintritt. Einen Überblick über mögliche
Lärmminderungspotenziale verschiedener Maßnahmen bietet die folgende Übersicht
(Quelle: MKULNV NRW).
Neben dem Einbau lärmarmer Fahrbahnbeläge („Flüsterasphalt“), bietet
die Reduzierung der Geschwindigkeit bei gleichzeitiger Optimierung des
Verkehrsflusses das größte Minderungspotenzial. Eine Veränderung des Modal
Split zugunsten des Umweltverbundes (ÖPNV, Förderung des Rad- und
Fußgängerverkehrs) bewirkt langfristig eine weitere Verbesserung.
Ein Radverkehrskonzept in diesem Sinne wurde in Meerbusch bereits im
Rahmen des integrierten Klimaschutzkonzeptes entwickelt und soll Zug um Zug
umgesetzt werden.
Die Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit von 50 auf 30 km/h bringt
neben der Lärmminderung weitere Vorteile, z.B.
- Erhöhung der Verkehrssicherheit,
insbesondere für Fußgänger und Radfahrer,
- Verbesserung der Luftqualität durch
Verringerung des Schadstoffausstoßes,
- Verbesserung der Aufenthaltsqualität,
- Verringerung der Attraktivität für den
Durchgangsverkehr.
Dem stehen durchaus mögliche Nachteile gegenüber: Niedrige
Geschwindigkeiten in Hauptverkehrsstraßen könnten möglicherweise den
Zeitvorteil gegenüber kürzeren Strecken aufheben und den Verkehr in Seitenstraßen
verlagern. Außerdem würde neben dem Individualverkehr auch der ÖPNV
ausgebremst.
Dennoch ist festzuhalten, dass Tempo 30 an Hauptverkehrsstraßen eine
wirksame Möglichkeit zur Lärmminderung sein kann. Viele Kommunen nutzen Tempo
30 an Hauptverkehrsstraßen als Maßnahme zur Lärmminderung. Dazu gehören
Großstädte wie Berlin mit mehr als 80 Kilometer Straßenlänge Tempo 30 nachts
(22 bis 6 Uhr), aber auch kleinere Kommunen wie Celle (70.000 Einwohner).
Die Anordnung einer geringeren Höchstgeschwindigkeit für die belasteten
Straßen muss die zuständige Straßenverkehrsbehörde treffen. Bei Bundes- und
Landesstraßen wird es strittig sein, ob Beschränkungen zugunsten des
Lärmschutzes angeordnet werden können.
Die gesetzlichen Normen und Anforderungen zum passiven Schutz vor Verkehrslärm werden in den städtischen
Bauleitplanverfahren grundsätzlich gutachterlich ermittelt, entsprechende
Festsetzungen werden in den Bebauungsplänen getroffen. Im
bauordnungsrechtlichen Verfahren sind die geforderten passiven Schallschutzmaßnahmen
nachzuweisen. Es ist davon auszugehen, dass bei zwischenzeitlich erfolgten
Nachrüstungen und Sanierungen ein angemessener passiver Schallschutz gegen
Verkehrslärm vielfach auch im Altbestand aufgezeigt werden kann.
3.2 Flugverkehr
3.2.1 Schallschutzzonen
Am Flughafen Düsseldorf dürfen aufgrund der gelten Betriebsgenehmigung
in den sechs verkehrsreichsten Monaten 131.000 Bewegungen durchgeführt werden,
davon 122.176 Bewegungen im Linien- und Charterverkehr, die übrigen 8.824
Bewegungen im sonstigen Luftverkehr (Allgemeine Luftfahrt, Überführungsflüge,
Lufttaxen usw.). Je nach vorherrschender Windrichtung ist Meerbusch vom
Landeanflug über Büderich oder von Starts auf vier Abflugrouten belastet.
Für die Berechnung des Fluglärms gilt die Besonderheit, dass nicht ein
Jahresmittelwert, sondern ein Mittelwert über die sechs verkehrsreichsten
Monate gebildet wird, der in der Darstellung als „äquivalenter
Dauerschallpegel“ (LAeq) der Lärmbewertung bei der Festsetzung von
Schutzbereichen oder Entschädigungsregelungen dient. Bei der Bewertung
nächtlichen Lärms werden außerdem Einzelschallereignisse mit berücksichtigt.
Aufgrund der Novellierung des Fluglärmgesetzes wurden die
Schallschutzzonen für den Flughafen Düsseldorf neu berechnet, sie sind durch
Rechtsverordnung vom 4.11.2011 in Kraft getreten und gliedern sich anhand
folgender Parameter:
Tag-Schutzzone 1: LAeq
Tag = ab 65 dB(A)
Tag-Schutzzone 2: LAeq
Tag = ab 60 dB(A)
Nacht-Schutzzone: LAeq
Nacht = ab 55 dB(A) / Maximalpegel 6
x 57 dB(A)
Die Tag-Schutzzone 1 dehnt sich vom Flughafen bis etwa zum Rhein aus
und erreicht Meerbusch nicht. Zentrale Bereiche des Stadtteils Büderich liegen
jedoch in der Tag-Schutzzone 2 und in der Nacht-Schutzzone. Anders als oftmals
irrtümlich angenommen, handelt es sich nicht um einzuhaltende Grenzwerte. Die
Schutzzonen werden aufgrund von Prognosedaten festgelegt und regelmäßig
aktualisiert. Sie führen lediglich zu Beschränkungen beim Bau von Wohnungen und
schutzbedürftigen Einrichtungen und zur Verpflichtung zu passivem Schallschutz.
Innerhalb der Nacht-Schutzzone sind bauliche Anlagen und Wohnungen in ihrer
Ausführung gemäß der Verordnung über bauliche Schallschutzanforderungen zu
erstellen.
Bis 7.7.2014 lief das Schallschutz-Förderprogramm für Gebäude, die vor
dem 4.3.1974 (Inkrafttreten der ursprünglichen SchallschutzVO) errichtet oder
genehmigt wurden. Dieses Programm basierte nicht auf den Schutzzonen nach
FluLärmG, sondern auf eigenständigen Berechnungen für die aktuelle
Betriebsgenehmigung. Der Flughafen führt das Programm derzeit freiwillig fort.
.2.2 Fluglärmmessstellen
Zur Überwachung der Lärmimmissionen betreibt der Flughafen Düsseldorf
ein Netz von Fluglärmmessstellen, mit deren Hilfe die tatsächliche Lärmbelastung
auch im Hinblick auf einzelne Schallereignisse monatlich dokumentiert wird.
Eine annähernd zeitgleiche (fünf Minuten Verzögerung) Darstellung der aktuellen
Flugbewegungen und Lärmmessdaten ist über das Webprogramm „Track Visualisation“
(TraVis) öffentlich zugänglich.
(Grafik: Flughafen Düsseldorf)
Wegen der Lage der Messstation 6 (Lank-Latum) am westlichen Ortsrand,
die aufgrund ihrer ursprünglichen Funktion als sogenannte „Portalstation“ das
Lärmgeschehen direkt unterhalb der Flugroute nicht abbilden konnte, wurde im
April eine weitere, transportable Messstation im Bereich der Ideallinie auf
einem Grundstück der Webergasse eingerichtet.
Deren Ergebnisse wurden jetzt ausgewertet. Demnach bewegt sich der
Durchschnittspegel dort im Bereich von 51 dB(A) tagsüber und zwischen 25 und 30
dB(A) für die Nachtzeit. Zum Vergleich: Am Messpunkt Büderich liegt der
Durchschnittspegel tagsüber bei 62, nachts bei 51 dB(A).
Es wird derzeit geprüft, ob die Messstation Lank wegen der
realistischeren Ergebnisse dauerhaft unter die Ideallinie verlegt werden kann.
3.2.3 Nachtflugregelungen
Es gibt in Düsseldorf kein Nachtflugverbot. Es sind lediglich
Nachtflugbeschränkungen festgelegt. Demnach dürfen selbst „besonders lärmarme“
moderne Strahlflugzeuge bis 23 Uhr, bei Verspätungen bis 23:30 Uhr und darüber
hinaus mit Ausnahmegenehmigungen im Einzelfall landen; acht Fluggesellschaften,
die ihren örtlichen Wartungsschwerpunkt in Düsseldorf haben, dürfen mit diesem
Fluggerät generell bis 24 Uhr landen.
Übersicht der geltenden Nachtflugbeschränkungen (Quelle: Flughafen
Düsseldorf):
3.2.4 Aktuelle Entwicklung
Derzeit bereitet der Flughafen einen Antrag auf eine neuerliche
Betriebserweiterung vor. Bereits am 26. September 2013 hat sich der Rat der
Stadt Meerbusch klar gegen eine Kapazitätserweiterung ausgesprochen, um eine
steigende Lärmbelastung zu verhindern.
Des Weiteren entwickelt die Deutsche Flugsicherung auf Anregung der
Fluglärmkommission zur Zeit eine Variante der Abflugroute über Lank, um eine
Optimierung der Abflüge hinsichtlich Kurvenverlauf und Steigverhalten zu
erreichen, ohne damit neue Betroffenheiten zu schaffen. Ob dies gelingt, kann
derzeit noch nicht abgeschätzt werden.
3.3 Schienenverkehr
3.3.1 Lärmkartierung Schiene
Die Ortsdurchfahrt Osterath an der Schienenstrecke 2610 weist
durchschnittliche tägliche Zugbewegungen in beide Richtungen von derzeit 110
Personenzügen und 79 Güterzügen auf. Dies führt insbesondere im nördlichen
Abschnitt zu erheblichen Lärmbelästigungen.
Die Lärmkartierung der Schienenstrecke durch das Eisenbahn-Bundesamt
hatte sich wegen fehlerhafter Software erheblich verzögert. Die Stadt Meerbusch
hatte die Bahnstrecke gleichwohl bereits im Lärmaktionsplan berücksichtigt.
Nachdem die Kartierung nunmehr abgeschlossen ist, hat sich die enorme Belastung
der Anwohner bestätigt: Der LDEN an den Fassaden betroffener Häuser
liegt mit > 75 dB(A) deutlich höher als beim Straßenverkehr. Selbst für die
Nacht wurden noch Belastungen von > 70 dB(A) berechnet.
Die vom Eisenbahn-Bundesamt jetzt veröffentlichte Lärmstatistik und
Auszüge aus der Gesamtkartierung sind als Anlage beigefügt. (Der Link zum
Kartenviewer findet sich im Abschnitt 4 dieser Vorlage.) Nach einer
durchgeführten Stichprobe ist das Kartierungsergebnis allerdings zumindest in
den Bereichen südlich der Meerbuscher Straße, wo die Belastung durch eine
Lärmschutzwand reduziert sein müsste, nicht plausibel. Diesbezüglich besteht
noch Klärungsbedarf.
3.3.2 Passive
Lärmminderungspotenziale
Es gibt für den Lärmschutz an bestehenden Schienenwegen ebenfalls keine
Grenzwerte, diese würden nur bei Neubau oder wesentlicher Änderung des
Schienenweges greifen (16.BImSchV). Freiwillige Betriebsbeschränkungen wie die
oftmals geforderte Höchstgeschwindigkeit oder reduzierter Verkehr zur Nachtzeit
wurden vom zuständigen Eisenbahn-Bundesamt auf Nachfrage bereits als nicht
praktikabel verworfen.
Im Bundeshaushalt sind für das Lärmsanierungsprogramm der Bahn jährlich
100 Millionen Euro bereitgestellt. Es umfasst je nach Notwendigkeit sowohl
aktive Maßnahmen (z.B. Lärmschutzwände) als auch passive Lösungen
(Schallschutzfenster, Lüftungseinrichtungen). Für das Sanierungsprogramm
existiert eine Prioritätenliste, die Dringlichkeit wird anhand mehrerer
Kriterien festgelegt (z.B. Höhe der erreichbaren Lärmminderung, Zahl der
betroffenen Anwohner).
Die Stadt Meerbusch hatte den Bundesverkehrsminister bereits 2011
aufgefordert, die Priorität zu erhöhen. Auch nach der zwischenzeitlich
erfolgten Aktualisierung der Gesamtkonzeption hat sich die Priorität jedoch
nicht wesentlich geändert, da die Streckenabschnitte mit noch höherer
Lärmbelastung und größeren Betroffenenzahlen Vorrang haben.
Aufgrund dieser Priorisierung ist mit Sanierungsmaßnahmen, die vom Bund
finanziert werden, nicht kurzfristig zu rechnen. Eine Option wäre aber ein
städtisches Programm, das passive Maßnahmen wie den Einbau von
Schallschutzfenstern für besonders belastete Wohnungen bezuschusst. Ein solches
kommunales Programm führt z.B. die Stadt Düsseldorf mit einem jährlichen
Aufwand von ca. 200 000 Euro durch.
3.3.3 Maßnahmen an der
Schallquelle
Am effektivsten sind Schallschutzmaßnahmen, wenn sie an der Quelle
ansetzen. Die Bundesregierung strebt im Schienenverkehr eine deutliche Erhöhung
von Elektrotriebfahrzeugen einerseits und von verbesserten Bremssystemen bei
Güterwagen andererseits an, was sich jeweils auch positiv auf den Verkehrslärm
auswirken wird. Allein die Umrüstung eines Güterwagens auf
Verbundstoffbremssohlen mindert dessen Rollgeräusch um bis zu 10 dB(A). Seit
Dezember 2012 wird die Umrüstung von Güterwagen auf leise Bremstechnologien
durch das Bundesverkehrsministerium durch finanzielle Anreize verstärkt
gefördert.
Neben der direkten Förderung durch den Bund hat die DB Netz AG als
Betreiberin der bundeseigenen Schienenwege ein lärmabhängiges
Trassenpreissystem eingeführt. Seit Juni 2013 wird eine lärmabhängige
Entgeltkomponente zusätzlich zum regulären Trassenpreis erhoben, wenn der Zug
nicht zu mindestens 80 Prozent aus leisen Güterwagen besteht. Stufenweise wird
dieser Wert auf 100 Prozent erhöht.
Ergänzend zu dieser Kurzbeschreibung sind als Anlagen ist die Antwort
der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zum Lärmschutz auf der Schiene und
eine Mitteilung des Städte- und Gemeindebundes NRW beigefügt, die weitere
Details zur Lärmsanierung umfassend aufgreift.
3.4 Weitere Lärmquellen
Neben den beschriebenen flächendeckenden Lärmproblemen sind lokal
weitere Schallquellen von Bedeutung, insbesondere
- Industrie und Gewerbe,
- Sport- und Freizeit,
- Nachbarschaft.
Da hierfür außerhalb der Ballungsräume keine Kartierung vorliegt, wird
an dieser Stelle auf eine nähere Betrachtung verzichtet. Im Einzelfall sind
hiermit die jeweils zuständigen Überwachungsbehörden befasst.
4 Anhang
4.1 Weiterführende Basisinformationen
Einige Webadressen, die zur Vertiefung der Thematik und zu
weitergehenden Informationen empfohlen werden:
Städtebauliche Lärmfibel des
Verkehrsministerium Baden-Württemberg
www.staedtebauliche-laermfibel.de
Sehr umfangreiche und verständliche Grundlagenvermittlung zu allen
Lärmquellen, Berechnungsmethoden und Lärmminderungspotenzialen. In einigen
Details länderspezifisch.
Umgebungslärmportal
Nordrhein-Westfalen
Zusammenstellung von Grundlagen und Fakten zum Umgebungslärm
einschließlich der Kartierungsergebnisse in NRW
LANUV NRW
http://www.lanuv.nrw.de/geraeusche/gerausche.htm
Grundlegende Informationen zu allen Lärmarten
Straßen.NRW
http://www.strassen.nrw.de/umwelt/laermschutz.html
Informationen zum Lärmschutz an Straßen und zu Lärmsanierungen
Flughafen Düsseldorf
http://www.dus.com/de-de/konzern/nachbarn/flugbetrieb
Basisinformationen zu Flugrouten, Betriebszeiten und zum
Schallschutzprogramm
Live-Darstellung der aktuellen Flugbewegungen und der Lärmmesspunkte
Deutsche Flugsicherung
http://www.dfs.de/dfs_homepage/de/Flugsicherung/Umwelt/Flugverläufe
online/Düsseldorf/
Zugang zu „Stanly-Track“ – Radardarstellung der Flugverläufe und -höhen
im Nahbereich des Flughafens Düsseldorf
Eisenbahn-Bundesamt
http://laermkartierung1.eisenbahn-bundesamt.de/mb3/app.php/application/eba
Lärmkartenviewer zur Umgebungslärmkartierung
Darstellung von Ursachen des Schienenverkehrslärms und zu
Minderungsmaßnahmen
Deutsche Bahn
www.deutschebahn.com/file/2179626/data/schallschutzbroschuere.pdf
Schallschutzbroschüre der Deutschen Bahn
4.2 Berechnungs- und Messverfahren
Aufgrund der Vielfalt von Berechnungsverfahren sind Lärmangaben nur
bedingt miteinander vergleichbar. So dienen die in der EU-Umgebungslärmkartierung
ermittelten Werte zunächst der europaweit einheitlichen Darstellung von
Lärmproblembereichen. Sie setzen die nationalen Bestimmungen und
Berechnungsverfahren zu Richt-, Grenz- oder Sanierungswerten nicht außer Kraft.
Diese wiederum unterscheiden sich je nach Schallquelle und Berechnungszweck, um
die jeweiligen akustischen Eigenschaften möglichst realitätsnah zu beschreiben.
Dem gegenüber dienen reine Messungen vornehmlich dem Zweck der Beurteilung von
Geräuschen im Einzelfall (z.B. bei Beschwerden).
Lärmquelle |
Verfahren |
Regelwerk |
Straßenverkehr |
Berechnung |
16. BImSchV, RLS-90, DIN 18005-1 |
Straßenverkehr |
Messung |
DIN 45642 |
Schienenverkehr |
Berechnung |
16. BImSchV, Schall 03, Akustik 04 |
Flugverkehr |
Berechnung |
Verordnung über die Datenerfassung und das Berechnungsverfahren für die Festsetzung von Lärmschutzbereichen (1. FlugLSV) |
Flugverkehr |
Berechnung |
Flugplatz-Schallschutzmaßnahmenverordnung (2. FlugLSV) |
Flugverkehr |
Messung |
DIN 45643 |
Wasserverkehr |
Berechnung |
DIN18005-1 |
Wasserverkehr |
Messung |
DIN 45642 |
Gewerbe |
Messung |
TA Lärm |
Gewerbe |
Berechnung |
DIN ISO 9613-2, VDI 2571 (zurückgezogen, aber in TA Lärm noch Bezug), DIN EN 12354-1/-4 |
Baustellen |
Messung |
AVV Baulärm, Geräuschimmissionen |
Freizeitaktivitäten |
Messung |
Freizeitlärm-Richtlinie |
Freizeitaktivitäten |
Berechnung |
VDI 3770 |
Sportstätten |
Messung |
18. BImSchV |
Sportstätten |
Berechnung |
VDI 3770 |
In Vertretung
gez.
Frank Maatz
Erster Beigeordneter