Betreff
Instandhaltung und energetische Sanierung kommunaler Hochbauten
Vorlage
SIM/0038/2014
Aktenzeichen
SIM - Energiemanagement
Art
Informationsvorlage

Der Rat der Stadt Meerbusch hat im Jahre 2012 ein integriertes Klimaschutzkonzept beschlossen. Bestandteil dieses Konzeptes ist ein Maßnahmenkatalog, der auch einige Bausteine in Bezug auf die kommunalen Liegenschaften beinhaltet. Einer der Bausteine beschäftigt sich mit der energetischen Bewertung der kommunalen Liegenschaften.

 

Die energetische Erfassung und Einordnung der städtischen Liegenschaften ist bereits im Jahre 2009 im Zuge der Aufstellung der gesetzlich vorgeschriebenen Energieausweise erfolgt. Die Stadt verfügt demzufolge für jedes ihrer Gebäude über eine energetische Bestandsaufnahme auf Basis der Gebäudekonstruktion (sogenannter „Bedarfsausweis“). Ergänzend haben die seinerzeit mit der Ausarbeitung beauftragten Ingenieurbüros eine Bewertung des Zustands der Hüllflächen und eine Analyse der technischen Gebäudeausrüstung vorgenommen. Darauf aufbauend wurden Sanierungsvorschläge, mit dem Ziel einer deutlichen Energieeinsparung, für die Gebäude erstellt.

 

Nach nunmehr fünf Jahren, seit Erstellung der Energieausweise, ist festzustellen, dass das energetische Potential in den Gebäuden noch nicht gehoben werden konnte, da abgesehen von einigen wenigen Projekten, kostenintensive Maßnahmen im Zuge der Haushaltspläne bisher nicht dargestellt werden konnten. So wurde bis dato noch kein einziges Gebäude einer umfassenden, energetischen Sanierung unterzogen. Abgesehen von den Neubauten der letzten fünf Jahre entspricht damit kein Bestandsgebäude aktuellen energetischen Anforderungen.

 

Verwaltungsseitig wurde daher überlegt, ob und wie vor dem Hintergrund einer dauerhaft angespannten Haushaltslage, im Rahmen eines städtischen Sanierungsprogramms, Möglichkeiten einer energetischen Generalsanierung für einzelne Gebäude bestehen. Das Ergebnis der Überlegungen ist nachfolgend in der Vorlage dargestellt.

 

Zunächst ist, ausgehend vom Lebenszyklus eines Gebäudes, zu betrachten, wie natürliche Abnutzungs- und Alterungsprozesse an Gebäuden, insbesondere an Gebäudehüllen und technischen Anlagen ihre Spuren hinterlassen. Dacheindichtungen und Dächer werden undicht, Fugen bröckeln aus Fassaden, Anstriche wittern ab, Fensterdichtungen und überhaupt Dichtungen im Bereich der Fassaden werden spröde und verlieren ihre ursprüngliche Funktion, Bodenbeläge verschleißen, Heizungs- und Lüftungsanlagen fallen nach einigen Jahren Betrieb aus und müssen ersetzt werden, Abwasser- und Rohrleitungen korrodieren und sind nach Jahrzehnten ebenfalls zu ersetzen. Wenn man im Zuge einer Lebenszyklusbetrachtung über einen Zeitraum von 80 Jahren spricht (Festlegung der Stadt Meerbusch für die Abschreibungsdauer massiv errichteter Gebäude) bedeutet dies, dass innerhalb dieses Zeitraumes zahlreiche Bauteile und technischen Anlagen ersetzt (teilweise auch mehrfach ersetzt) werden müssen, um die Funktionsfähigkeit des Gebäudes zu erhalten. Diese „laufenden“ Instandsetzungen werden üblicherweise im Rahmen der allgemeinen Bauunterhaltsmaßnahmen geplant, im Haushalt veranschlagt und ausgeführt. Aber auch wenn alle notwendigen Instandhaltungen durchgeführt werden, ist nach einem gewissen Zeitraum eine Generalsanierung des jeweiligen Gebäudes unumgänglich. In diesem Zusammenhang sind dann meist auch Anpassungen infolge geänderter Gesetzeslage und infolge geänderter Nutzerbedarfe vorzunehmen. Alle an einem Bauwerk verwendeten Baustoffe oder Bauteile unterliegen somit der natürlichen Abnutzung und haben dementsprechend eine technische Lebensdauer. In der Literatur und in Forschungsberichten sind diese technischen Lebenszeiträume einzelner Bauteile dargestellt.

 

Für die Bauunterhaltung folgt daraus, dass notwendige Maßnahmen planbar und vorhersehbar werden. Als aktuelles Beispiel sei hier die Diskussion um das Meerbuscher Hallenbad genannt, wo eine Generalsanierung mittlerweile dringend notwendig geworden ist.

 

in der Anlage 1 ist grafisch die Entwicklung des Gebäudebestandes der Stadt Meerbusch zur Information beigefügt. Dargestellt ist der Zuwachs an Gebäudeflächen in den jeweiligen Baujahren ausgehend vom Ältesten, im Besitz der Stadt befindlichen Gebäude. Daraus wird deutlich, dass der weitaus stärkste Zuwachs an Gebäuden bzw. Gebäudeflächen in den sechziger bis Mitte der siebziger Jahre erfolgt ist, d.h., der größte Teil der städtischen Immobilien hat inzwischen ein Lebensalter von rd. 50 Jahren erreicht. Hieraus folgt, dass in den kommenden Jahren zumindest an den ältesten Gebäuden größere Sanierungsmaßnahmen anstehen, die in einen Kontext zu den energetischen Notwendigkeiten zu setzen sind. Aus fachlicher Sicht ist es sinnvoll, größere Sanierungsaufgaben mit einer Verbesserung der Energieeffizienz und einem verbesserten Wärmeschutz am Gebäude zu kombinieren.

 

Wann aber ist der richtige Zeitpunkt für die Durchführung der Sanierungsmaßnahmen gegeben? Es leuchtet ein, dass spätestens mit dem Ausfall eines Bauteils eine Instandsetzung oder Erneuerung durchzuführen ist. Ein undichtes Dach muss sofort repariert werden, eine ausgefallene Heizungsanlage muss instandgesetzt oder ggf. erneuert werden um die Funktionsfähigkeit des Gebäudes zu erhalten und Schließungen zu vermeiden. Da alle städtischen Gebäude permanent genutzt werden ist die Betriebssicherheit des Gebäudes enorm wichtig und möglichst ständig sicherzustellen. Gleichwohl gibt es auch schleichende, nicht sofort ersichtliche Abnutzungen von Bauteilen die, nicht rechtzeitig erkannt, zu größeren Sanierungsaufwendungen führen. Beispielhaft seien hierfür die Korrosion in den Abwasserleitungen und die Abnutzung von Bodenbelägen genannt. Schließlich gibt es noch die Fälle, wo Sanierungsmaßnahmen geplant sind und andere Maßnahmen sinnvoller weise im gleichen Zusammenhang mit zu erledigen sind. Wenn z.B. Erneuerungen von Fliesenbelägen/ Abdichtungen anstehen, macht es Sinn auch gleich die dahinter verlegten Rohr- und Elektroleitungen zu erneuern. Beim Ausbessern von Putzschäden an Fassaden ist zu überlegen, gleich über einen neuen Anstrich und/ oder eine Verbesserung des Wärmeschutzes der Fassade zu entscheiden. Beim Einbau neuer Deckenverkleidungen ist ggf. das Leitungsnetz einschl. Beleuchtung zu modernisieren usw.

 

Da sämtliche Instandsetzungs-/ Erneuerungsmaßnahmen, über die Zeitachse betrachtet, immer wieder notwendig werden, ist es sinnvoll, anstehende Projekte so schnell wie möglich auszuführen. Der Baupreisindex, der die Entwicklung der Baukosten widerspiegelt, steigt im Durchschnitt um rd. 2,0 - 2,5% pro Jahr. Festgestellte, notwendige Maßnahmen sollten daher aus finanztechnischer Sicht möglichst zeitnah realisiert werden, um die Teuerungsrate zu umgehen und damit Kostensteigerungen zu vermeiden.

 

Wenn es sich um Maßnahmen mit Auswirkungen auf den Energieverbrauch handelt, kommt als zusätzlicher Effekt hinzu, dass Energiekosteneinsparungen verschenkt werden, je später die Maßnahme ausgeführt wird. Baukostensteigerungen auf der Einen und „verschenkte“ Energieeinsparungen auf der anderen Seite addieren sich schon in kürzester Zeit auf erhebliche Beträge. Eine erst einmal festgestellte, notwendige Sanierungsmaßnahe wird umso teurer, je weiter ich sie zeitlich nach hinten schiebe. Eine energetische Sanierung bringt unmittelbar nach Durchführung Einsparungen bei den Energiekosten, ich „verschenke“ die Einsparungen Jahr für Jahr, je länger die Maßnahme herauszögert bzw. verschoben wird.

 

Anhand des Maßnahmenbeispiels „Erneuerung der Putzfassade der Mauritiusschule einschl. Dämmung“ wurde dieser Effekt beispielhaft berechnet:

 

 

 

(Eckdaten: Kalkulationszinssatz 2,5%; Teuerungsrate Baukosten 2,0%/a; Teuerungsrate Brennstoffkosten: 5%/a; Betrachtungszeitraum 15 Jahre)

 

 

Es wird deutlich, dass die „Schere“ zwischen Kostenmehraufwand durch Baupreissteigerung und eingesparten Energiekosten mit jedem Jahr immer weiter auseinandergeht. Im dargestellten Beispiel führt dies bei einer Investition in Höhe von 130.000 € bereits nach 15 Jahren zu einem Kostennachteil in Höhe von rd. 130.000 €. Vom Grundsatz her, ist dieses Modell auch für alle anderen Sanierungsmaßnahmen in Kombination mit einer energetischen Verbesserung richtig.

 

In den Haushaltsplänen der vergangenen Jahre bestanden bislang nicht die finanziellen Möglichkeiten um umfassende, große Sanierungsprojekte darzustellen. Die derzeitige Diskussion um die beabsichtigte Generalsanierung des Hallenbades zeigt dies deutlich. In den kommenden 10 bis 20 Jahren werden allerdings Entscheidungen für weitere Objekte zu treffen sein. Die Verwaltungsgebäude Dr. Franz-Schütz-Platz, Rathaus Dorfstr. 20, die Mauritiusschule und die Pastor-Jacobs-Schule sind in diesem Zusammenhang als Erstes zu nennen. In diesen Gebäuden sind die meisten Bauteile „in die Jahre“ gekommen und bedürfen der grundsätzlichen Instandsetzung bzw. Erneuerung.

 

Aus Sicht der Verwaltung ist es daher bereits zum heutigen Zeitpunkt sinnvoll, einige Gebäude im Detail untersuchen zu lassen, um festzustellen, wie hoch der Instandsetzungsbedarf im Zuge einer Generalsanierung tatsächlich ist, welche Bauteile im jeweiligen Gebäude mit welchem Kostenaufwand zu erneuern sind und ob in diesem Zusammenhang eine umfassende, energetische Verbesserung der Gebäudesubstanz möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist. Diese Projekte wären dann auch Musterprojekte innerhalb des integrierten Klimaschutzkonzeptes. Dabei spielt dann auch eine Rolle, inwiefern öffentliche Fördergelder für eine solche Maßnahme herangezogen werden können. So wird zur Zeit über die KFW – Bank die umfassende, energetische Sanierung öffentlicher Gebäude im Förderprogramm 218 mit sehr guten Konditionen gefördert. Der Zinssatz für das Förderdarlehn beträgt z.Zt. 0,10 % bei 20 oder 30 Jahren Laufzeit (10 Jahre fester Zinssatz). Hinzu kommt je nach Laufzeit 1-5 tilgungsfreie Anfangsjahre und je nach Erfolg der energetischen Sanierungsmaßnahme ein Tilgungszuschuss bis zu 17,5%. Das Merkblatt zum Förderprogramm ist in der Anlage 2 beigefügt.

 

Es ist daher im Zuge der Haushaltsberatungen zu überlegen, ob diesem Vorschlag der Verwaltung gefolgt werden soll und z.B. im kommenden Jahr 2015, Berechnungen und Förderanträge für ein oder zwei Gebäude erarbeitet werden sollen. Hierfür müssten dann im Haushalt 2015 entsprechende Planungskosten zusätzlich bereit gestellt werden.

 

 

 

in  Vertretung

 

gez.

 

Dr. Just Gérard

Technischer Beigeordneter

 

 

 

 

Anlagenverzeichnis:

 

Anlage 1 – Immobilienentwicklung

Anlage 2 – Merkblatt KFW – Förderprogramm 218