Betreff
Unterstützung der Stadt bei Veranstaltungen im öffentlichen Raum (Umsetzung von § 45 StVO)
Vorlage
BM/243/2014
Art
Informationsvorlage

Bei der Genehmigung von Veranstaltungen im öffentlichen Straßenraum sind aus verkehrsrechtlicher Sicht grundsätzlich zwei unterschiedliche Vorgänge zu betrachten:

a)    Gemäß § 29 StVO bedürfen Veranstaltungen, für die Straßen mehr als verkehrsüblich in Anspruch genommen werden, der Erlaubnis.

b)    Sofern aufgrund der Veranstaltung Verkehrszeichen aufgestellt werden müssen (zum Beispiel für das Sperren einer Straße), ist parallel zur Erlaubnis nach § 29 StVO auch eine Anordnung nach § 45 StVO erforderlich.

 

Mit Erlass vom 5. April 2012 weist das Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen die Bezirksregierungen und den Landesbetrieb Straßen NRW ausdrücklich darauf hin, dass die Anordnung gemäß § 45 StVO zur Aufstellung von Verkehrszeichen grundsätzlich nur gegenüber dem Straßenbaulastträger zu erfolgen hat. Explizit wird hervorgehoben, dass die Verantwortung für das Umsetzen der Anordnung nach § 45 StVO beim Straßenbaulastträger verbleibt. Dies gilt auch dann, wenn die Umsetzung der Anordnung an Dritte (in der Regel Verkehrssicherungsunternehmen) vergeben wird.

 

Die bisherige Praxis war in Meerbusch, ebenso wie in vielen anderen Gemeinden, dass sowohl die Erlaubnis nach § 29 StVO als auch die Anordnung nach § 45 StVO direkt gegenüber dem Veranstalter ausgesprochen wurde. Damit verbunden war ein Hinweis, die notwendige angeordnete Beschilderung entweder selbst aufzustellen oder durch ein beauftragtes Unternehmen aufstellen zu lassen. Die Veranstalter griffen im Regelfall auf das vom Baubetriebshof kostenlos zusammengestellte gestellte Material zurück und organisierten den Aufbau selbst, in Einzelfällen beauftragte der Veranstalter ein Verkehrssicherungsunternehmen. Kontrollen der Umsetzung fanden in beiden Varianten nur in geringem Ausmaß statt.

 

Diese bürgerorientierte Vorgehensweise ist aufgrund des o.g. Erlasses grundsätzlich nicht mehr zulässig. Demzufolge änderte sich die Verwaltungspraxis dahingehend, dass die Genehmigungen nach § 45 StVO zum Aufstellen von Verkehrszeichen grundsätzlich gegenüber dem Baubetriebshof (SB11) als operativem Straßenbaulastträger erteilt wurde und dieser, in Ermangelung des notwendigen Personals, von den Veranstaltern die Einschaltung eines gewerblichen Verkehrssicherungsunternehmens forderte. Diese Vorgehensweise führte zu Irritationen und Beschwerden seitens der nunmehr mit Kosten für Verkehrssicherungsunternehmen beschwerten Antragsteller.

 

Mit Schreiben vom 24. Juni 2013 geht der Städte- und Gemeindebund auf entsprechende Auswirkungen insofern ein, als er ausführt: „Werden Verkehrszeichen bzw. Verkehrseinrichtungen erforderlich, ist die Straßenbaubehörde, der Straßenbaulastträger, verantwortlich. Der Baulastträger muss die Schilder nicht selbst aufstellen. Er kann vielmehr den Antragsteller (Veranstalter) oder einen von ihm beauftragten Verkehrssicherer als Verwaltungshelfer bestimmen, der dann für den Baulastträger die Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen beschafft, anbringt, unterhält und entfernt. Beim Baulastträger (Anm.: hier SB11/FB5) verbleibt in diesen Fällen die Verpflichtung zur Kontrolle der ordnungsgemäßen Umsetzung. Das Gleiche gilt für die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit der Straßenverkehrsbehörde (Anm.: hier FB5).“

 

Demzufolge ist es weiterhin möglich, die konkrete Realisierung der Beschilderung bürgerorientiert durchzuführen. Die Kontrolle der erlassenen Verwaltungsakte muss jedoch systematisch und nachweisbar erfolgen. Dabei ist zu beachten, dass die Kontrollen der jeweiligen Veranstaltung angemessen sind. Bei Schützenfesten, bei denen unterschiedliche Zugwege zu unterschiedlichen Zeiten beschildert sind, müssen diese teilweise mehrfach täglich erfolgen, um die ordnungsgemäße Umsetzung zu gewährleisten. Erschwerend kommt hinzu, dass die Kontrollen überwiegend außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeiten, vornehmlich am Wochenende, erfolgen müssen.

 

Eine Auswertung der Stundennachweise im SB11 hat ergeben, dass im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Durchführung von nicht-kommerziellen Veranstaltungen in einem Jahr zurzeit rd. 550 Stunden Personaleinsatz und rd. 190 Stunden Fahrzeugeinsatz anfallen. Ergänzt wird der städtische Aufwand durch die Arbeitsstunden des FB5 im Rahmen der Kontrollen als Straßenverkehrsbehörde. Zu berücksichtigen ist, dass der städtische Aufwand und die jeweilige Eigenbeteiligung der Veranstalter selbst bei gleichartigen Veranstaltungen traditionsgemäß sehr unterschiedlich waren und der ungleiche Umfang der städtischen Unterstützung von Veranstaltern teilweise als nicht gerecht empfunden wurde.

 

Unter Berücksichtigung der Erlasslage und vor dem Hintergrund der bisher ungleichen Unterstützung verschiedener Veranstalter muss für die Frage der Aufstellung, des Unterhaltes und des Betriebes von Verkehrszeichen im Zuge von nicht-kommerziellen Veranstaltungen eine generelle Regelung unter Berücksichtigung der vorhandenen personellen Ressourcen getroffen werden.

 

In umliegenden Städten und Gemeinden wird das Problem im Detail unterschiedlich gehandhabt. Grundsätzlich lässt sich aber erkennen, dass verwaltungsseitig alle Veranstaltungen -soweit jeweils möglich- unterstützt werden. In Neuss wird einzelfallabhängig durch die Straßenverkehrsbehörde entschieden, wer die Maßnahmen durchführt. In Korschenbroich übernimmt der Eigenbetrieb Stadtpflege die Ausführung und Kontrolle der verkehrsrechtlichen Anordnungen bei Veranstaltungen im Zusammenhang mit Brauchtum und Stadtmarketing. In Kaarst und Jüchen erledigt dies der Baubetriebshof für alle Veranstaltungen. In Grevenbroich werden die verkehrslenkenden Maßnahmen und deren Kontrolle bei Brauchtumsveranstaltungen und Cityfeste mit Beteiligung des Stadtmarketings durch die Stadt übernommen, bei anderen Veranstaltungen überträgt die Stadt die Ausführung an den Antragsteller unter Hinweis auf eine notwendige Qualifikation. Auch Rommerskirchen praktiziert eine Mischung zwischen Leistungen der Gemeinde bei Schützenfesten und Selbstbeteiligung der Antragsteller bei anderen Veranstaltungen.


 

Grundsätzlich sind im Hinblick auf den Auf- und Abbau sowie den Betrieb der Verkehrszeichen und –einrichtungen unterschiedliche Lösungsansätze möglich.

 

Variante 1 (Komplettübernahme durch den Veranstalter)

Lieferung, Aufstellung, Betrieb, Unterhaltung und Abbau der Verkehrszeichen erfolgen ausschließlich durch den Antragsteller, der sich eines gewerblichen Verkehrssicherungsunternehmens bedienen muss. Eventuelle weitere Aufbauarbeiten (Tribünen, Fahnen etc.) werden gleichfalls durch den Veranstalter erledigt. Diese Variante belastet alle Antragsteller unabhängig von Größe und Art der Veranstaltung mit den Kosten für ein zu beauftragendes Verkehrssicherungsunternehmen und evtl. externer Dienstleister.

Die (relativ geringen) notwendigen und der Veranstaltung angemessenen Kontrollen der Umsetzung der verkehrsrechtlichen Anordnung erfolgen durch die Stadt.

 

Diese Variante beinhaltet zwar die größte Entlastung für die Stadt, deren Beteiligung sich lediglich auf die Kontrollen beschränkt, sie würde aber die Veranstalter unabhängig von Art und Größe ihrer Veranstaltung über Gebühr finanziell belasten.

 

Variante 2 (Komplettübernahme durch die Stadt)

Sämtliche erforderlichen Verkehrszeichen und Aufbauten werden durch die Stadt aufgestellt, unterhalten und betrieben.

Die (relativ geringen) notwendigen und der Veranstaltung angemessenen Kontrollen im Hinblick auf die verkehrsrechtliche Anordnung erfolgen gleichfalls durch die Stadt.

 

Diese Variante bietet den Veranstaltern die größte Entlastung, da sie von jeglicher Umsetzung befreit sind und die Stadt diese Aufgaben auch dort noch übernehmen müsste, wo sie bislang durch die Veranstalter realisiert wurden. Sie ist allerdings aufgrund der vorhandenen Personalressourcen nicht realisierbar.

 

Variante 3 (gemeinsame Umsetzung durch Stadt und Veranstalter, abhängig von der Art der Veranstaltung)

Die beantragten Veranstaltungen werden in Kategorien unterteilt, die unterschiedlich gehandhabt werden

 

Kategorie A: Große nicht-kommerzielle Veranstaltungen

Zu den großen nicht- kommerziellen Veranstaltungen zählen zum Beispiel die Schützenfeste und Veranstaltungen im Bereich von Hauptverkehrsstraßen bzw. klassifizierten Straßen. Die Umsetzung der Genehmigung nach §45 StVO erfolgt ausschließlich durch den Veranstalter. Er kann sich dazu eines gewerblichen Verkehrssicherungsunternehmens bedienen oder die Anordnung hinsichtlich Abholung, Aufbau, Unterhaltung und Abbau durch Eigeninitiative umsetzen. Letzteres wird durch die Stadt dahingehend unterstützt, dass bereitgestellte Verkehrszeichen (sofern vorhanden) ausgegeben werden.

Um eine sach- und fachgerechte Umsetzung sicherzustellen, bedienen sich die Veranstalter entsprechend geschulter Verwaltungshelfer. Dies können Personen mit entsprechender Fortbildung (z.B. Feuerwehrleute) sein, oder auch Vereinsmitglieder oder sonstige Freiwillige. Die Stadt unterstützt die Veranstalter regelmäßig wiederkehrender Veranstaltungen mit einer entsprechenden Schulung durch externe Sachverständige. Die Kosten der Schulung trägt die Stadt.

 

Die notwendigen und der Veranstaltung angemessenen Kontrollen im Hinblick auf die verkehrsrechtliche Anordnung erfolgen durch die Stadt.

 

 

Kategorie B: Kleine nicht-kommerzielle Veranstaltungen

Zu den kleinen nicht-kommerziellen Veranstaltungen zählen zum Beispiel Veranstaltungen mit kleinerer Personenzahl und solche auf Straßen geringerer Verkehrsbedeutung wie Anliegerstraßen. Die Umsetzung der Anordnung nach §45 StVO erfolgt durch den Veranstalter mit Unterstützung der Stadt, die Verkehrszeichen auf dem Baubetriebshof bereitstellt. Aufgrund des geringeren Beschilderungsaufwands und des geringeren Gefahrenpotenzials kann die Umsetzung durch den Veranstalter auch ohne die bei großen Veranstaltungen vorgesehene Schulung erfolgen. Eventuell notwendige Hinweise zur Aufstellung erhalten die Veranstalter bei der Abholung der Schilder auf dem Baubetriebshof oder in der Genehmigung.

Die notwendigen und der Veranstaltung angemessenen Kontrollen im Hinblick auf die verkehrsrechtliche Anordnung erfolgen durch die Stadt.

 

Kategorie C. Sonstige Veranstaltungen

Bei Veranstaltungen, die in keine der genannten Kategorien fallen, wie zum Beispiel der Sonnenblumensonntag, die Winterwelt oder der Osterather Maimarkt sowie bei Messen, kommerziellen Sportturnieren oder Werbeveranstaltungen erfolgt die Umsetzung der Anordnung nach §45 StVO durch den Veranstalter unter Hinzuziehung eines Verkehrssicherungsunternehmens.

 

Diese Variante berücksichtigt als einzige die Leistungsfähigkeit und –bereitschaft der Vereine und anderer Veranstalter ebenso wie die Situation der Verwaltung. Sie wird seit Mitte 2013 schrittweise eingeführt und soll ab 2014 durchgängig praktiziert werden. Bei überwiegend kommerziell ausgerichteten Veranstaltungen werden die Aufwände in vollem Umfang auf die Veranstalter (bzw. das von ihnen beauftragte Verkehrssicherungsunternehmen) übertragen, bei Schützenfesten wird der Aufwand durch größere Eigenleistungen der Vereine aufgefangen.

 

In einem Informationsgespräch im Dezember 2013, an dem Vertreter aller örtlichen Schützenvereine teilnahmen, erklärten sich diese bereit, ab 2014 nach diesen Grundlagen zu verfahren. Die angebotene Schulung stieß auf Zustimmung und es wurde deutlich, dass es nicht darum geht, Veranstaltungen zu erschweren, sondern dass gemeinsam Regelungen gefunden werden müssen, die den veränderten rechtlichen Bedingungen Rechnung tragen und mit der gegebenen Sach- und Personalausstattung der Verwaltung sowie den Möglichkeiten der Betroffenen realisiert werden können.

 

 

 

 

 

 

 

 


Dieter Spindler

Bürgermeister