Sitzung: 19.06.2013 Ausschuss für Schule und Sport
Erste Beigeordnete
Mielke-Westerlage führt aus, am Freitag seien alle Eltern von Erstklässlern
über das nachgeschobene Anmeldeverfahren bei der städt. Barbara-Gerretz-Schule
informiert worden. Die Anmeldetermine seien entsprechend dem Wunsch der
Schulleitung festgelegt worden und fänden vom 26.06. – 29.06.2013 statt. Im
Anmeldevordruck finde sich ein Hinweis, dass bei einem Zustandekommen einer
Eingangsklasse und mit dem Aufnahmebescheid gleichzeitig eine Abmeldung an der
Grundschule verbunden sei, für die bereits ein Aufnahmebescheid erteilt worden
sei. Des Weiteren sei auf Wunsch der städt. Barbara-Gerretz-Schule darauf
verzichtet worden, dass die Kinder zur Anmeldung mit erscheinen müssten.
Eltern, die es bei der bisherigen Schulwahl belassen wollten, bräuchten nichts
zu unternehmen. Das Verfahren, die Elterninformation und der Anmeldevordruck
seien in einem Gespräch am vergangenen Freitag mit den Schulleitungen der
Osterather Grundschulen sowie den Schulpflegschaften erörtert worden.
Für den 2. Juli 2013 sei ein
Koordinierungsgespräch mit den Schulleitungen der drei Grundschulen und der
Schulaufsicht verabredet. Aufgrund erfolgter Abweisungen von der städt.
Eichendorffschule zur Erwin-Heerich-Schule Bovert sei es nicht auszuschließen, dass
es noch zu weiteren Ummeldungen kommen würde.
Auf Nachfrage von Ratsfrau
Glasmacher, ob es auch möglich sei, sich noch nach den genannten
Anmeldeterminen an die städt. Barbara-Gerretz-Schule umzumelden, wird von
Erster Beigeordneter Mielke-Westerlage bejaht; es handele sich nicht um
Ausschlusstermine.
Im Anschluss nehmen Erste
Beigeordnete Mielke-Westerlage und StORR’in Baetzgen zu den
Entscheidungsgründen des OVG Münster zum Beschluss vom 31. Mai 2013, die die
Verwaltung am 17.06.2013 erhalten hat, Stellung.
Anders als die obere
Schulaufsicht und die drei Berufsrichter des Verwaltungsgerichtes Düsseldorf
hätte das OVG den Ratsbeschluss vom 28.6.2012 nach gegenwärtigem
Erkenntnisstand als rechtswidrig erachtet. Das OVG stelle ausdrücklich fest,
dass das Bedürfnis für eine der drei städtischen Grundschulen in
Meerbusch-Osterath weggefallen sei, weil das Bildungsangebot der Schulform
Grundschule in zumutbarer Entfernung an zwei Grundschulen wahrgenommen
werden könne. Das OVG führe auf Blatt 4 ausdrücklich aus, dass keine zwingende
Verpflichtung zur Fortführung der städt. Barbara-Gerretz-Schule nach § 78 Abs.
4 Satz 2 SchulG bestände, die Fortführung stände im Organisationsermessen des
Rates.
Allerdings habe die Stadt nach Auffassung des Gerichtes ihr Organisationsermessen bislang fehlerhaft ausgeübt
Der Rat habe das Gewicht des
Fortführungsinteresses der BGS als der einzigen katholischen Bekenntnisschule
in Osterath mit einem zu geringen Gewicht in seine Abwägungen eingestellt.
Die
Münsteraner Richter kritisierten, dass die Stadt in ihrer
Schulentwicklungsplanung den Charakter der städt. Barbara-Gerretz-Schule als
Bekenntnisschule verkannt habe. Bei der Abwägung hätten nicht nur Schüler
katholischer Konfession berücksichtigt werden dürfen, sondern auch bekenntnisfremde
Kinder – nämlich dann, wenn sie die Ausrichtung der Schule auf die Grundsätze
des fremden Bekenntnisses voll und ganz bejahen würden. Laut OVG hätte die Stadt bei der Ermittlung
des Bedarfs für den Fortbestand der städt. Barbara-Gerretz-Schule durch
Nachfrage bei der Schule oder Elternbefragung feststellen müssen, wie hoch der
Anteil bekenntnisfremder Eltern gegenwärtiger und zukünftiger Schüler dieser
Schule sei, die die in der zitierten Rechtsprechung aufgestellten
Voraussetzungen erfüllen oder zu erfüllen bereit seien.
Die Einbeziehung bekenntnisfremder
Kinder sei nicht erfolgt, weil die Stadt die entsprechenden Entscheidungen, die
das Gericht jetzt anführe, nicht für einschlägig angesehen hätte.
Mit dieser Auffassung stehe die Stadt nicht
allein, sondern befinde sich in Gesellschaft von Schulexperten wie der
Bezirksregierung Düsseldorf, dem von der Stadt beauftragten Gutachter Dr.
Rösner und dem Verwaltungsgericht Düsseldorf, die allesamt offensichtlich die
Entscheidung nicht für einschlägig erachtet hätten.
StORR’in Baetzgen erklärt, das Gericht berufe
sich bezüglich der Berücksichtigung bekenntnisfremder Schüler auf seine
bisherige Rechtssprechung. Sie beziehe sich allerdings nicht auf
Schulauflösungen. Es handele sich vielmehr um Entscheidungen, die sich damit
beschäftigen, ob ein bekenntnisfremdes Kind im Einzelfall einen Anspruch auf ausnahmsweisen Zugang zu einer
fremden Bekenntnisschule habe.
Obwohl ein solcher Anspruch grundsätzlich
nicht bestehe, wenn die Bekenntnisschule nur aus pädagogischen,
schulorganisatorischen oder geografischen Gründen gewählt würde und eine andere
Schule in zumutbarer Entfernung erreichbar sei, würde in den zitierten
Entscheidungen ein Anspruch im Einzelfall ausnahmsweise bejaht, wenn die Eltern
die Ausrichtung auf das konkrete (von ihrem Bekenntnis abweichende) Bekenntnis
voll und ganz bejahen und ihr Kind ausdrücklich (vollumfänglich) in diesem
Bekenntnis erzogen haben wollten.
Hierfür habe das OVG in den zu entscheidenden
Einzelfällen die ausdrückliche Erklärung ausreichen lassen, ihr Kind solle
katholisch erzogen werden und zu diesem Zweck auch an katholischem
Religionsunterricht teilnehmen. Die Auswirkungen dieser ausdrücklich als
Ausnahmen dargestellten und auf den Einzelfall zugeschnittenen Entscheidungen
auf den Abwägungsprozess im Rahmen von Schulschließungsverfahren seien bislang
sowohl von der Bezirksregierung und dem Verwaltungsgericht Düsseldorf als auch
von hier juristisch anders beurteilt worden, d.h. nicht als einschlägig
angesehen.
Insofern stelle der jetzige Beschluss des OVG
bislang in keiner gerichtlichen Entscheidung zu findende Anforderungen an den
Abwägungsprozess bei der Schließung von Bekenntnisschulen auf. Der Senat hielt
es für wahrscheinlich, dass diese Sachverhaltsermittlungen einen 55 % deutlich
übersteigenden Fortbestandsbedarf ergeben hätte.
Erste Beigeordnete Mielke-Westerlage
erklärt, von Seiten der Bezirksregierung Düsseldorf habe es bei der für
Kommunen bei schulorganisatorischen Maßnahmen verpflichtenden Schulträgerberatung
keinen Hinweis gegeben, dass auch Kinder fremden Bekenntnisses mit in der
Schulentwicklungsplanung zu berücksichtigen seien. Eine entsprechende
Elternbefragung stelle sie sich auch als schwierig vor.
Auch der von der Stadt beauftragte
Gutachter Dr. Rösner habe in seinem Gutachten „Barbara-Gerretz-Schule“ keine
Berücksichtigung bekenntnisfremder Kinder vorgenommen. Vielmehr werde auf S. 4
seines Gutachtens ausgeführt: Was eine
angeblich besondere Schutzwürdigkeit der Erhaltung einer Bekenntnisschule
betrifft, so folgt der Gutachter der
Auffassung der Bezirksregierung und des städt. Rechtsamtes. Danach liegt es im
Ermessen des Trägers einer öffentlichen Bekenntnisschule, hier
schulorganisatorische Maßnahmen zu treffen, auch Schließungen. Er habe des
Weiteren auf gleichlautende Ergebnisse von Elternbefragungen in Meschede,
Höxter und Petershagen hingewiesen, bei der die konfessionelle Ausrichtung eine untergeordnete Rolle gespielt habe.
Aber insbesondere die 3 Berufsrichter
des VG Düsseldorf hätten die Entscheidungen, die das OVG jetzt als
Abwägungsmangel in Bezug auf die Berücksichtigung von Schülern festgestellt
habe, nicht angeführt.
Die weitere Kritik des Gerichtes betreffe
Alternativlösungen. Der Rat, so das OVG, habe die Alternativlösung einer Fortführung der städt.
Barbara-Gerretz-Schule am Standort Neusser Feldweg unberücksichtigt gelassen.
Außerdem habe er die weiteren Alternativen einer ein- oder zweizügigen
Fortführung der städt. Barbara-Gerretz-Schule an einem der beiden Schulstandorte
Görresstraße und Neusser Feldweg oder auch an beiden nicht erkennbar geprüft.
Von einer Fortführung der katholischen
städt. Barbara-Gerretz-Schule am Standort Neusser Feldweg, die das OVG als eine
„ernsthaft in Betracht zu ziehende Alternative“ nenne, hätten die Fachleute der Bezirksregierung und des
Schulamtes für den Rhein-Kreis Neuss klar abgeraten. Das ergäbe sich aus dem
Protokoll der Schulträgerberatung vom 21.02.2012, welches dem Rat mit BV vom
13.3.2012 vorgelegen habe. Hier hieße es: Es
ist wichtig, dass im dörflichen Teil des Stadtteiles Osterath eine
Gemeinschaftsgrundschule erhalten bleibt. Die Kinder auf die EHS jenseits der
Bahnschienen verweisen zu müssen, würde dem Prinzip „kurze Beine – kurze Wege“
nicht gerecht. Der Grund: Kinder,
die in Bovert wohnen und deren Eltern keine konfessionelle Schule
wünschten, müssten gegebenenfalls lange Schulwege in die Ortsmitte zurücklegen.
Die fußläufig zumutbare Strecke von zwei Kilometern würde überschritten und
Schulbusse müssten eingesetzt werden.
Dies würde umgekehrt auch dann gelten,
wenn die BGS im Schulgebäude der Erwin-Heerich-Schule Bovert fortbestände.
Als weitere Variante sei die
Möglichkeit der Fortführung der katholischen Grundschule im Gebäude Görresstr. mit einem Gemeinschaftszug im Gebäude
geprüft worden, hier allerdings nicht als 2 selbständige Schulen sondern als
Verbundschule und nicht bezogen auf das Gebäude Neusser Feldweg. Die Fachleute
der Bezirksregierung hätten diese Variante aus
schulfachlichen Erwägungen heraus als nicht genehmigungsfähig eingestuft.
Insgesamt wichen die Entscheidungsgründe
des OVG deutlich von denen des VG Düsseldorf ab. Die dortigen Richter hätten
nämlich „Einer zukünftige Klage gegen die
durch den Rat beschlossene Schließung der BGS
nach gegenwärtigem Verfahrensstand keine Aussicht auf Erfolg
eingeräumt“. Des Weiteren sei ausgeführt: „Von einer Schulschließung zukünftig potentiell betroffene Eltern sind
nicht berechtigt, die beschlossene Schließung der Bekenntnisschule zu
verhindern, solange die Versorgung mit einer Grundschule überhaupt
sichergestellt wird. Der Anspruch der Antragsteller, dass der Rat im Rahmen
seiner Ermessensentscheidung alle erheblichen Aspekte berücksichtigt und in
eine gerechte und willkürfreie Abwägung einbezieht ist erfüllt und auf S. 3 Mitte: „Die Aufrechterhaltung einer kath. Bekenntnisgrundschule in Osterath ist
unter keinem Gesichtspunkt rechtlich zwingend.“
StORR’in
Baetzgen führt aus, da es sich um einen Beschluss im Eilverfahren handele, sei
der Ratsbeschluss noch nicht aufgehoben. Die hiergegen laufende Klage habe
nunmehr aufschiebende Wirkung, d.h. dürfe bis zu einer rechtskräftigen
Gerichtsentscheidung nicht vollzogen werden. Ausgangspunkt des gerichtlichen
Verfahrens sei der Ratsbeschluss vom 28.6.2012.
Die
Klage vom 5.10.2012 beim VG Düsseldorf gegen den Ratsbeschluss sei noch
anhängig.
In Bezug auf die Erfolgsaussichten der Klage
sei zu beachten, dass davon auszugehen sei, dass das Verwaltungsgericht
Düsseldorf die Rechtsauffassung des OVG berücksichtigen würde. Anderenfalls
könne das Urteil vom OVG NRW aufgehoben werden.
In der anschließenden Diskussion stellt Ratsherr Focken die Frage, wie es weiter gehe. Ratsfrau Niederdellmann ist der Auffassung, dass ein Standortwechsel der städt. Barbara-Gerretz-Schule zum Neusser Feldweg wahrscheinlich nicht im Interesse der Eltern sei, denen es ja gerade darum ginge, den Standort im Dorf zu erhalten; das sei immer wieder von der Initiative mit Hinweis auf den Schulweg vorgetragen worden.
Erste
Beigeordnete Mielke-Westerlage teilt mit, dass die Verwaltung mögliche
Vorgehensweisen beraten und dann nach der Sommerpause in die Diskussion bringen
werde. Soweit eine ausreichende Anzahl von Kindern sich anmelde, würde an der
städt. Barbara-Gerretz-Schule eine Klasse gebildet, alles Weitere solle
in Ruhe überlegt werden.
Ratsfrau
Glasmacher fragt, ob die Kinder, die jetzt an der städt. Barbara-Gerretz-Schule
aufgenommen würden, bis zum Ende ihrer Schulzeit dort verbleiben könnten.
Ratsherr Schoenauer entgegnet, dass diese Frage nicht zu beantworten sei, da
ein entsprechender Ratsbeschluss für diesen Fall noch nicht gefasst sei.
Auf
weitere Nachfrage erklärt Erste Beigeordnete Mielke-Westerlage,
der Rat habe bei seinem Auflösungsbeschluss vom 28.6.2012, der vorsah, dass für
das Schuljahr 2013/14 keine Eingangsklasse gebildet wird, entschieden, dass die
vorhandenen Jahrgänge im Rahmen der päd. Möglichkeiten auslaufend geführt
werden sollten, wie ein ordnungsgemäßer Schulbetrieb aufrechterhalten werden
könne. Dem Geist dieses Beschlusses folgend gehe sie nicht davon aus, dass der
Rat aufgrund der Tatsache, dass für 2013/14 noch ein Anmeldeverfahren
durchgeführt werden müsse, sich gegen die Fortführung im dargestellten Sinne um
ein weiteres Jahr aussprechen würde. Diese Auffassung vertritt auch die
Ausschussvorsitzende, Ratsfrau Kox.
Der
Beschluss und die Entscheidungsgründe sind dem Protokoll als Anlage
beigefügt.