Erste Beigeordnete Mielke-Westerlage führt unter Bezugnahme auf den
LEG-Wohnungsmarktreport in das Thema ein.
Hinsichtlich der Wohnungsmärkte in NRW sei in den letzten Jahren ein
starker Wandel zu verzeichnen. Veränderungen schlügen sich insbesondere in
erheblichen Preissteigerungen nieder.
Der LEG-Wohnungsmarktreport werte landesweit postleitzahlenscharf
Wohnungsmarktdaten statistisch aus und
sei die einzige statistische Auswertung, die wissenschaftlichen Ansprüchen
genüge. Das Ergebnis für 2012 läge bereits in Berichtsform vor. Der Rhein-Kreis
Neuss sei statistisch den 42 kleineren Wohnungsmärkten zugeordnet. Aus dem
Bereich der kleineren Wohnungsmärkte belege er den 1. Platz, im Vergleich aller
Wohnungsmärkte sei er auf dem fünften Platz zu finden. Der Rhein-Kreis Neuss
zähle damit zu den teuersten Wohnungsmärkten in ganz NRW.
Die statistische Auswertung für den Rhein-Kreis Neuss zeige, dass
Meerbusch mit einem durchschnittlichen qm-Preis im Bereich der Wohnungen in
Mehrfamilienhäusern mit durchschnittlichen Netto-Kaltmiete von 7,35 – 8,00 €
den Spitzenwert innerhalb des Rhein-Kreis Neuss erreiche, Jüchen und
Grevenbroich lägen mit 5,50 €– 6,00 € am unteren Rand. Im 3-Jahresrückblick
zeige sich, dass Meerbusch, genauso wie Neuss und Rommerskirchen bei den
Mietern im Trend lägen, als Folge seien die Angebotsmieten um 5,6% gestiegen.
Besonders betroffen von den Veränderungen des Wohnungsmarktes sei
landesweit der Bereich sozialer Wohnungsbau. So fielen jährlich 100.000
Wohnungen aus der Preisbindung, ohne dass im Gegenzug in entsprechender Größenordnung
neue Vorhaben realisiert werden.
Als Ursache dafür sei zunächst das niedrige Zinsniveau am Kapitalmarkt
zu nennen, infolgedessen Wohnungsbaudarlehen schon vorzeitig abgelöst würden
und Wohnungen somit früher aus der Bindung fielen. Auch ein hoher Standard im
Neubau, mit Wohnungsgrößen, die für Transferleistungsbezieher nicht angemessen
seien sowie knappe Wohnbauflächen seien
ursächlich für den zu verzeichnenden Rückgang. Schließlich sei auch die Wohnungsbauförderung
nur wenig attraktiv, so dass die vom Land bereitgestellten Darlehen mit einem
Volumen von 800 Mio. € auch nicht abfließen würden.
Gehe man davon aus, dass zumindest Empfänger von Arbeitslosengeld II,
Sozialhilfe und Wohngeld grundsätzlich auf preisgünstigen Wohnraum angewiesen seien,
so wären dies in Meerbusch ca. 2600 Haushalte (2011).
Für Bezug einer Sozialwohnung sei ein Wohnberechtigungsschein (WBS)
erforderlich, der von der Wohnortkommune ausgestellt werde und landesweit für 1
Jahr Gültigkeit habe. Die dabei zu berücksichtigenden Einkommensgrenzen würden
jährlich an die Lebenshaltungskostenindex angepasst und betragen ab 01.01.2013
für WBS und die Bewilligung von Landesmitteln zum Eigentumserwerb):
·
1-Personen-Haushalt 18.010,00 Euro
·
2-Personen-Haushalt 21.710,00 Euro
·
Zuschlag
für jede weitere zum Haushalt rechnende Person 4.980,00 Euro, Zuschlag für
jedes zum Haushalt gehörende Kind im Sinne des § 32 Abs. 1 bis 5
Einkommenssteuergesetz 640,00 Euro.
Im Zeitraum 2008 – 2012 seien zwischen 198 und 213 WBS ausgestellt worden.
Auch in Meerbusch fielen in drastischem Ausmaß Wohnungen aus der
Bindung. So sei der Bestand seit 2008 um 560 Wohnungen und somit 45%
zurückgegangen. Bis 2025 werde der Bestand um weitere 268 Wohnungen auf
lediglich 414 verbleibende Wohneinheiten sinken. Allerdings seien in der
Böhlersiedlung derzeit zusätzlich noch 188 Mieter durch die Sozialcharta
geschützt.
Im Ergebnis sei somit ein erheblicher Handlungsbedarf für Familien und
Menschen mit geringem Einkommen gegeben. Dabei sei auch zu bedenken, dass die
Transferleistungen für die Kosten der Unterkunft ja schließlich auch durch die
Kommune und letztendlich die Steuerzahler zu refinanzieren sei. Da die
Richtlinien des Landes alleine offensichtlich nicht dazu führten, die
Fördermittel in Anspruch zu nehmen, müsse nunmehr vor Ort reagiert werden.
Die letzte nennenswerte Realisierung von Sozialwohnungen in Meerbusch
sei 2006 mit 33 Altenwohnungen an der Helen-Keller-Straße erfolgt. Abschließend
verweist Erste Beigeordnete Mielke-Westerlage noch darauf, dass 9 von rd. 110
neuen Wohneinheiten, die im Bereich Böhler-Siedlung durch die GWH entstehen
werden, als Sozialwohnungen errichtet sollen.
Sachkundiger Bürger Müsch bekräftigt den von der Verwaltung
aufgezeigten Handlungsbedarf. Bislang wäre er noch davon ausgegangen, dass die
Problematik durch den Wohnungsmarkt auf freiwilliger Basis zu regeln wäre, dies
sei jedoch offenbar nicht der Fall, so dass die Politik nunmehr dringend
handeln müsse. Ratsherr Fliege verweist auf die regelmäßige Information des Ausschusses
zur Problematik in der Vergangenheit. In diesem Zusammenhang habe man immer
Handlungsbedarf gesehen, aber dennoch sei das Thema nicht in den Fokus der
Parteien genommen worden. Dies müsse sich zukünftig ändern. Ratsfrau Niegeloh
stellt fest, die Situation stelle sich nicht besser dar, als von der
SPD-Fraktion auch befürchtet. Es bedürfe daher dringend einer
Grundstückspolitik, die den sozialen Wohnungsbau fördere und diesbezüglich auch
einer Prüfung, welche Grundstücke in städtischer Hand für den sozialen
Wohnungsbau genutzt werden könnten, um dem Problem Herr zu werden. In diesem
Zusammenhang verweist Vorsitzender Focken deutlich auf die Notwendigkeit, die
Stadtplaner bezüglich des Themas einzubeziehen. Grundstückspolitik sei
originäre Aufgabe des Ausschusses für Planung und Liegenschaften. Der
Sozialausschuss könne die Beschäftigung mit dem Thema anmahnen, handeln müsse
jedoch der APL. Der Vorsitzende des Seniorenbeirats, Herr Güllmann, bittet
hinsichtlich der zukünftigen Planungen auch ausdrücklich darum, die Schaffung
von altengerechtem Wohnraum zu berücksichtigen.
Auf Anfrage erläutert Erste Beigeordnete Mielke-Westerlage, dass in den
Kommunen sehr unterschiedliche Vorgehensweisen hinsichtlich der Förderung der
sozialen Wohnraumförderung praktiziert würden. Eine Vielzahl von Städten, wie
beispielsweise Düsseldorf und Köln, setzten erfolgreich eine Quotenregelung um.
Dafür werde seitens der Kommune einen Quote festgelegt, die vorsähe, dass beim
Neubau von Geschosswohnungen in einem bestimmten Umfang auch Sozialwohnungen zu
schaffen seien. Eine solche Quotenregelung hätte zudem auch den Vorteil einer
sozialen Durchmischung der Quartiere. Andere Kommunen, wie u.a. die Stadt
Neuss, würden über ihre Wohnbaugesellschaften den Neubau von Sozialwohnungen
realisieren.
Nach Abschluss der Diskussion besteht unter den Anwesenden
Einvernehmen, dass das Thema „Sozialer Wohnungsbau“ von erheblicher
gesamtstädtischer Bedeutung und diesbezüglich vordringlicher Handlungsbedarf
gegeben ist. Die Problematik soll daher zunächst in den Fraktionen erörtert und
schließlich mit dem Ziel nachhaltiger Beschlussfassungen im zuständigen
Ausschuss für Planung und Liegenschaften behandelt werden.