Herr Hüchtebrock beantwortet die ersten 5 Fragen von B90/Die Grünen zum Mehrfamilienhaus Kanzlei. Er weist darauf hin, dass die Fragen 6 und 7 im nichtöffentlichen Teil der Sitzung beantwortet werden.

 

1. Frage:

In der Stadtratssitzung vom 6.6.12 wurde bei der weiteren Befreiung des Investors vom Bebauungsplan mit keinem Wort erwähnt, dass sich die betroffenen Anwohner zwischenzeitlich schriftlich und bei einem Termin im April massiv beschwert hatten.

Antwort der Verwaltung:

Am 6. Juni 2012 wurde die Angelegenheit im Ausschuss für Planung und Liegenschaften, nicht im Stadtrat behandelt. Herr Hüchtebrock räumt ein, auf den Erörterungstermin mit den Nachbarn nicht hingewiesen zu haben.

 

2. Frage:

Ein viertes Geschoss war im Bebauungsplan nicht vorgesehen und konnte der Investor nur durch erhebliche außerordentliche Zusagen der Stadtverwaltung bauen. Zudem darf der Investor auch das genehmigte Baufenster überschreiten, so dass das Gebäude deutlich breiter wird als zuvor erlaubt. Die Nachbarn wurden trotz der massiven Auswirkungen dieses Bauklotzes zu keinem Zeitpunkt gefragt oder auch nur informiert. Das massige Gebäude ist optisch eine Zumutung, verschattet die Gärten und führt durch die Schallreflexion zu einer erheblichen Erhöhung der Lärmbelästigung durch die überfliegenden Flugzeuge.

Antwort der Verwaltung:

Der Bebauungsplan setzt eine II bis III-geschossige Bebauung fest. Die Zahl der Geschosse bezieht sich im Planungsrecht immer auf die Anzahl der Vollgeschosse. Ein weiteres zusätzliches Geschoss als Nicht-Vollgeschoss ist demzufolge planungsrechtlich zulässig. In diesem Fall ist das Staffelgeschoß rechnerisch kein Vollgeschoss. Den erforderlichen Befreiungen zum Bauvorhaben hat der APL am 18. Dezember 2008 zugestimmt. Nachbarliche Zustimmungen zu den Befreiungen sind nicht erforderlich, da nachbarliche Belange nicht betroffen sind; insofern besteht keine Informationspflicht den angrenzenden Nachbarn gegenüber. Von nachbarschützenden Vorschriften wurden keine Befreiungen erteilt. Die geltende Rechtsprechung führt aus, dass bei Einhaltung der Abstandflächen nach § 6 BauO NRW kein Raum für Drittschutz im Hinblick auf ausreichende Belichtung, Besonnung und Belüftung gegeben ist. Die Abstandflächenregelung ist abschließend. Dies wurde den Nachbarn in dem gemeinsamen Gespräch am 23. April 2012 und durch Gesprächsvermerk vom 3. Mai 2012 verdeutlicht.

 

3. Frage:

Bereits durch die erste Befreiung wurden die Mindestabstandsflächen auf den Zentimeter ausgereizt und erlaubte die Stadtverwaltung dem Investor die Ausnutzung einer – eigentlich für andere Zwecke gedachten - gesetzlichen Ausnahmeregelung. Ein Nachweis der Einhaltung der Abstände nach der weiteren Befreiung wurde nicht vorgelegt.

Antwort der Verwaltung:

Selbstverständlich liegt seit Feststellung der veränderten Ausführung (geänderte Detailausführung der Attika) ein Abstandflächennachweis durch einen ÖbVI vor. Auch dies ist den Nachbarn seit dem gemeinsamen Gespräch am 23. April 2012 bekannt.

 

4. Frage:

Die Verwaltung hat den Stadtrat nicht darüber informiert, dass der Bau die vom Bebauungsplan vorgesehene maximale Geschosszahl überschreitet: die 4. Etage ist entgegen der Darstellung der Verwaltung ggü. dem Stadtrat kein bloßes sog. „Staffelgeschoss“. Die Verwaltung hatte ggü. den Nachbarn selbst eingeräumt, dass die Geschossform nicht dem Gesetzestext entspricht, zugleich aber süffisant darauf hingewiesen, dass Nachbarn keinen Anspruch auf Einhaltung der Geschosszahl hätten.

Antwort der Verwaltung:

Es ist umstritten, ob die Staffelgeschossregelung des § 2 (5) BauO NRW nur dann anwendbar sein soll, wenn das oberste Geschoss gegenüber allen Außenwänden des Gebäudes zurückgesetzt ist. Gegenüber den Nachbarn wurde entgegen der Auffassung der Nachbarn nicht eingeräumt, dass das Staffelgeschoss nicht dem Gesetzestext entspricht sondern es wurde ausgeführt, dass es unterschiedliche Regelungen hinsichtlich der Definition „Staffelgeschoss“ in den unterschiedlichen Bauordnungen der Länder gibt. Wichtig ist jedoch, besonders unter dem Aspekt des Nachbarschutzes, dass für alle Wände und Wandteile die Abstandflächen nachgewiesen sind und somit § 6 BauO NRW eingehalten wird. Auch dies ist den Nachbarn seit dem gemeinsamen Gespräch am 23. April 2012 bekannt.

 

5. Frage:

Trotz der bereits erheblichen Befreiungen von dem ursprünglichen Bebauungsplan hat sich der Investor nicht um diese weiten Vorgaben geschert und nun auch die neuen Grenzen überschritten. Auf diese Überschreitungen ist die Stadtverwaltung nicht selbst aufmerksam geworden, sondern erst auf Hinweis und Aufforderung der Nachbarn. Statt nun die Einhaltung der Baugenehmigung durchzusetzen und mit den Vertragsstrafen zu belegen (wie sie alle Nachbarn in ihren Kaufverträgen mit der Stadt hatten akzeptieren müssen), beantragt die Verwaltung halt ohne weiteres eine Erweiterung der Ausnahmen. Warum verhält sich die Verwaltung so?

Antwort der Verwaltung:

Diese Darstellung ist nur bedingt richtig. Im Rahmen der Bauüberwachung und durch Intervention der Nachbarn ist eine Überprüfung der Gebäudehöhen durchgeführt worden. Die dargelegten Verfehlungen wurden festgestellt und die Baustelle stillgelegt. Zu diesem Zeitpunkt war die Rohbaufertigstellung noch nicht durch den Bauherrn angezeigt worden. Herr Hüchtebrock verweist abschließend auf die Sachverhaltsdarstellung der Drucksache FB4/352/2012 vom 16. Mai 2012 zur APL-Sitzung am 06.06.2012.

 

 

Ratsfrau Niederdellmann-Siemes fragt, ob Solaranlagen im Baugebiet ausgeschlossen seien und ob die Balkone die Baugrenzen überschreiten. Weiterhin fragt sie, warum auf der den Nachbarn zugewandten Seite nicht auch ein Versprung des oberen Geschosses vorgesehen sei.

Herr Hüchtebrock antwortet, dass Solaranlagen grundsätzlich zulässig seien, dass die Balkone im Paket der ersten Befreiungen enthalten waren, dem der Ausschuss zugestimmt habe. Die Gestaltung des Staffelgeschosses bezüglich Rücksprüngen sei frei und wurde im Gespräch mit der Nachbarschaft thematisiert.

Ratsherr Gabernig fragt, ob Passivhäuser größere Abstandsflächen auslösen. Dies wird von Herrn Hüchtebrock verneint.