Sitzung: 05.07.2012 Ausschuss für Planung und Liegenschaften
Herr Hüchtebrock beantwortet die
ersten 5 Fragen von B90/Die Grünen zum Mehrfamilienhaus Kanzlei. Er weist
darauf hin, dass die Fragen 6 und 7 im nichtöffentlichen Teil der Sitzung
beantwortet werden.
1. Frage:
In
der Stadtratssitzung vom 6.6.12 wurde bei der weiteren Befreiung des Investors
vom Bebauungsplan mit keinem Wort erwähnt, dass sich die betroffenen Anwohner
zwischenzeitlich schriftlich und bei einem Termin im April massiv beschwert
hatten.
Antwort der Verwaltung:
Am
6. Juni 2012 wurde die Angelegenheit im Ausschuss für Planung und
Liegenschaften, nicht im Stadtrat behandelt. Herr Hüchtebrock räumt ein, auf
den Erörterungstermin mit den Nachbarn nicht hingewiesen zu haben.
2. Frage:
Ein
viertes Geschoss war im Bebauungsplan nicht vorgesehen und konnte der Investor
nur durch erhebliche außerordentliche Zusagen der Stadtverwaltung bauen. Zudem
darf der Investor auch das genehmigte Baufenster überschreiten, so dass das
Gebäude deutlich breiter wird als zuvor erlaubt. Die Nachbarn wurden trotz der
massiven Auswirkungen dieses Bauklotzes zu keinem Zeitpunkt gefragt oder auch
nur informiert. Das massige Gebäude ist optisch eine Zumutung, verschattet die
Gärten und führt durch die Schallreflexion zu einer erheblichen Erhöhung der
Lärmbelästigung durch die überfliegenden Flugzeuge.
Antwort der Verwaltung:
Der
Bebauungsplan setzt eine II bis III-geschossige Bebauung fest. Die Zahl der
Geschosse bezieht sich im Planungsrecht immer auf die Anzahl der Vollgeschosse.
Ein weiteres zusätzliches Geschoss als Nicht-Vollgeschoss ist demzufolge
planungsrechtlich zulässig. In diesem Fall ist das Staffelgeschoß rechnerisch
kein Vollgeschoss. Den erforderlichen Befreiungen zum Bauvorhaben hat der APL
am 18. Dezember 2008 zugestimmt. Nachbarliche Zustimmungen zu den
Befreiungen sind nicht erforderlich, da nachbarliche Belange nicht betroffen
sind; insofern besteht keine Informationspflicht den angrenzenden Nachbarn
gegenüber. Von nachbarschützenden Vorschriften wurden keine Befreiungen
erteilt. Die geltende Rechtsprechung führt aus, dass bei Einhaltung der
Abstandflächen nach § 6 BauO NRW kein Raum für Drittschutz im
Hinblick auf ausreichende Belichtung, Besonnung und Belüftung gegeben ist. Die
Abstandflächenregelung ist abschließend. Dies wurde den Nachbarn in dem
gemeinsamen Gespräch am 23. April 2012 und durch Gesprächsvermerk vom
3. Mai 2012 verdeutlicht.
3. Frage:
Bereits
durch die erste Befreiung wurden die Mindestabstandsflächen auf den Zentimeter
ausgereizt und erlaubte die Stadtverwaltung dem Investor die Ausnutzung einer –
eigentlich für andere Zwecke gedachten - gesetzlichen Ausnahmeregelung. Ein
Nachweis der Einhaltung der Abstände nach der weiteren Befreiung wurde nicht
vorgelegt.
Antwort der Verwaltung:
Selbstverständlich
liegt seit Feststellung der veränderten Ausführung (geänderte Detailausführung
der Attika) ein Abstandflächennachweis durch einen ÖbVI vor. Auch dies ist den
Nachbarn seit dem gemeinsamen Gespräch am 23. April 2012 bekannt.
4. Frage:
Die
Verwaltung hat den Stadtrat nicht darüber informiert, dass der Bau die vom
Bebauungsplan vorgesehene maximale Geschosszahl überschreitet: die 4. Etage ist
entgegen der Darstellung der Verwaltung ggü. dem Stadtrat kein bloßes sog.
„Staffelgeschoss“. Die Verwaltung hatte ggü. den Nachbarn selbst eingeräumt,
dass die Geschossform nicht dem Gesetzestext entspricht, zugleich aber
süffisant darauf hingewiesen, dass Nachbarn keinen Anspruch auf Einhaltung der
Geschosszahl hätten.
Antwort der Verwaltung:
Es
ist umstritten, ob die Staffelgeschossregelung des
§ 2 (5) BauO NRW nur dann anwendbar sein soll, wenn das
oberste Geschoss gegenüber allen Außenwänden des Gebäudes zurückgesetzt ist.
Gegenüber den Nachbarn wurde entgegen der Auffassung der Nachbarn nicht
eingeräumt, dass das Staffelgeschoss nicht dem Gesetzestext entspricht sondern
es wurde ausgeführt, dass es unterschiedliche Regelungen hinsichtlich der
Definition „Staffelgeschoss“ in den unterschiedlichen Bauordnungen der Länder
gibt. Wichtig ist jedoch, besonders unter dem Aspekt des Nachbarschutzes, dass
für alle Wände und Wandteile die Abstandflächen nachgewiesen sind und somit
§ 6 BauO NRW eingehalten wird. Auch dies ist den Nachbarn seit
dem gemeinsamen Gespräch am 23. April 2012 bekannt.
5. Frage:
Trotz der bereits erheblichen Befreiungen von dem
ursprünglichen Bebauungsplan hat sich der Investor nicht um diese weiten
Vorgaben geschert und nun auch die neuen Grenzen überschritten. Auf diese
Überschreitungen ist die Stadtverwaltung nicht selbst aufmerksam geworden, sondern
erst auf Hinweis und Aufforderung der Nachbarn. Statt nun die Einhaltung der
Baugenehmigung durchzusetzen und mit den Vertragsstrafen zu belegen (wie sie
alle Nachbarn in ihren Kaufverträgen mit der Stadt hatten akzeptieren müssen),
beantragt die Verwaltung halt ohne weiteres eine Erweiterung der Ausnahmen.
Warum verhält sich die Verwaltung so?
Antwort der Verwaltung:
Diese
Darstellung ist nur bedingt richtig. Im Rahmen der Bauüberwachung und durch
Intervention der Nachbarn ist eine Überprüfung der Gebäudehöhen durchgeführt
worden. Die dargelegten Verfehlungen wurden festgestellt und die Baustelle
stillgelegt. Zu diesem Zeitpunkt war die Rohbaufertigstellung noch nicht durch
den Bauherrn angezeigt worden. Herr Hüchtebrock verweist abschließend auf die
Sachverhaltsdarstellung der Drucksache FB4/352/2012 vom 16. Mai 2012
zur APL-Sitzung am 06.06.2012.
Ratsfrau Niederdellmann-Siemes
fragt, ob Solaranlagen im Baugebiet ausgeschlossen seien und ob die Balkone die
Baugrenzen überschreiten. Weiterhin fragt sie, warum auf der den Nachbarn
zugewandten Seite nicht auch ein Versprung des oberen Geschosses vorgesehen
sei.
Herr Hüchtebrock antwortet, dass
Solaranlagen grundsätzlich zulässig seien, dass die Balkone im Paket der ersten
Befreiungen enthalten waren, dem der Ausschuss zugestimmt habe. Die Gestaltung
des Staffelgeschosses bezüglich Rücksprüngen sei frei und wurde im Gespräch mit
der Nachbarschaft thematisiert.
Ratsherr
Gabernig fragt, ob Passivhäuser größere Abstandsflächen auslösen. Dies wird von
Herrn Hüchtebrock verneint.