Sitzung: 22.06.2016 Ausschuss für Klima, Umwelt, Bau
Technischer
Beigeordneter Assenmacher führt in die Thematik ein. Er erklärt, dass es
seitens der Politik die Forderung gäbe, ein Parkraumbewirtschaftungskonzept für
Parkplätze mit mehr als 30 Stellplätzen zu erstellen. Er stellt Herrn Rainer
Schneider von der Firma Park-Konzepte vor und bittet ihn, über die Ergebnisse
seiner Untersuchungen zur Wirtschaftlichkeit und Umfeldverträglichkeit einer
Parkraumbewirtschaftung in den Ortsteilen Büderich, Osterath und Lank-Latum zu
berichten.
Herr
Schneider erklärt, dass am 07.April 2016 ein Workshop „Parkraumbewirtschaftung
Meerbusch“ stattgefunden habe, den er moderiert habe und an dem Vertreter
verschiedener Fraktionen teilgenommen haben. Der Workshop diente dazu,
grundlegende Informationen zu liefern, Fragestellungen aufzuwerfen und
Hintergrundwissen aufzubauen.
Anmerkung
der Schriftführerin: Die Zusammenfassung der Inhalte des Workshops sind der
Niederschrift als Anlage 1 beigefügt.
Herr
Schneider erläutert, dass Kunden bevorzugt da parken, wo sie einkaufen wollen.
Die Bereitschaft, Laufwege in Kauf zu nehmen, hinge von der Attraktivität des
Standortes ab. Im ländlichen Bereich, zu dem er Meerbusch auch zähle, schätze
er diese auf ca. 300 m ein. Er weist darauf hin, dass in den Ortsteilen
Büderich, Osterath und Lank-Latum keine klassische zentrale Struktur der
Versorgungsbereiche vorläge. Einzelhandel und dienstleistendes Gewerbe lägen
vielmehr entlang schmaler Achsen. Dieses führe dazu, dass den Parkenden ein
sehr naher unbewirtschafteter Bereich zur Verfügung stehe. Es entstünde ein
erheblicher Parksuchverkehr und Parkdruck in den angrenzenden Bereichen, die
einerseits nahe am Ziel und andererseits unbewirtschaftet seien. Hierbei handle
es sich um Wohngebiete, so dass eine Parkraumbewirtschaftung im Spannungsfeld
zwischen Handel, Anwohnern und Politik zu betrachten sei. Herr Schneider
vertritt die Auffassung, dass Parkgebühren den Handel nicht kaputt machen,
allerdings müsse unterschieden werden zwischen starken Bereichen und
kleinteiligen Strukturen.
Er
führt aus, dass für den Ortsteil Osterath durch eine Parkraumbewirtschaftung die
Anwohner und auch der Einzelhandel belastet würden. Der Einzelhandel sei zu
schwach und eine Verlagerung zu Discountern auf der grünen Wiese bzw. zu
Fachgeschäften an stärkeren Standorten könne die Folge sein. Sinnvoll hingegen
sei eine differenzierte Parkscheibenregelung mit unterschiedlichen
Parkhöchstdauern in interessanten und randlagigen Bereichen.
Im
Ortsteil Lank-Latum stelle sich die Situation ähnlich dar. Hier biete sich eine
„hybride“ Regelung mit Parkscheinautomaten in hochfrequentierten Bereichen
(z.B. Parkplatz bei Kaisers) und Parkscheibenregelungen für etwas weiter
entferntere Parkplätze an.
In
Büderich sei die Situation eine andere. Dort liege eine deutliche
Einzelhandelskonzentration mit einer hohen Attraktivität vor. Der Dr.-Franz-Schütz
Platz und die Nebenstraßen seien sehr stark beparkt. Für den Dr.-Franz-Schütz
Platz sei aufgrund der zentralen Lage und der räumlichen Situation eine
Parkierungsanlage möglich. Für die angrenzenden Bereiche seien
Parkscheinautomaten und differenzierte Parkscheibenregelungen sinnvoll.
Herr
Schneider erklärt, dass die Höhe der Parkgebühren nicht entscheidend für ein
bestimmtes Parkverhalten sei, vielmehr müssen die Parkgebühren verständlich
sein, um akzeptiert zu werden. Die Tarifstruktur könne statisch oder dynamisch,
degressiv oder progressiv sein. Insbesondere bei einer Parkierungsanlage
bestehe auf diese Art die Möglichkeit der Steuerung zwischen kürzeren und
längeren Parkdauern. In der Praxis haben sich Rabattierungsmaßnahmen wie etwa
die „Brötchentaste“ als nicht geeignete Steuerungsinstrumente dargestellt.
Hierdurch werde das Verständnis für die Wertigkeit des Parkraumes untergraben.
Ferner führe das zu einer Beschleunigung des Kundenverhaltens. Auch von
tariffreien Zeiten rät Herr Schneider ab. Seiner Meinung nach biete sich ein
nach außen abgestuftes Bewirtschaftungsumfeld an. Durch eine Unterscheidung
zwischen on- und off-street Tarifierung sei es möglich, einerseits die
Aufenthaltsdauer zu Gunsten des Einzelhandels und der Gastronomie zu entschleunigen
und anderseits genügend Parkmöglichkeiten für „one-stop-shopper“, die einen
kurzen Weg wollen und nur kurze Zeit verweilen, zu bieten. Wichtig sei es, die
Zielsetzung der Parkraumbewirtschaftung klar zu definieren. Dabei sei zu
unterscheiden zwischen wirtschaftlichen und verkehrlichen Zielen.
Herr
Schneider erläutert eine Kostenschätzung für eine Parkierungsanlage auf dem
Dr.-Franz-Schütz-Platz. Für den Basisfall mit 2 Schrankenbäumen, 1 Ticketgeber,
1 Ticketnehmer, Induktion, Fernsteuerung, 1 Kassenautomat, 1
Steuerung/Datenzentrale, Sprechanlage und einem doppelseitigem P-Transparent
beliefen sich die Kosten auf ca. 50.000,- €. Dazu kämen Kosten für
eventuell erforderliche Baumaßnahmen. Denkbar sei eine Vergabe an einen
Dienstleister. Dieses Vorgehen verringere den Investitionsdruck, allerdings
auch die Höhe der Einnahmen aufgrund der an den Dienstleister zu zahlenden
Bewirtschaftungskosten.
An
den Vortrag von Herrn Schneider schließt sich eine Diskussion an. Die
Ausschussmitglieder haben Gelegenheit, Fragen zu stellen.
Sachkundiger
Bürger Grund gibt zu bedenken, dass eventuell die Anzahl der
Parkscheinautomaten zu großzügig gewählt sei. Es müsse eine Balance zwischen
dem Interesse des Nutzers an kurzen Wegen und der Stadt als Betreiber erzielt werden.
Herr Schneider weist darauf hin, dass zu große Entfernungen zum
Parkscheinautomaten sich negativ auf die Zahlungsbereitschaft auswirke. Der
Vorschlag der Verwaltung von Standorten für Parkscheinautomaten sei sinnvoll.
Die Kosten eines Parkscheinautomaten in Höhe von 4.000,- € seien nicht so
hoch, als dass dieses ein Kriterium für die Anzahl darstellen solle.
Sachkundiger
Bürger Behlen weist auf die verkehrliche Zielsetzung hin, Kurzverkehre
dahingehend zu steuern, dass sie vermehrt mit dem Fahrrad oder zu Fuß
stattfinden sollten. Das wirtschaftliche Ziel der Parkraumbewirtschaftung müsse
die Refinanzierung der Anlagen plus eventuell ein kleiner Einnahmeüberschuss
sein. Er erachte Parkierungsanlagen auch an anderen Stellen außer dem
Dr.-Franz-Schütz Platz für sinnvoll, so zum Beispiel in Osterath an der
Meerbuscher Straße hinter Hobby Blum oder hinter Rewe. Herr Schneider führt
aus, dass eine Abschrankung den Vorteil habe, dass keine Kontrollen
erforderlich seien. Dem gegenüber stehen jedoch die hohen Kosten. Darüber
hinaus müsse die räumliche Situation berücksichtigt werden. Durch eine
Schrankenanlage gehen Stellplätze verloren und es könne zu einem Rückstau auf
die Straße kommen.
Ratsfrau
Pricken fragt, ob zur Reduzierung von Parksuchverkehren ein Parkleitsystem
sinnvoll sein könnte. Herr Schneider antwortet, dass dynamische Parkleitsysteme
sehr teuer seien. Schilder seien teilweise schon vorhanden und die Anbringung
zusätzlicher Schilder halte er für überflüssig, da die Einwohner sich
auskennen. Ratsfrau Pricken weist auf die besondere Situation des Krankenhauses
hin, das auch ortsunkundige Personen anzieht.
Ratsfrau
Niegeloh äußert Zweifel darüber, ob eine Parkraumbewirtschaftung auf dem
Dr.-Franz-Schütz Platz von den Anwohnern problemlos akzeptiert werde, wenn
diese den Platz nicht mehr kostenlos nutzen können. Herr Schneider weist darauf
hin, dass es Geschmacksache sei, wie sehr man die Anwohner belaste. Es gäbe
beispielsweise die Möglichkeit von Dauerparkkarten. Über die Höhe der Gebühren
müsse entschieden werden.
Ratsfrau
Neukirchen erwähnt, dass die Wirtschaftlichkeit der Parkraumbewirtschaftung in
den Ortsteilen Osterath und Lank noch nicht thematisiert wurde. Sie erachtet
die Parkplätze dort für zu klein. Herr Schneider weist darauf hin, dass in
diesen Ortsteilen die Belastung des Einzelhandels und der Anwohner sehr hoch
sei.
Sachkundiger
Bürger Dr. Nieberding bittet darum, den Fraktionen kurzfristig die Unterlagen
des Referenten zur Verfügung zu stellen.
Anmerkung
der Schriftführerin: Die Präsentationsfolien und die Zusammenfassung der
Inhalte des Workshops „Parkraumbewirtschaftung Meerbusch“ am 07. April 2016
wurde den Fraktionsvorsitzenden am 24.06.2016 per mail zugesandt.
Dr.
Nieberding fragt danach, wie fundiert die These, dass eine
Parkraumbewirtschaftung keinen negativen Auswirkungen auf den Einzelhandel
habe, sei. Herr Schneider berichtet, dass es Untersuchungen gäbe, die belegen,
dass eine adäquate Parkraumbewirtschaftung sich nicht negativ auf den
Einzelhandel auswirke.
Ratsherr
Gabernig macht den Vorschlag, den Workshop zur Parkraumbewirtschaftung in
Meerbusch zu wiederholen, da etliche Ausschussmitglieder nicht daran
teilgenommen haben.
Sachkundiger
Bürger Behlen fragt, ob es zu einer Abwanderung von Kunden in Nachbarstädte
kommen könnte. Herr Schneider entgegnet, dass eine akzeptierte Bewirtschaftung
in der Regel nicht dazu führe.
Ratsfrau
Niegeloh fragt, wie man im Falle des Krankenhauses Lank den Umkreis beziffern
würde. In ca. 150 m Entfernung gäbe es einen weiteren Parkplatz, auf den sich
eine Bewirtschaftung auswirken könne. Herr Schneider nennt die verschiedenen
Maßnahmen und Auswirkungen ein „System kommunizierender Röhren“. Es müsse immer
auch das gesamte Umfeld betrachtet werden.
Anmerkung
der Schriftführerin: Die Präsentationsfolien sind der Niederschrift als Anlage
beigefügt.