Technischer Beigeordneter Assenmacher führt in die Thematik ein. Er erklärt, dass es seitens der Politik die Forderung gäbe, ein Parkraumbewirtschaftungskonzept für Parkplätze mit mehr als 30 Stellplätzen zu erstellen. Er stellt Herrn Rainer Schneider von der Firma Park-Konzepte vor und bittet ihn, über die Ergebnisse seiner Untersuchungen zur Wirtschaftlichkeit und Umfeldverträglichkeit einer Parkraumbewirtschaftung in den Ortsteilen Büderich, Osterath und Lank-Latum zu berichten.

 

Herr Schneider erklärt, dass am 07.April 2016 ein Workshop „Parkraumbewirtschaftung Meerbusch“ stattgefunden habe, den er moderiert habe und an dem Vertreter verschiedener Fraktionen teilgenommen haben. Der Workshop diente dazu, grundlegende Informationen zu liefern, Fragestellungen aufzuwerfen und Hintergrundwissen aufzubauen.

 

Anmerkung der Schriftführerin: Die Zusammenfassung der Inhalte des Workshops sind der Niederschrift als Anlage 1 beigefügt.

 

Herr Schneider erläutert, dass Kunden bevorzugt da parken, wo sie einkaufen wollen. Die Bereitschaft, Laufwege in Kauf zu nehmen, hinge von der Attraktivität des Standortes ab. Im ländlichen Bereich, zu dem er Meerbusch auch zähle, schätze er diese auf ca. 300 m ein. Er weist darauf hin, dass in den Ortsteilen Büderich, Osterath und Lank-Latum keine klassische zentrale Struktur der Versorgungsbereiche vorläge. Einzelhandel und dienstleistendes Gewerbe lägen vielmehr entlang schmaler Achsen. Dieses führe dazu, dass den Parkenden ein sehr naher unbewirtschafteter Bereich zur Verfügung stehe. Es entstünde ein erheblicher Parksuchverkehr und Parkdruck in den angrenzenden Bereichen, die einerseits nahe am Ziel und andererseits unbewirtschaftet seien. Hierbei handle es sich um Wohngebiete, so dass eine Parkraumbewirtschaftung im Spannungsfeld zwischen Handel, Anwohnern und Politik zu betrachten sei. Herr Schneider vertritt die Auffassung, dass Parkgebühren den Handel nicht kaputt machen, allerdings müsse unterschieden werden zwischen starken Bereichen und kleinteiligen Strukturen.

 

Er führt aus, dass für den Ortsteil Osterath durch eine Parkraumbewirtschaftung die Anwohner und auch der Einzelhandel belastet würden. Der Einzelhandel sei zu schwach und eine Verlagerung zu Discountern auf der grünen Wiese bzw. zu Fachgeschäften an stärkeren Standorten könne die Folge sein. Sinnvoll hingegen sei eine differenzierte Parkscheibenregelung mit unterschiedlichen Parkhöchstdauern in interessanten und randlagigen Bereichen.

 

Im Ortsteil Lank-Latum stelle sich die Situation ähnlich dar. Hier biete sich eine „hybride“ Regelung mit Parkscheinautomaten in hochfrequentierten Bereichen (z.B. Parkplatz bei Kaisers) und Parkscheibenregelungen für etwas weiter entferntere Parkplätze an.

 

In Büderich sei die Situation eine andere. Dort liege eine deutliche Einzelhandelskonzentration mit einer hohen Attraktivität vor. Der Dr.-Franz-Schütz Platz und die Nebenstraßen seien sehr stark beparkt. Für den Dr.-Franz-Schütz Platz sei aufgrund der zentralen Lage und der räumlichen Situation eine Parkierungsanlage möglich. Für die angrenzenden Bereiche seien Parkscheinautomaten und differenzierte Parkscheibenregelungen sinnvoll.

 

Herr Schneider erklärt, dass die Höhe der Parkgebühren nicht entscheidend für ein bestimmtes Parkverhalten sei, vielmehr müssen die Parkgebühren verständlich sein, um akzeptiert zu werden. Die Tarifstruktur könne statisch oder dynamisch, degressiv oder progressiv sein. Insbesondere bei einer Parkierungsanlage bestehe auf diese Art die Möglichkeit der Steuerung zwischen kürzeren und längeren Parkdauern. In der Praxis haben sich Rabattierungsmaßnahmen wie etwa die „Brötchentaste“ als nicht geeignete Steuerungsinstrumente dargestellt. Hierdurch werde das Verständnis für die Wertigkeit des Parkraumes untergraben. Ferner führe das zu einer Beschleunigung des Kundenverhaltens. Auch von tariffreien Zeiten rät Herr Schneider ab. Seiner Meinung nach biete sich ein nach außen abgestuftes Bewirtschaftungsumfeld an. Durch eine Unterscheidung zwischen on- und off-street Tarifierung sei es möglich, einerseits die Aufenthaltsdauer zu Gunsten des Einzelhandels und der Gastronomie zu entschleunigen und anderseits genügend Parkmöglichkeiten für „one-stop-shopper“, die einen kurzen Weg wollen und nur kurze Zeit verweilen, zu bieten. Wichtig sei es, die Zielsetzung der Parkraumbewirtschaftung klar zu definieren. Dabei sei zu unterscheiden zwischen wirtschaftlichen und verkehrlichen Zielen.

 

Herr Schneider erläutert eine Kostenschätzung für eine Parkierungsanlage auf dem Dr.-Franz-Schütz-Platz. Für den Basisfall mit 2 Schrankenbäumen, 1 Ticketgeber, 1 Ticketnehmer, Induktion, Fernsteuerung, 1 Kassenautomat, 1 Steuerung/Datenzentrale, Sprechanlage und einem doppelseitigem P-Transparent beliefen sich die Kosten auf ca. 50.000,- €. Dazu kämen Kosten für eventuell erforderliche Baumaßnahmen. Denkbar sei eine Vergabe an einen Dienstleister. Dieses Vorgehen verringere den Investitionsdruck, allerdings auch die Höhe der Einnahmen aufgrund der an den Dienstleister zu zahlenden Bewirtschaftungskosten.

 

An den Vortrag von Herrn Schneider schließt sich eine Diskussion an. Die Ausschussmitglieder haben Gelegenheit, Fragen zu stellen.

 

Sachkundiger Bürger Grund gibt zu bedenken, dass eventuell die Anzahl der Parkscheinautomaten zu großzügig gewählt sei. Es müsse eine Balance zwischen dem Interesse des Nutzers an kurzen Wegen und der Stadt als Betreiber erzielt werden. Herr Schneider weist darauf hin, dass zu große Entfernungen zum Parkscheinautomaten sich negativ auf die Zahlungsbereitschaft auswirke. Der Vorschlag der Verwaltung von Standorten für Parkscheinautomaten sei sinnvoll. Die Kosten eines Parkscheinautomaten in Höhe von 4.000,- € seien nicht so hoch, als dass dieses ein Kriterium für die Anzahl darstellen solle.

 

Sachkundiger Bürger Behlen weist auf die verkehrliche Zielsetzung hin, Kurzverkehre dahingehend zu steuern, dass sie vermehrt mit dem Fahrrad oder zu Fuß stattfinden sollten. Das wirtschaftliche Ziel der Parkraumbewirtschaftung müsse die Refinanzierung der Anlagen plus eventuell ein kleiner Einnahmeüberschuss sein. Er erachte Parkierungsanlagen auch an anderen Stellen außer dem Dr.-Franz-Schütz Platz für sinnvoll, so zum Beispiel in Osterath an der Meerbuscher Straße hinter Hobby Blum oder hinter Rewe. Herr Schneider führt aus, dass eine Abschrankung den Vorteil habe, dass keine Kontrollen erforderlich seien. Dem gegenüber stehen jedoch die hohen Kosten. Darüber hinaus müsse die räumliche Situation berücksichtigt werden. Durch eine Schrankenanlage gehen Stellplätze verloren und es könne zu einem Rückstau auf die Straße kommen.

 

Ratsfrau Pricken fragt, ob zur Reduzierung von Parksuchverkehren ein Parkleitsystem sinnvoll sein könnte. Herr Schneider antwortet, dass dynamische Parkleitsysteme sehr teuer seien. Schilder seien teilweise schon vorhanden und die Anbringung zusätzlicher Schilder halte er für überflüssig, da die Einwohner sich auskennen. Ratsfrau Pricken weist auf die besondere Situation des Krankenhauses hin, das auch ortsunkundige Personen anzieht.

 

Ratsfrau Niegeloh äußert Zweifel darüber, ob eine Parkraumbewirtschaftung auf dem Dr.-Franz-Schütz Platz von den Anwohnern problemlos akzeptiert werde, wenn diese den Platz nicht mehr kostenlos nutzen können. Herr Schneider weist darauf hin, dass es Geschmacksache sei, wie sehr man die Anwohner belaste. Es gäbe beispielsweise die Möglichkeit von Dauerparkkarten. Über die Höhe der Gebühren müsse entschieden werden.

 

Ratsfrau Neukirchen erwähnt, dass die Wirtschaftlichkeit der Parkraumbewirtschaftung in den Ortsteilen Osterath und Lank noch nicht thematisiert wurde. Sie erachtet die Parkplätze dort für zu klein. Herr Schneider weist darauf hin, dass in diesen Ortsteilen die Belastung des Einzelhandels und der Anwohner sehr hoch sei.

 

Sachkundiger Bürger Dr. Nieberding bittet darum, den Fraktionen kurzfristig die Unterlagen des Referenten zur Verfügung zu stellen.

 

Anmerkung der Schriftführerin: Die Präsentationsfolien und die Zusammenfassung der Inhalte des Workshops „Parkraumbewirtschaftung Meerbusch“ am 07. April 2016 wurde den Fraktionsvorsitzenden am 24.06.2016 per mail zugesandt.

 

Dr. Nieberding fragt danach, wie fundiert die These, dass eine Parkraumbewirtschaftung keinen negativen Auswirkungen auf den Einzelhandel habe, sei. Herr Schneider berichtet, dass es Untersuchungen gäbe, die belegen, dass eine adäquate Parkraumbewirtschaftung sich nicht negativ auf den Einzelhandel auswirke.

 

Ratsherr Gabernig macht den Vorschlag, den Workshop zur Parkraumbewirtschaftung in Meerbusch zu wiederholen, da etliche Ausschussmitglieder nicht daran teilgenommen haben.

 

Sachkundiger Bürger Behlen fragt, ob es zu einer Abwanderung von Kunden in Nachbarstädte kommen könnte. Herr Schneider entgegnet, dass eine akzeptierte Bewirtschaftung in der Regel nicht dazu führe.

 

Ratsfrau Niegeloh fragt, wie man im Falle des Krankenhauses Lank den Umkreis beziffern würde. In ca. 150 m Entfernung gäbe es einen weiteren Parkplatz, auf den sich eine Bewirtschaftung auswirken könne. Herr Schneider nennt die verschiedenen Maßnahmen und Auswirkungen ein „System kommunizierender Röhren“. Es müsse immer auch das gesamte Umfeld betrachtet werden.

 

Anmerkung der Schriftführerin: Die Präsentationsfolien sind der Niederschrift als Anlage beigefügt.