Sitzung: 28.04.2015 Sozialausschuss
Erster Beigeordneter Maatz erinnert an die Anregung von Ratsfrau Pricken hinsichtlich einer Anpassung des Stadtrechts im Zusammenhang mit der Gründung des Bündnis gegen Rechts, beispielsweise hinsichtlich einer notwendigen Genehmigung für die Verteilung von Flyern auf öffentlichen Märkten. Die Antwort der Überprüfung seitens des Service Rechts werde ins Protokoll aufgenommen.
Anmerkung der Schriftführerin:
Der Servicebereich Recht ist hinsichtlich der Prüfung der Anregung zu folgendem Ergebnis gekommen:
In der Ordnungsbehördlichen
Verordnung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung
im Gebiet der Stadt Meerbusch vom 10. Dezember 2003 ist das Verhalten auf
Verkehrsflächen und in Anlagen bereits
detailliert geregelt und Verstöße sind bußgeldbewehrt. Das Verteilen von
Informationsmaterial auf Verkehrsflächen und in Anlagen ist danach verboten.
Vom Verbot ausdrücklich ausgenommen
ist aber
Informationsmaterial mit politischem oder religiösem Inhalt. Wer solches
verteilt ist allerdings verpflichtet, eine damit zusammenhängende
Verunreinigung auf Verkehrsflächen und in Anlagen sofort zu beseitigen und
insbesondere sein von Passanten in einem Umkreis von 100 m weggeworfenes
Material unverzüglich wieder einzusammeln.
Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG schützt das Äußern einer Meinung nicht nur
hinsichtlich ihres Inhalts, sondern auch hinsichtlich der Form ihrer
Verbreitung . Hierzu gehört namentlich das Verteilen von Flugblättern, die
Meinungsäußerungen enthalten. Geschützt ist darüber hinaus auch die Wahl des
Ortes und der Zeit einer Äußerung. Die
Meinungsfreiheit findet ihre Schranken
zwar in den allgemeinen Gesetzen .
Hierbei ist der für eine freiheitlich demokratische Ordnung
konstituierenden Bedeutung der Meinungsfreiheit Rechnung zu tragen und
Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu beachten. Eingriffe in die
Freiheit der Meinungskundgabe bedürfen eines legitimen Zwecks und müssen öffentlichen Interessen dienen und einen straßenmäßigen Bezug haben . Deshalb kann das Verbot des
Verteilens von Flugblättern insbesondere auch nicht auf den Wunsch gestützt
werden, eine "Wohlfühlatmosphäre" zu schaffen, die von politischen
Diskussionen und gesellschaftlichen Auseinandersetzungen frei bleibt.
Unerheblich sind Belästigungen , die darin liegen, dass Andere
mit unliebsamen Themen
konfrontiert werden . Ebenfalls ausgeschlossen sind Verbote zu dem Zweck,
bestimmte Meinungsäußerungen allein deshalb zu unterbinden, weil sie inhaltlich oder wegen kritischer Aussagen
missbilligt werden.
Dies betrifft - vor allem den öffentlichen Straßenraum.
Dieser ist das natürliche und leitbildprägende Forum, auf dem Bürger ihre
Anliegen besonders wirksam in die Öffentlichkeit tragen und hierüber die
Kommunikation anstoßen können. In
verstärktem Maß gilt dies für Fußgängerzonen und verkehrsberuhigte Bereiche;
die Ermöglichung des kommunikativen Verkehrs ist ein wesentliches Anliegen, das
mit solchen Einrichtungen verfolgt wird . Nur wenn Orte und öffentliche
Einrichtungen in tatsächlicher Hinsicht
ausschließlich oder ganz überwiegend nur einer bestimmten Funktion gewidmet werden , kann in ihnen die
erlaubnisfreie Durchführung nicht begehrt werden. Werden Plätze und Räume
aber für ein Nebeneinander
verschiedener, auch kommunikativer Nutzungen gerade geöffnet und wie bei
allgemein zugänglichen " Märkten
" auf Wegen und Plätzen zum
öffentlichen Forum bestimmt , kann aus ihnen auch die politische
Auseinandersetzung in Form von Meinungskundgaben oder durch Versammlungen nicht
generell, jedenfalls auch nicht sicher abgrenzbar durch Satzungen
herausgehalten werden. Solche
Möglichkeiten, Aufmerksamkeit zu erzielen, sind
m. E. als Grundlage der demokratischen Willensbildung gewollt und bilden
ein konstituierendes Element der demokratischen Staatsordnung.
Demgegenüber sind Maßnahmen
im Einzelfall zur Gefahrenabwehr oder
Verhinderung von erheblichen
Eingriffen in den Verkehr oder Rechte
Dritter oder bei Verstößen gegen
Strafgesetze im Einzelfall möglich. Die
Einschränkungen der Meinungskundgabe müssen zur Erreichung des Zwecks aber
jeweils geeignet, erforderlich und angemessen sein.
Dies schließt es
leider regelmäßig auch aus, das
Verteilen von politischen Flugblättern
ewiggestriger uneinsichtiger Geisteshaltung im öffentlichen Raum im
Ortsrecht generell zu verbieten oder von einer Erlaubnis abhängig zu machen.
Ferner informiert Herr Maatz über ein ehrenamtliches Impfangebot von Meerbuscher Ärzten hinsichtlich eines Mumps-Masern-Röteln-Impfschutzes (MMR) für die Asylbewerber. Das Impfangebot soll erstmalig am 16. Mai 2015 in der Asylbewerberunterkunft am Heidbergdamm stattfinden. Die Teilnahme sei selbstverständlich freiwillig; die Aufklärung der Flüchtlinge werde auch unter Berücksichtigung der Sprachbarrieren sichergestellt. Erster Beigeordneter Maatz begrüßt das Angebot als richtigen Schritt in Richtung Gesundheitsprävention der Asylbewerber.