Erster Beigeordneter Maatz erinnert an die Anregung von Ratsfrau Pricken hinsichtlich einer Anpassung des Stadtrechts im Zusammenhang mit der Gründung des Bündnis gegen Rechts, beispielsweise hinsichtlich einer notwendigen Genehmigung für die Verteilung von Flyern auf öffentlichen Märkten. Die Antwort der Überprüfung seitens des Service Rechts werde ins Protokoll aufgenommen.

 

Anmerkung der Schriftführerin:

 

Der Servicebereich Recht ist hinsichtlich der Prüfung der Anregung zu folgendem Ergebnis gekommen:

 

In der Ordnungsbehördlichen Verordnung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Gebiet der Stadt Meerbusch vom 10. Dezember 2003 ist das Verhalten auf Verkehrsflächen und in Anlagen bereits  detailliert geregelt und Verstöße sind bußgeldbewehrt. Das Verteilen von Informationsmaterial auf Verkehrsflächen und in Anlagen ist danach verboten. Vom Verbot   ausdrücklich ausgenommen ist  aber  Informationsmaterial mit politischem oder religiösem Inhalt. Wer solches verteilt ist allerdings verpflichtet, eine damit zusammenhängende Verunreinigung auf Verkehrsflächen und in Anlagen sofort zu beseitigen und insbesondere sein von Passanten in einem Umkreis von 100 m weggeworfenes Material unverzüglich wieder einzusammeln.

Auch über eine zusätzliche Sondernutzungssatzung der öffentlichen Straßenflächen nach 19 Straßen- und Wegegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (StrWG NRW) wäre dies Verteilen von politischen Flyern ebenfalls nicht zu unterbinden. Denn es handelt sich um nicht einschränkbare  Rechte auf widmungsgemäßen Gemeingebrauch nach § 14  StrWG NRW zur Grundrechtsausübung. Auch die entsprechende Mustersatzung der Städte- und Gemeindesbundes NRW  stellt daher ausdrücklich das Verteilen von Flugblättern, Informationsbroschüren ohne Benutzung fester Einrichtungen (Tische etc.) und das Umherziehen mit Informationstafeln zu religiösen, politischen und gemeinnützigen Zwecken schon erlaubnisfrei.

Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG  schützt  das Äußern einer Meinung nicht nur hinsichtlich ihres Inhalts, sondern auch hinsichtlich der Form ihrer Verbreitung . Hierzu gehört namentlich das Verteilen von Flugblättern, die Meinungsäußerungen enthalten. Geschützt ist darüber hinaus auch die Wahl des Ortes und der Zeit einer Äußerung.  Die Meinungsfreiheit  findet ihre Schranken zwar  in den allgemeinen Gesetzen  .  Hierbei ist der für eine freiheitlich demokratische Ordnung konstituierenden Bedeutung der Meinungsfreiheit Rechnung zu tragen und Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu beachten. Eingriffe in die Freiheit der Meinungskundgabe bedürfen eines legitimen Zwecks und müssen  öffentlichen Interessen  dienen und einen straßenmäßigen  Bezug haben . Deshalb kann das Verbot des Verteilens von Flugblättern insbesondere auch nicht auf den Wunsch gestützt werden, eine "Wohlfühlatmosphäre" zu schaffen, die von politischen Diskussionen und gesellschaftlichen Auseinandersetzungen frei bleibt. Unerheblich sind Belästigungen , die darin liegen,   dass Andere  mit  unliebsamen Themen konfrontiert werden . Ebenfalls ausgeschlossen sind Verbote zu dem Zweck, bestimmte Meinungsäußerungen allein deshalb zu unterbinden, weil sie   inhaltlich oder wegen kritischer Aussagen missbilligt werden.

 

Dies betrifft -  vor allem den öffentlichen Straßenraum. Dieser ist das natürliche und leitbildprägende Forum, auf dem Bürger ihre Anliegen besonders wirksam in die Öffentlichkeit tragen und hierüber die Kommunikation anstoßen können.  In verstärktem Maß gilt dies für Fußgängerzonen und verkehrsberuhigte Bereiche; die Ermöglichung des kommunikativen Verkehrs ist ein wesentliches Anliegen, das mit solchen Einrichtungen verfolgt wird . Nur wenn Orte und öffentliche Einrichtungen  in tatsächlicher Hinsicht ausschließlich oder ganz überwiegend nur einer bestimmten Funktion  gewidmet werden , kann in ihnen die erlaubnisfreie Durchführung nicht begehrt werden. Werden Plätze und  Räume  aber  für ein Nebeneinander verschiedener, auch kommunikativer Nutzungen gerade geöffnet und wie bei allgemein zugänglichen " Märkten " auf Wegen und Plätzen  zum öffentlichen Forum bestimmt , kann aus ihnen auch die politische Auseinandersetzung in Form von Meinungskundgaben oder durch Versammlungen nicht generell, jedenfalls auch nicht sicher abgrenzbar durch Satzungen herausgehalten werden.  Solche Möglichkeiten, Aufmerksamkeit zu erzielen, sind  m. E. als Grundlage der demokratischen Willensbildung gewollt und bilden ein konstituierendes Element der demokratischen Staatsordnung.

 

Demgegenüber sind  Maßnahmen  im Einzelfall zur Gefahrenabwehr oder  Verhinderung  von erheblichen Eingriffen in den Verkehr  oder Rechte Dritter  oder bei Verstößen gegen Strafgesetze im Einzelfall  möglich. Die Einschränkungen der Meinungskundgabe müssen zur Erreichung des Zwecks aber jeweils geeignet, erforderlich und angemessen sein.

 

Dies schließt es leider regelmäßig  auch aus, das Verteilen von politischen Flugblättern  ewiggestriger uneinsichtiger Geisteshaltung im öffentlichen Raum im Ortsrecht generell zu verbieten oder von einer Erlaubnis abhängig zu machen.  

 

Ferner informiert Herr Maatz über ein ehrenamtliches Impfangebot von Meerbuscher Ärzten hinsichtlich eines Mumps-Masern-Röteln-Impfschutzes (MMR) für die Asylbewerber. Das Impfangebot soll erstmalig am 16. Mai 2015 in der Asylbewerberunterkunft am Heidbergdamm stattfinden. Die Teilnahme sei selbstverständlich freiwillig; die  Aufklärung der Flüchtlinge werde auch unter Berücksichtigung der Sprachbarrieren sichergestellt. Erster Beigeordneter Maatz begrüßt das Angebot als richtigen Schritt in Richtung Gesundheitsprävention der Asylbewerber.