Beschluss: einstimmig beschlossen

Beschluss:

 

Der Rat der Stadt Meerbusch beschließt, folgende Resolution gegenüber Amprion abzugeben:

 

Resolution im Rahmen
der Standortsuche für den nördlichen Konverter des Ultranet

 

1. Der Rat der Stadt hält die grundsätzliche Kritik aus den früheren Einwendungen gegen die sachwidrige Netzentwicklungsplanung mit einem Netzverknüpfungspunkt von HGÜ-Leitungen beim Umspannwerk in Meerbusch sowie die Einwände gegen das Gesetz über den Bundesbedarfsplan ausdrücklich aufrecht.

 

2. Der Rat der Stadt Meerbusch fordert, den Abstand zwischen der Wohnbebauung und dem Standortbereich des Konverters als entscheidendes Kriterium beim Standortvergleich für den nördlichen Konverter des Ultranet einzustufen.

 

 

zu 1. Grundsätzliche Kritik gegen die sachwidrige Netzentwicklungsplanung mit einem Netzverknüpfungspunkt von HGÜ-Leitungen beim Umspannwerk in Meerbusch sowie die Einwände gegen das Gesetz über den Bundesbedarfsplan

 

Im bisherigen Verfahren hat die Stadt Meerbusch in mehreren Stellungnahmen zu Netzentwicklungsplänen, strategischen Umweltprüfungen und dem Kriterienkatalog zur Standortsuche für den nördlichen Konverter des Ultranet sowie einer am 25.10.2012 beschlossenen Resolution des Rates gegenüber der Bundesnetzagentur (BNA) und der Firma Amprion den Bau eines Konverters abgelehnt.

 

Im Rahmen der Stellungnahmen zum Netzentwicklungsplan hat die Stadt insbesondere mehrfach bemängelt, dass es für den Netzverknüpfungspunkt keine Varianten gab und gefordert, dass im Rahmen der strategischen Umweltprüfungen Varianten geprüft werden. Da dies nicht erfolgte, hat die Stadt Meerbusch am 29. Juli 2013 Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gegen den Bundesbedarfsplan wegen fehlender Alternativprüfung bzw. Umweltverträglichkeitsprüfung eingereicht. Auf Nachfrage hat das Bundesverfassungsgericht unter dem 3. September 2014 mitgeteilt, dass für das Verfahren „ein Entscheidungszeitpunkt derzeit noch nicht absehbar ist“.

 

Die städtebaulichen Vorstellungen der Stadt Meerbusch im Bereich des Umspannwerkes Osterath sind durch die Darstellung von Wohnbauflächen und Freiflächen in Form von Dauerkleingärten konkretisiert und in rechtskräftigen Bebauungsplänen festgesetzt. Die Wohnbauflächen grenzen direkt an die für den Bau der Konverterstation vorgesehene Parzelle und die Freiflächen sind nur durch die Bundesbahntrasse vor ihr getrennt.

 

Die im Süden Osteraths - zwischen der Kaarster Straße/Pullerweg und dem Ingerweg - befindliche Umspannstation mit ihren Schaltfeldern und Trafogebäuden umfasst schon jetzt eine Fläche von ca. 18 ha. Im Norden grenzen die Grundstücke der Station direkt an den Küppershof. Im Osten verläuft die Bundesbahnstrecke Neuss-Krefeld. Daran grenzen erhaltenswerte Freiraum- und Erholungs­flächen (Wasserschutzzone Osterath III a), die Kaarster Auskiesungsflächen, weiter im Osten der Meerer Busch und ein Golfplatz an.

 

Der heutige Abstand der Trafogebäude zur Wohnbebauung am Pullerweg beträgt im Mittel ca. 350 m, zur Wohnbebauung am Ingerweg nur 180 m. Die nördliche Begrenzung des südwest­lichen neueren Schaltfeldes hält einen Abstand von ca. 250 m zur südlichsten Bebauung des Pullerweges und ca. 500 m zur Wohnbebauung am Ingerweg ein. Darüber hinaus gibt es einzelne Wohngebäude direkt an der vorhandenen Umspannanlage am Ingerweg und an der Landwehr.

 

Die von Amprion dargestellte Größenordung der Konverterstation von max. 100.000 m2, davon 20.000 m2 Gebäudeanteil bei einer Gebäudehöhe von bis zu 20 Metern, steht im krassen Gegensatz zu den bisherigen und künftigen städtebaulichen Vorstellungen der Stadt Meerbusch in diesem Gebiet und Stadtteil. Die Planungshoheit der Stadt Meerbusch wird durch den hohen Flächenbedarf, den Versiegelungsgrad und die notwendigen Ausgleichsmaßnahmen weiter eingeschränkt. Es ist kaum möglich, die Ausgleichmaßnahmen im Nahbereich zu verwirklichen.

 

Die geplante Konverteranlage ist als kritische Infrastruktur im Sinne der Gefahrenvorsorge einzustufen. Da die Kapazität der Anlage größer ist als die eines durchschnittlichen Kraftwerkes, muss der Sicherheitsaspekt besonders sorgfältig untersucht werden. Dies ist nicht geschehen. Der Ausfall der Konverteranlage hätte weitgehende und langfristige Auswirkungen. Durch die unmittelbar angrenzende Bundesbahn­trasse, auf der regional bedingt eine große Menge von Gefahrgütern transportiert wird, ergibt sich hier ein großes Gefahrenpotential für die Versorgungssicherheit, aber auch für zahlreiche Anwohner des gesamten Stadtteiles, das aufgrund der räumlichen Situation durch Sicherheitsmaßnahmen nicht begrenzt werden kann. Das offensichtliche Risiko durch terroristische Angriffe und Unfälle in einer so gefahrenträchtigen wichtigen Anlage wurde überhaupt nicht gesehen.

 

Aufgrund der Summierung der verschiedenen Risiken scheidet dieser Standort daher im Ergebnis aus.

 

 

zu 2. Der Abstand zwischen der Wohnbebauung und dem Standortbereich des Konverters ist als entscheidendes Kriterium beim Standortvergleich für den nördlichen Konverter des Ultranet einzustufen

 

Die großräumige Raumwiderstandsanalyse der Fa. ERM GmbH mit Standortbewertung für den Standort des nördlichen Konverters missachtet die besondere Bedeutung von Wohngebieten bei raumbedeutsamen Maßnahmen.

 

Da der Konverter laut Aussage von Amprion auch für die weitere HGÜ-Leitung nach Norden genutzt wird, ist der Suchraum insgesamt neu zu definieren und erheblich auszuweiten. Es ist auch nicht nachvollziehbar, warum bisher offen bleibt, ob der Konverter im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens der Ultranet-Leitung oder nach BImSchG beantragt geprüft wird. Unverständlich ist auch, warum es bisher seit mehreren Jahren zwischen den Übertragungsnetzbetreibern und der Bundesnetzagentur nicht möglich war, einen abgestimmten Musteruntersuchungsrahmen für solche massiven Nebenanlagen wie den Konverter im Rahmen der Bundes­fach­planung nach NABEG vorzulegen.

 

Im Workshop am 4. Dezember 2013 in Neuss wurde von allen eingeladenen Städten und Ge­meinden einvernehmlich dieses Kriterium des Abstands zur Wohnbebauung als wichtigstes Element genannt. Dies wurde verstärkt mit der Forderung, zusätzlich die Anzahl der Einwohner im 1 km-Umkreis auch als Kriterium zu bewerten. Ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete sind auch im Rahmen des Trennungsgrundsatzes von unterschiedlichen Nutzungen von hervorragender Bedeutung. Dies wird hier missachtet.

 

Ziel aller Maßnahmen im Rahmen der Energiewende soll es sein, die Auswirkungen des Klimawandels auf die Bevölkerung zu beschränken. Eine Akzeptanz, die wichtig für eine zügige Realisierung für die ohne Zweifel erforderlichen Maßnahmen ist, kann mit dem jetzigen Vorgehen nicht erreicht werden.

 

In einem dicht besiedelten Raum bedeutet dies, dass bei der Standortwahl der Abstand zur Wohn­bebauung optimiert werden muss und hier keine Beschränkung auf die Grenzwertdiskussion erfolgen darf, die ja auch nicht Grundlage des Klimakonzeptes ist.

 

Mit dem Abstand des Konverters zur Wohnbebauung sind andere Kriterien, die überwiegend erst in den folgenden Planstufen detailliert betrachtet werden, gemeinsam zu optimieren. Bei Ver­größerung des Abstandes sinkt für die Anwohner das Risiko, betroffen zu sein, durch:

 

-       elektromagnetische Strahlung

-       Lärm

-       visuelle Beeinträchtigung

-       Auswirkungen bei Betriebsstörungen und Unfällen mit  äußeren Ursachen       (z.B. Bahnstrecke)

-       Immissionen in der Bauphase.

-       Wertminderung  der Grundstücke

 

Hierzu sind im bisherigen Verfahren auch vielfach Befürchtungen von Anwohnern aus allen betroffenen Städten vorgetragen worden, die im weiteren Planungsverfahren zu berücksichtigen sind. Die Argumentation, dass bestehende Grenzwerte eingehalten werden, kann nicht für die Akzeptanz eines Standortes sorgen. Auch das Optimierungsgebot des BImSchG gibt eine andere Richtung vor. Wenn es eine Möglichkeit gibt, den Abstand zu optimieren, so sollte dies genutzt werden. Der Mensch sollte hier Maßstab des Handelns sein.

 

Es wird zwar begrüßt, dass in der Untersuchung von ERM GmbH erstmals in diesem Verfahren Standortbereiche nach einheitlichen Kriterien, an deren Formulierung die betroffenen Städte beteiligt waren, miteinander verglichen wurden. Die Kriterien sind aber nicht sachgerecht und werden der Betroffenheit der Menschen nicht gerecht. Bemängelt wird abermals, dass die vorgeschlagenen Kriterien zum Abstand und zur Anzahl der Bevölkerung im 1 km-Radius nur unzureichend in die Bewertung der Standortbereiche eingeflossen sind. Dies ist eine wichtige Messgröße dafür, ob es möglich ist, die Belastung für einzelne Bereiche erträglich zu machen oder nicht. Für Einzelgrundstücke kann eher eine einvernehmliche Möglichkeit gefunden werden, um einen Konflikt zu lösen oder Akzeptanz für das Vorhaben zu erreichen, als für ein geschlossenes Wohngebiet.

 

Am 17.Juni 2014 wurde von der ERM GmbH im Rahmen der Präsentation der „Vorstellung möglicher Standortbereiche des nördlichen Konverters“ eine Übersicht über die Eignung der Standorte gezeigt, in der die Standortbereiche nach der Entfernung zur nächstgelegenen Wohnbebauung gewichtet sind. Dies sollte zur Grundlage des weiteren Verfahrens gemacht werden. Die Bedeutung des Abstandes zur nächstgelegenen Wohnbebauung wurde von ERM im Entwurf der Raumwiderstandsanalyse ganz besonders herausgestellt und es wurde an­gekündigt, dass dies in dem bisher nicht vorliegenden Abschlussbericht noch verstärkt würde.

 

Wenn in der Gesamtbewertung die wirtschaftliche Komponente „Gesamtlänge Neubauleitung“ als wichtiges Kriterium genannt wird, ist dies zu kritisieren. Bei einer Gesamtlänge des Ultranet von 340 km sind auch Standortbereiche weiter zu betrachten, die einen Leitungsneubau von 4 km oder mehr erfordern. Es wird sehr wohl gesehen, dass mit dem Leitungsneubau auch eine weitere Zerschneidung der Landschaft verbunden sein kann. Aber diese ist mit den erheb­lichen Auswirkungen eines Konverters zu vergleichen und kann nicht als entscheidendes Kriterium für die Bewertung dienen. Wenn Standorte ansonsten geeignet sind, kann daher diese geringe Länge der Stichleitung oder Zuleitung zur bestehenden Trasse oder zum Netz­verknüpfungspunkt nicht ausschlaggebend sein und  mehr Gewicht haben als das Schutz­gut Mensch und der Abstand zu einem Wohngebiet. Erdkabelverbindungen sind hierbei eben­falls einzubeziehen.

 

Neben der Entfernung zur Wohnbebauung ist die Größe des Standortbereiches in der weiteren Betrachtung von großer Bedeutung und sollte stärker in die Gewichtung einfließen Bei größeren Standortbereichen können innerhalb des Standortbereiches die Abstände zwischen Konverter und Wohnbebauung optimiert werden, um die Auswirkungen zu minimieren. Wenn der Bereich zu klein ist, ist bereits in dieser Planstufe - bedingt durch die technischen Restriktionen - der Mikrostandort der Konverterhallen und der Schaltfelder definiert. Diese Detaillierung für den Standort der Gebäude und Schaltanlagen im Standortbereich sollte aber erst im Planfeststellungsverfahren erfolgen.

 

 

 


 

Bürgermeisterin Mielke-Westerlage verweist auf die vor der Sitzung verteilte Tischvorlage. Herr Bechert erläutert die Vorlage und erstattet Bericht über die verschiedenen besuchten Veranstaltungen.

In der nachfolgenden Diskussion, an der sich Vertreter aller Fraktionen beteiligen wird deutlich, dass der von Amprion zunächst ins Auge gefasste Standort in Meerbusch-Osterath aufgrund der Nähe zur Wohnbebauung ungeeignet ist und von allen Fraktion abgelehnt wird. Daneben wird auch das gesamte, von der Firma Amprion gesteuerte  Verfahren und die Art und Weise der Einbeziehung der betroffenen Städte und Gemeinden sowie der Bürger scharf kritisiert. Es sei nicht zu beurteilen ob dies Unfähigkeit sei oder beabsichtigte Verschleierungstaktik. Die Stadt müsse weiter konzentriert an dem Thema arbeiten und den entscheidenden Punkt „Abstand zur Wohnbebauung“ heraus arbeiten. Alle Fraktionen begrüßen den Vorschlag zur Fassung einer erneuten Resolution, um den Meerbuscher Standpunkt nochmals zu verdeutlichen.

 


Abstimmungsergebnis:

 

einstimmig