Sitzung: 25.09.2014 Rat
Beschluss: einstimmig beschlossen
Beschluss:
Der
Rat der Stadt Meerbusch beschließt, folgende Resolution gegenüber Amprion
abzugeben:
Resolution im Rahmen
der Standortsuche für den nördlichen Konverter des Ultranet
1. Der Rat der Stadt
hält die grundsätzliche Kritik aus den früheren Einwendungen gegen die
sachwidrige Netzentwicklungsplanung mit einem Netzverknüpfungspunkt von
HGÜ-Leitungen beim Umspannwerk in Meerbusch sowie die Einwände gegen das Gesetz
über den Bundesbedarfsplan ausdrücklich aufrecht.
2. Der Rat der Stadt
Meerbusch fordert, den Abstand zwischen der Wohnbebauung und dem
Standortbereich des Konverters als entscheidendes Kriterium beim Standortvergleich
für den nördlichen Konverter des Ultranet einzustufen.
zu
1. Grundsätzliche Kritik gegen die sachwidrige Netzentwicklungsplanung mit
einem Netzverknüpfungspunkt von HGÜ-Leitungen beim Umspannwerk in Meerbusch
sowie die Einwände gegen das Gesetz über den Bundesbedarfsplan
Im bisherigen Verfahren hat die
Stadt Meerbusch in mehreren Stellungnahmen zu Netzentwicklungsplänen,
strategischen Umweltprüfungen und dem Kriterienkatalog zur Standortsuche für
den nördlichen Konverter des Ultranet sowie einer am 25.10.2012 beschlossenen
Resolution des Rates gegenüber der Bundesnetzagentur (BNA) und der Firma
Amprion den Bau eines Konverters abgelehnt.
Im Rahmen der Stellungnahmen zum
Netzentwicklungsplan hat die Stadt insbesondere mehrfach bemängelt, dass es für
den Netzverknüpfungspunkt keine Varianten gab und gefordert, dass im Rahmen der
strategischen Umweltprüfungen Varianten geprüft werden. Da dies nicht erfolgte,
hat die Stadt Meerbusch am 29. Juli 2013 Verfassungsbeschwerde beim
Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gegen den Bundesbedarfsplan wegen
fehlender Alternativprüfung bzw. Umweltverträglichkeitsprüfung eingereicht. Auf
Nachfrage hat das Bundesverfassungsgericht unter dem 3. September 2014
mitgeteilt, dass für das Verfahren „ein Entscheidungszeitpunkt derzeit noch
nicht absehbar ist“.
Die städtebaulichen Vorstellungen der Stadt
Meerbusch im Bereich des Umspannwerkes Osterath sind durch die Darstellung von
Wohnbauflächen und Freiflächen in Form von Dauerkleingärten konkretisiert und
in rechtskräftigen Bebauungsplänen festgesetzt. Die Wohnbauflächen grenzen
direkt an die für den Bau der Konverterstation vorgesehene Parzelle und die
Freiflächen sind nur durch die Bundesbahntrasse vor ihr getrennt.
Die im Süden Osteraths -
zwischen der Kaarster Straße/Pullerweg und dem Ingerweg - befindliche
Umspannstation mit ihren Schaltfeldern und Trafogebäuden umfasst schon jetzt
eine Fläche von ca. 18 ha. Im Norden grenzen die Grundstücke der Station direkt
an den Küppershof. Im Osten verläuft die Bundesbahnstrecke Neuss-Krefeld. Daran
grenzen erhaltenswerte Freiraum- und Erholungsflächen (Wasserschutzzone
Osterath III a), die Kaarster Auskiesungsflächen, weiter im Osten der Meerer
Busch und ein Golfplatz an.
Der heutige Abstand der
Trafogebäude zur Wohnbebauung am Pullerweg beträgt im Mittel ca. 350 m, zur
Wohnbebauung am Ingerweg nur 180 m. Die nördliche Begrenzung des südwestlichen
neueren Schaltfeldes hält einen Abstand von ca. 250 m zur südlichsten Bebauung
des Pullerweges und ca. 500 m zur Wohnbebauung am Ingerweg ein. Darüber hinaus
gibt es einzelne Wohngebäude direkt an der vorhandenen Umspannanlage am
Ingerweg und an der Landwehr.
Die von Amprion dargestellte Größenordung
der Konverterstation von max. 100.000 m2, davon 20.000 m2
Gebäudeanteil bei einer Gebäudehöhe von bis zu 20 Metern, steht im krassen
Gegensatz zu den bisherigen und künftigen städtebaulichen Vorstellungen der
Stadt Meerbusch in diesem Gebiet und Stadtteil. Die Planungshoheit der Stadt
Meerbusch wird durch den hohen Flächenbedarf, den Versiegelungsgrad und die
notwendigen Ausgleichsmaßnahmen weiter eingeschränkt. Es ist kaum möglich, die
Ausgleichmaßnahmen im Nahbereich zu verwirklichen.
Die geplante Konverteranlage ist als
kritische Infrastruktur im Sinne der Gefahrenvorsorge einzustufen. Da die
Kapazität der Anlage größer ist als die eines durchschnittlichen Kraftwerkes,
muss der Sicherheitsaspekt besonders sorgfältig untersucht werden. Dies ist
nicht geschehen. Der Ausfall der Konverteranlage hätte weitgehende und
langfristige Auswirkungen. Durch die unmittelbar angrenzende Bundesbahntrasse,
auf der regional bedingt eine große Menge von Gefahrgütern transportiert wird,
ergibt sich hier ein großes Gefahrenpotential für die Versorgungssicherheit,
aber auch für zahlreiche Anwohner des gesamten Stadtteiles, das aufgrund der
räumlichen Situation durch Sicherheitsmaßnahmen nicht begrenzt werden kann. Das
offensichtliche Risiko durch terroristische Angriffe und Unfälle in einer so
gefahrenträchtigen wichtigen Anlage wurde überhaupt nicht gesehen.
Aufgrund der Summierung der verschiedenen
Risiken scheidet dieser Standort daher im Ergebnis aus.
zu 2. Der
Abstand zwischen der Wohnbebauung und dem Standortbereich des Konverters ist
als entscheidendes Kriterium beim Standortvergleich für den nördlichen
Konverter des Ultranet einzustufen
Die großräumige
Raumwiderstandsanalyse der Fa. ERM GmbH mit Standortbewertung für den Standort
des nördlichen Konverters missachtet die besondere Bedeutung von Wohngebieten
bei raumbedeutsamen Maßnahmen.
Da der Konverter laut
Aussage von Amprion auch für die weitere HGÜ-Leitung nach Norden genutzt wird,
ist der Suchraum insgesamt neu zu definieren und erheblich auszuweiten. Es ist
auch nicht nachvollziehbar, warum bisher offen bleibt, ob der Konverter im
Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens der Ultranet-Leitung oder nach BImSchG
beantragt geprüft wird. Unverständlich ist auch, warum es bisher seit mehreren
Jahren zwischen den Übertragungsnetzbetreibern und der Bundesnetzagentur nicht
möglich war, einen abgestimmten Musteruntersuchungsrahmen für solche massiven
Nebenanlagen wie den Konverter im Rahmen der Bundesfachplanung nach NABEG
vorzulegen.
Im Workshop
am 4. Dezember 2013 in Neuss wurde von allen eingeladenen Städten und Gemeinden
einvernehmlich dieses Kriterium des Abstands zur Wohnbebauung als wichtigstes
Element genannt. Dies wurde verstärkt mit der Forderung, zusätzlich die Anzahl
der Einwohner im 1 km-Umkreis auch als Kriterium zu bewerten. Ausschließlich
oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete sind auch im Rahmen des
Trennungsgrundsatzes von unterschiedlichen Nutzungen von hervorragender
Bedeutung. Dies wird hier missachtet.
Ziel aller
Maßnahmen im Rahmen der Energiewende soll es sein, die Auswirkungen des
Klimawandels auf die Bevölkerung zu beschränken. Eine Akzeptanz, die wichtig
für eine zügige Realisierung für die ohne Zweifel erforderlichen Maßnahmen ist,
kann mit dem jetzigen Vorgehen nicht erreicht werden.
In einem
dicht besiedelten Raum bedeutet dies, dass bei der Standortwahl der Abstand zur
Wohnbebauung optimiert werden muss und hier keine Beschränkung auf die
Grenzwertdiskussion erfolgen darf, die ja auch nicht Grundlage des
Klimakonzeptes ist.
Mit dem
Abstand des Konverters zur Wohnbebauung sind andere Kriterien, die überwiegend
erst in den folgenden Planstufen detailliert betrachtet werden, gemeinsam zu
optimieren. Bei Vergrößerung des Abstandes sinkt für die Anwohner das Risiko,
betroffen zu sein, durch:
- elektromagnetische Strahlung
- Lärm
- visuelle Beeinträchtigung
- Auswirkungen bei Betriebsstörungen und Unfällen mit äußeren Ursachen (z.B. Bahnstrecke)
- Immissionen in der Bauphase.
- Wertminderung der
Grundstücke
Hierzu sind
im bisherigen Verfahren auch vielfach Befürchtungen von Anwohnern aus allen betroffenen
Städten vorgetragen worden, die im weiteren Planungsverfahren zu
berücksichtigen sind. Die Argumentation, dass bestehende Grenzwerte eingehalten
werden, kann nicht für die Akzeptanz eines Standortes sorgen. Auch das
Optimierungsgebot des BImSchG gibt eine andere Richtung vor. Wenn es eine
Möglichkeit gibt, den Abstand zu optimieren, so sollte dies genutzt werden. Der
Mensch sollte hier Maßstab des Handelns sein.
Es wird
zwar begrüßt, dass in der Untersuchung von ERM GmbH erstmals in diesem
Verfahren Standortbereiche nach einheitlichen Kriterien, an deren Formulierung
die betroffenen Städte beteiligt waren, miteinander verglichen wurden. Die
Kriterien sind aber nicht sachgerecht und werden der Betroffenheit der Menschen
nicht gerecht. Bemängelt wird abermals, dass die vorgeschlagenen Kriterien zum
Abstand und zur Anzahl der Bevölkerung im 1 km-Radius nur unzureichend in die
Bewertung der Standortbereiche eingeflossen sind. Dies ist eine wichtige
Messgröße dafür, ob es möglich ist, die Belastung für einzelne Bereiche
erträglich zu machen oder nicht. Für Einzelgrundstücke kann eher eine
einvernehmliche Möglichkeit gefunden werden, um einen Konflikt zu lösen oder
Akzeptanz für das Vorhaben zu erreichen, als für ein geschlossenes Wohngebiet.
Am 17.Juni
2014 wurde von der ERM GmbH im Rahmen der Präsentation der „Vorstellung
möglicher Standortbereiche des nördlichen Konverters“ eine Übersicht über die
Eignung der Standorte gezeigt, in der die Standortbereiche nach der Entfernung
zur nächstgelegenen Wohnbebauung gewichtet sind. Dies sollte zur Grundlage des
weiteren Verfahrens gemacht werden. Die Bedeutung des Abstandes zur
nächstgelegenen Wohnbebauung wurde von ERM im Entwurf der Raumwiderstandsanalyse
ganz besonders herausgestellt und es wurde angekündigt, dass dies in dem
bisher nicht vorliegenden Abschlussbericht noch verstärkt würde.
Wenn in der
Gesamtbewertung die wirtschaftliche Komponente „Gesamtlänge Neubauleitung“ als
wichtiges Kriterium genannt wird, ist dies zu kritisieren. Bei einer
Gesamtlänge des Ultranet von 340 km sind auch Standortbereiche weiter zu
betrachten, die einen Leitungsneubau von 4 km oder mehr erfordern.
Es wird sehr wohl gesehen, dass mit dem Leitungsneubau auch eine weitere
Zerschneidung der Landschaft verbunden sein kann. Aber diese ist mit den erheblichen
Auswirkungen eines Konverters zu vergleichen und kann nicht als entscheidendes
Kriterium für die Bewertung dienen. Wenn Standorte ansonsten geeignet sind, kann
daher diese geringe Länge der Stichleitung oder Zuleitung zur bestehenden
Trasse oder zum Netzverknüpfungspunkt nicht ausschlaggebend sein und mehr Gewicht haben als das Schutzgut Mensch
und der Abstand zu einem Wohngebiet. Erdkabelverbindungen sind hierbei ebenfalls
einzubeziehen.
Neben der
Entfernung zur Wohnbebauung ist die Größe des Standortbereiches in der weiteren
Betrachtung von großer Bedeutung und sollte stärker in die Gewichtung
einfließen Bei größeren Standortbereichen können innerhalb des
Standortbereiches die Abstände zwischen Konverter und Wohnbebauung optimiert
werden, um die Auswirkungen zu minimieren. Wenn der Bereich zu klein ist, ist
bereits in dieser Planstufe - bedingt durch die technischen Restriktionen - der
Mikrostandort der Konverterhallen und der Schaltfelder definiert. Diese
Detaillierung für den Standort der Gebäude und Schaltanlagen im Standortbereich
sollte aber erst im Planfeststellungsverfahren erfolgen.
Bürgermeisterin Mielke-Westerlage verweist auf die vor der Sitzung verteilte Tischvorlage. Herr Bechert erläutert die Vorlage und erstattet Bericht über die verschiedenen besuchten Veranstaltungen.
In der nachfolgenden Diskussion, an der sich Vertreter aller Fraktionen beteiligen wird deutlich, dass der von Amprion zunächst ins Auge gefasste Standort in Meerbusch-Osterath aufgrund der Nähe zur Wohnbebauung ungeeignet ist und von allen Fraktion abgelehnt wird. Daneben wird auch das gesamte, von der Firma Amprion gesteuerte Verfahren und die Art und Weise der Einbeziehung der betroffenen Städte und Gemeinden sowie der Bürger scharf kritisiert. Es sei nicht zu beurteilen ob dies Unfähigkeit sei oder beabsichtigte Verschleierungstaktik. Die Stadt müsse weiter konzentriert an dem Thema arbeiten und den entscheidenden Punkt „Abstand zur Wohnbebauung“ heraus arbeiten. Alle Fraktionen begrüßen den Vorschlag zur Fassung einer erneuten Resolution, um den Meerbuscher Standpunkt nochmals zu verdeutlichen.
Abstimmungsergebnis:
einstimmig